Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949.pko_033.001 pko_033.005Der höchste Wein des Lebens fließt in dem Schlachtgefild, pko_033.002 Man schöpft die goldne Welle in Helm und blanken Schild, pko_033.003 Und wie wir zechen fröhlich, Trompetenton erklingt, pko_033.004 So daß die Labung selig zum vollen Herzen dringt (Tieck: Kaiser Octavianus). pko_033.006 pko_033.010 pko_033.011 pko_033.101 pko_033.105Oeder Denkstein, riesig und ernst beschaust du pko_033.102 Trümmer bloß, Grabhügel, den Scherbenberg dort, pko_033.103 Hier die weltschuttführende, weg von Rom sich pko_033.104 Wendende Tiber! (Platen) [Ende Spaltensatz]pko_033.106 pko_033.107 pko_033.101 pko_033.105Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! pko_033.102 Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, pko_033.103 Daß williger mein Herz, vom süßen pko_033.104 Spiele gesättiget, dann mir sterbe! (Hölderlin) [Ende Spaltensatz]pko_033.106 pko_033.107 pko_033.110 pko_033.101 pko_033.105Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, pko_033.102 Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht, pko_033.103 Das den großen Gedanken pko_033.104 Deiner Schöpfung noch einmal denkt (Klopstock). [Ende Spaltensatz]pko_033.106 1) pko_033.111
Dieses arabische Wort bedeutet urspr. "Versammlung" und meint eine Zusammenkunft, pko_033.112 bei der die Zuhörer durch Stegreifdichtung unterhalten wurden. Die Makame pko_033.113 ist eine rhythmisch freie, mit witzigen Wortspielen durchsetzte Mischform pko_033.114 von Reimprosa und Reimvers. Beispiel: "Wie ich sah seines Feuers Funken -- pko_033.115 seiner Glanzlichter Prunken, -- sucht' ich seine Mienen zu unterscheiden -- und pko_033.116 ließ meinen Blick auf seinem Antlitz weiden. -- Und siehe, es war von Serug unser pko_033.117 Scheich, -- den ich nicht hatte erkannt sogleich, -- weil in der dunklen Nacht von pko_033.118 seinem Haar -- inzwischen Mondlicht geworden war" (Rückert). pko_033.001 pko_033.005Der höchste Wein des Lebens fließt in dem Schlachtgefild, pko_033.002 Man schöpft die goldne Welle in Helm und blanken Schild, pko_033.003 Und wie wir zechen fröhlich, Trompetenton erklingt, pko_033.004 So daß die Labung selig zum vollen Herzen dringt (Tieck: Kaiser Octavianus). pko_033.006 pko_033.010 pko_033.011 pko_033.101 pko_033.105Oeder Denkstein, riesig und ernst beschaust du pko_033.102 Trümmer bloß, Grabhügel, den Scherbenberg dort, pko_033.103 Hier die weltschuttführende, weg von Rom sich pko_033.104 Wendende Tiber! (Platen) [Ende Spaltensatz]pko_033.106 pko_033.107 pko_033.101 pko_033.105Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! pko_033.102 Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, pko_033.103 Daß williger mein Herz, vom süßen pko_033.104 Spiele gesättiget, dann mir sterbe! (Hölderlin) [Ende Spaltensatz]pko_033.106 pko_033.107 pko_033.110 pko_033.101 pko_033.105Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, pko_033.102 Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht, pko_033.103 Das den großen Gedanken pko_033.104 Deiner Schöpfung noch einmal denkt (Klopstock). [Ende Spaltensatz]pko_033.106 1) pko_033.111
Dieses arabische Wort bedeutet urspr. „Versammlung“ und meint eine Zusammenkunft, pko_033.112 bei der die Zuhörer durch Stegreifdichtung unterhalten wurden. Die Makame pko_033.113 ist eine rhythmisch freie, mit witzigen Wortspielen durchsetzte Mischform pko_033.114 von Reimprosa und Reimvers. Beispiel: „Wie ich sah seines Feuers Funken — pko_033.115 seiner Glanzlichter Prunken, — sucht' ich seine Mienen zu unterscheiden — und pko_033.116 ließ meinen Blick auf seinem Antlitz weiden. — Und siehe, es war von Serug unser pko_033.117 Scheich, — den ich nicht hatte erkannt sogleich, — weil in der dunklen Nacht von pko_033.118 seinem Haar — inzwischen Mondlicht geworden war“ (Rückert). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0037" n="33"/> <lg> <lb n="pko_033.001"/> <l>Der höchste Wein des Lebens fließt in dem Schlachtgefild,</l> <lb n="pko_033.002"/> <l>Man schöpft die goldne Welle in Helm und blanken Schild,</l> <lb n="pko_033.003"/> <l>Und wie wir zechen fröhlich, Trompetenton erklingt,</l> <lb n="pko_033.004"/> <l>So daß die Labung selig zum vollen Herzen dringt</l> </lg> <lb n="pko_033.005"/> <p> <hi rendition="#right">(Tieck: Kaiser Octavianus).</hi> </p> <p><lb n="pko_033.006"/> Mit der Renaissance drangen antike Strophenformen in die deutsche <lb n="pko_033.007"/> Dichtung ein, die aber erst durch Klopstock, Hölderlin und Platen, <lb n="pko_033.008"/> neuestens durch R. A. Schröder und Josef Weinheber würdige Nachbildung <lb n="pko_033.009"/> fanden; es kommen vor allem drei Strophen in Betracht:</p> <p><lb n="pko_033.010"/> a) die sapphische:</p> <p><lb n="pko_033.011"/><cb type="start"/>x́x / x́x / x́xx / x́x / x́x <lb n="pko_033.012"/> x́x / x́x / x́xx / x́x / x́x <lb n="pko_033.013"/> x́x / x́x / x́xx / x́x / x́x <lb n="pko_033.014"/> x́xx / x́x</p> <cb/> <p> <lg> <lb n="pko_033.101"/> <l>Oeder Denkstein, riesig und ernst beschaust du</l> <lb n="pko_033.102"/> <l>Trümmer bloß, Grabhügel, den Scherbenberg dort,</l> <lb n="pko_033.103"/> <l>Hier die weltschuttführende, weg von Rom sich</l> <lb n="pko_033.104"/> <l>Wendende Tiber!</l> </lg> </p> <lb n="pko_033.105"/> <p> <hi rendition="#right">(Platen)</hi> </p> <cb type="end"/> <p><lb n="pko_033.106"/> b) die alkäische:</p> <p><lb n="pko_033.107"/><cb type="start"/>xx́x / x́x / x́xx / x́x / x́ <lb n="pko_033.108"/> xx́x / x́x / x́xx / x́x / x́ <lb n="pko_033.109"/> x / x́x / x́x / x́x / x́x <lb n="pko_033.110"/> x́xx / x́xx / x́x / x́x</p> <cb/> <p> <lg> <lb n="pko_033.101"/> <l>Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!</l> <lb n="pko_033.102"/> <l>Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,</l> <lb n="pko_033.103"/> <l>Daß williger mein Herz, vom süßen</l> <lb n="pko_033.104"/> <l>Spiele gesättiget, dann mir sterbe!</l> </lg> </p> <lb n="pko_033.105"/> <p> <hi rendition="#right">(Hölderlin)</hi> </p> <cb type="end"/> <p><lb n="pko_033.106"/> c) die asklepiadeische:</p> <p><lb n="pko_033.107"/><cb type="start"/>x́x / x́xx / x́ // x́xx / x́x / x́ <lb n="pko_033.108"/> x́x / x́xx / x́ // x́xx / x́x / x́ <lb n="pko_033.109"/> x́x / x́xx / x́x</p> <p><lb n="pko_033.110"/> x́x / x́xx / x́x / x́</p> <cb/> <p> <lg> <lb n="pko_033.101"/> <l>Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht,</l> <lb n="pko_033.102"/> <l>Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,</l> <lb n="pko_033.103"/> <l>Das den großen Gedanken</l> <lb n="pko_033.104"/> <l>Deiner Schöpfung noch einmal denkt</l> </lg> </p> <lb n="pko_033.105"/> <p> <hi rendition="#right">(Klopstock).</hi> </p> <cb type="end"/> <p><lb n="pko_033.106"/> Aus romanischer Metrik drang im 16. Jahrhundert das Sonett („Klinggedicht“) <lb n="pko_033.107"/> ein, im Zeitalter der Romantik die Terzine, die Stanze und <lb n="pko_033.108"/> noch schwierigere Formen (Kanzone, Sestine, Triolett, Dezime, Glosse); <lb n="pko_033.109"/> aus dem Orient wurden im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts das <lb n="pko_033.110"/> <hi rendition="#i">Ghasél</hi> und die <hi rendition="#i">Makáme</hi><note xml:id="PKO_033_1" place="foot" n="1)"><lb n="pko_033.111"/> Dieses arabische Wort bedeutet urspr. „Versammlung“ und meint eine Zusammenkunft, <lb n="pko_033.112"/> bei der die Zuhörer durch Stegreifdichtung unterhalten wurden. Die Makame <lb n="pko_033.113"/> ist eine rhythmisch freie, mit witzigen Wortspielen durchsetzte Mischform <lb n="pko_033.114"/> von Reimprosa und Reimvers. Beispiel: „Wie ich sah seines Feuers Funken — <lb n="pko_033.115"/> seiner Glanzlichter Prunken, — sucht' ich seine Mienen zu unterscheiden — und <lb n="pko_033.116"/> ließ meinen Blick auf seinem Antlitz weiden. — Und siehe, es war von Serug unser <lb n="pko_033.117"/> Scheich, — den ich nicht hatte erkannt sogleich, — weil in der dunklen Nacht von <lb n="pko_033.118"/> seinem Haar — inzwischen Mondlicht geworden war“ (Rückert).</note> übernommen. Das <hi rendition="#i">Sonett</hi> besteht aus 14 </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0037]
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Der höchste Wein des Lebens fließt in dem Schlachtgefild, pko_033.002
Man schöpft die goldne Welle in Helm und blanken Schild, pko_033.003
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(Tieck: Kaiser Octavianus).
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Mit der Renaissance drangen antike Strophenformen in die deutsche pko_033.007
Dichtung ein, die aber erst durch Klopstock, Hölderlin und Platen, pko_033.008
neuestens durch R. A. Schröder und Josef Weinheber würdige Nachbildung pko_033.009
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(Hölderlin)
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c) die asklepiadeische:
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Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, pko_033.102
Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht, pko_033.103
Das den großen Gedanken pko_033.104
Deiner Schöpfung noch einmal denkt
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(Klopstock).
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Aus romanischer Metrik drang im 16. Jahrhundert das Sonett („Klinggedicht“) pko_033.107
ein, im Zeitalter der Romantik die Terzine, die Stanze und pko_033.108
noch schwierigere Formen (Kanzone, Sestine, Triolett, Dezime, Glosse); pko_033.109
aus dem Orient wurden im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts das pko_033.110
Ghasél und die Makáme 1) übernommen. Das Sonett besteht aus 14
1) pko_033.111
Dieses arabische Wort bedeutet urspr. „Versammlung“ und meint eine Zusammenkunft, pko_033.112
bei der die Zuhörer durch Stegreifdichtung unterhalten wurden. Die Makame pko_033.113
ist eine rhythmisch freie, mit witzigen Wortspielen durchsetzte Mischform pko_033.114
von Reimprosa und Reimvers. Beispiel: „Wie ich sah seines Feuers Funken — pko_033.115
seiner Glanzlichter Prunken, — sucht' ich seine Mienen zu unterscheiden — und pko_033.116
ließ meinen Blick auf seinem Antlitz weiden. — Und siehe, es war von Serug unser pko_033.117
Scheich, — den ich nicht hatte erkannt sogleich, — weil in der dunklen Nacht von pko_033.118
seinem Haar — inzwischen Mondlicht geworden war“ (Rückert).
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Zitationshilfe: | Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koerner_poetik_1949/37>, abgerufen am 22.07.2024. |