Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949.pko_028.001 pko_028.003 a) Jambische: 1. Der Viertakter, von Otfried bis Opitz der deutsche pko_028.006 pko_028.014 pko_028.016 pko_028.018Mit dem Handel gibts nur Kleinigkeiten, pko_028.017 Denn es ist kein Geld unter den Leuten (Kortum: Jobsiade). pko_028.019b) strenger Knittelvers: pko_028.020 pko_028.022Drauf hat der Rhein sein' Abscheid g'nommen, pko_028.021 Auf daß er bald ins Meer möcht kommen (Fischart: Das glückhafte Schiff von Zürich). pko_028.023 pko_028.027 pko_028.028Heraus, in eure Schatten, rege Wipfel (Goethe: Iphigenie). pko_028.029 pko_028.030Vor grauen Jahren lebt ein Mann im Osten (Lessing: Nathan). pko_028.031 1) pko_028.035 Die antike Metrik nimmt je zwei "Füße" (= Takte) zu einem "Metrum" zusammen. 2) pko_028.037
So genannt nach einem altfranzösischen Alexanderepos des 12. Jahrhunderts, in pko_028.038 dem diese Versart erstmals verwendet worden ist. pko_028.001 pko_028.003 a) Jambische: 1. Der Viertakter, von Otfried bis Opitz der deutsche pko_028.006 pko_028.014 pko_028.016 pko_028.018Mit dem Hándel gíbts nur Kleínigkeíten, pko_028.017 Denn es íst kein Géld únter den Leúten (Kortum: Jobsiade). pko_028.019β) strenger Knittelvers: pko_028.020 pko_028.022Drauf hát der Rheín sein' Ábscheid g'nómmen, pko_028.021 Auf dáß er báld ins Méer möcht kómmen (Fischart: Das glückhafte Schiff von Zürich). pko_028.023 pko_028.027 pko_028.028Heraús, in eúre Schátten, rége Wípfel (Goethe: Iphigenie). pko_028.029 pko_028.030Vor gráuen Jáhren lébt ein Mánn im Ósten (Lessing: Nathan). pko_028.031 1) pko_028.035 Die antike Metrik nimmt je zwei „Füße“ (= Takte) zu einem „Metrum“ zusammen. 2) pko_028.037
So genannt nach einem altfranzösischen Alexanderepos des 12. Jahrhunderts, in pko_028.038 dem diese Versart erstmals verwendet worden ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0032" n="28"/><lb n="pko_028.001"/> sog. <hi rendition="#i">Anapä́st</hi> (griech. „Widerschlag“), kommt im deutschen Vers nur <lb n="pko_028.002"/> in Mischung mit den drei vorerwähnten Taktarten vor.</p> <p><lb n="pko_028.003"/> Die beliebtesten, verbreitetsten Taktreihen (Versarten) der deutschen <lb n="pko_028.004"/> Dichtung sind:</p> <lb n="pko_028.005"/> <p>a) Jambische: 1. <hi rendition="#i">Der Viertakter,</hi> von Otfried bis Opitz der deutsche <lb n="pko_028.006"/> Normalvers, als Knittelvers (mit freier oder fester Silbensumme) <lb n="pko_028.007"/> von Hans Sachs und Fischart über Gryphius, <lb n="pko_028.008"/> Kortum und Goethe bis zu Gerhart Hauptmann im <lb n="pko_028.009"/> Schwange, gilt im Gegensatz zu den schwierigeren, seit <lb n="pko_028.010"/> dem 16. Jahrhundert aus der antiken und romanischen <lb n="pko_028.011"/> Dichtung übernommenen Maßen als der eigentlich <lb n="pko_028.012"/> deutsche Vers, obwohl er erst um die Mitte des 9. Jahrhunderts <lb n="pko_028.013"/> lateinischer Poesie abgeborgt wurde.</p> <p> <lb n="pko_028.014"/> <hi rendition="#et">Beispiele: <foreign xml:lang="grc">α</foreign>) freier Knittelvers (nur die Zahl der Hebungen <lb n="pko_028.015"/> ist festgelegt, die der Senkungen unbestimmt):</hi> </p> <lg> <lb n="pko_028.016"/> <l>Mit dem Hándel gíbts nur Kleínigkeíten,</l> <lb n="pko_028.017"/> <l>Denn es íst kein Géld únter den Leúten</l> </lg> <lb n="pko_028.018"/> <p> <hi rendition="#right">(Kortum: Jobsiade).</hi> </p> <lb n="pko_028.019"/> <p> <hi rendition="#c"><foreign xml:lang="grc">β</foreign>) strenger Knittelvers:</hi> </p> <lg> <lb n="pko_028.020"/> <l>Drauf hát der Rheín sein' Ábscheid g'nómmen,</l> <lb n="pko_028.021"/> <l>Auf dáß er báld ins Méer möcht kómmen</l> </lg> <lb n="pko_028.022"/> <p> <hi rendition="#right">(Fischart: Das glückhafte Schiff von Zürich).</hi> </p> <p> <lb n="pko_028.023"/> <hi rendition="#et">2. <hi rendition="#i">Der Fünftakter</hi> — Quinar, Blankvers (d. h. reimloser <lb n="pko_028.024"/> Vers) —, im 18. Jh. aus der englischen Dichtung <lb n="pko_028.025"/> übernommen, gilt seither als der obligate deutsche Bühnenvers.</hi> </p> <lb n="pko_028.026"/> <lg> <lb n="pko_028.027"/> <l>Heraús, in eúre Schátten, rége Wípfel</l> </lg> <lb n="pko_028.028"/> <p> <hi rendition="#right">(Goethe: Iphigenie).</hi> </p> <lg> <lb n="pko_028.029"/> <l>Vor gráuen Jáhren lébt ein Mánn im Ósten</l> </lg> <lb n="pko_028.030"/> <p> <hi rendition="#right">(Lessing: Nathan).</hi> </p> <p> <lb n="pko_028.031"/> <hi rendition="#et">3. <hi rendition="#i">Der Sechstakter</hi> wird Senár oder Trímeter<note xml:id="PKO_028_1" place="foot" n="1)"><lb n="pko_028.035"/> Die antike Metrik nimmt je zwei „Füße“ (= Takte) zu einem „Metrum“ zusammen.</note> <lb n="pko_028.036"/> genannt, <lb n="pko_028.032"/> wenn er mit Zäsur im 4. Jambus versehen ist; Alexandriner<note xml:id="PKO_028_2" place="foot" n="2)"><lb n="pko_028.037"/> So genannt nach einem altfranzösischen Alexanderepos des 12. Jahrhunderts, in <lb n="pko_028.038"/> dem diese Versart erstmals verwendet worden ist.</note>, <lb n="pko_028.033"/> wenn mit Diärese nach dem 3. Takt; Nibelungenvers, <lb n="pko_028.034"/> wenn er sich aus zwei Dreitaktern zusammensetzt, </hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0032]
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sog. Anapä́st (griech. „Widerschlag“), kommt im deutschen Vers nur pko_028.002
in Mischung mit den drei vorerwähnten Taktarten vor.
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Die beliebtesten, verbreitetsten Taktreihen (Versarten) der deutschen pko_028.004
Dichtung sind:
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a) Jambische: 1. Der Viertakter, von Otfried bis Opitz der deutsche pko_028.006
Normalvers, als Knittelvers (mit freier oder fester Silbensumme) pko_028.007
von Hans Sachs und Fischart über Gryphius, pko_028.008
Kortum und Goethe bis zu Gerhart Hauptmann im pko_028.009
Schwange, gilt im Gegensatz zu den schwierigeren, seit pko_028.010
dem 16. Jahrhundert aus der antiken und romanischen pko_028.011
Dichtung übernommenen Maßen als der eigentlich pko_028.012
deutsche Vers, obwohl er erst um die Mitte des 9. Jahrhunderts pko_028.013
lateinischer Poesie abgeborgt wurde.
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Beispiele: α) freier Knittelvers (nur die Zahl der Hebungen pko_028.015
ist festgelegt, die der Senkungen unbestimmt):
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Mit dem Hándel gíbts nur Kleínigkeíten, pko_028.017
Denn es íst kein Géld únter den Leúten
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(Kortum: Jobsiade).
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β) strenger Knittelvers:
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Drauf hát der Rheín sein' Ábscheid g'nómmen, pko_028.021
Auf dáß er báld ins Méer möcht kómmen
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(Fischart: Das glückhafte Schiff von Zürich).
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2. Der Fünftakter — Quinar, Blankvers (d. h. reimloser pko_028.024
Vers) —, im 18. Jh. aus der englischen Dichtung pko_028.025
übernommen, gilt seither als der obligate deutsche Bühnenvers.
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Heraús, in eúre Schátten, rége Wípfel
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(Goethe: Iphigenie).
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Vor gráuen Jáhren lébt ein Mánn im Ósten
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(Lessing: Nathan).
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3. Der Sechstakter wird Senár oder Trímeter 1) pko_028.036
genannt, pko_028.032
wenn er mit Zäsur im 4. Jambus versehen ist; Alexandriner 2), pko_028.033
wenn mit Diärese nach dem 3. Takt; Nibelungenvers, pko_028.034
wenn er sich aus zwei Dreitaktern zusammensetzt,
1) pko_028.035
Die antike Metrik nimmt je zwei „Füße“ (= Takte) zu einem „Metrum“ zusammen.
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So genannt nach einem altfranzösischen Alexanderepos des 12. Jahrhunderts, in pko_028.038
dem diese Versart erstmals verwendet worden ist.
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Zitationshilfe: | Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koerner_poetik_1949/32>, abgerufen am 22.07.2024. |