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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Siebenunddreissigste Vorlesung.

Ueber die Beziehungen der Vena omphalo-mesenterica zur Leber
und zur Vena umbilicalis und ihren Leberästen hat der vortreffliche
Rathke eine Schilderung gegeben, von der ich leider wie Bischoff
(Entw. St. 268) bekennen muss, dass sie mir nicht verständlich ist,
und die auf keinen Fall für den Menschen passt. Aus diesem letzte-
ren Grunde sehe ich mich auch nicht veranlasst, auf Rathke's Dar-
stellungen der Verhältnisse bei den Thieren einzugehen und schildere
ich Ihnen nur die Zustände des Menschen. Hier entwickeln sich die
Umbilicalvenen sicherlich vor der Bildung der Leber, wie
Ihnen der Embryo der Fig. 66 beweist und erscheint daher im Zu-
sammenhange mit dem raschen Wachsthume dieser Venen der ur-
sprüngliche Stamm der beiden Venae omphalo-mesentericae, sobald die
Leber auftritt, nicht mehr als die Fortsetzung der noch erhaltenen
linken Vena omphalo-mesenterica, sondern als die der Nabelvenen,
mit anderen Worten, es hat sich, wie Ihnen die Fig. 207, 2 lehrt,
das Verhältniss der beiden grossen Venen zu einander in der Art
geändert, dass während früher die Vena omphalo-mesenterica Haupt-
gefäss war und der Umbilicalvenenstamm in sie einmündete, nun
umgekehrt die Vena omphalo-mesenterica zu einem Aste der Nabel-
vene geworden ist. In der That fand ich auch bei einem vier Wochen
alten Embryo, ähnlich wie diess Coste in seiner Tab. III, a von einer
gleich alten Frucht zeichnet, bei einer noch sehr kleinen Leber eine
starke Nabelvene, die eine viel kleinere Vena omphalo-mesenterica
als Ast aufnahm, und ebenso verhalten sich die Sachen nach Coste's
Abbildungen auch beim Schaafe (l. c. Tab. IV), bei dem die kaum
zu einer Masse verwachsene Leberanlage eine mächtige Umbilicalvene
enthält, gegen die die Dottersackvenen ganz zurücktreten. Gestützt
auf diese Thatsachen glaube ich auch nicht zu irren, wenn ich an-
nehme, dass das grosse Gefäss, das Bischoff bei einem Hundeem-
bryo von fündundzwanzig Tagen (s. Fig. 51 in diesem Werke) in der
noch kleinen. Leber als Vena omphalo-mesenterica bezeichnet, schon
die Nabelvene ist. Bei so bewandten Umständen kann man beim
Menschen nicht von Leberästen der Omphalo-mesenterica, sondern
nur von solchen der Vena umbilicalis reden. Diese entwickeln sich
nun allerdings zum Theil und vor allem von dem Puncte aus, wo
die Vena omphalo-mesenterica einmündet (Fig. 207, 2) und bildet
insonderheit der rechte Ast der Vena hepatica advehens der Umbili-
calis
so sich aus, dass bald die Omphalo-mesenterica nicht mehr in
den Stamm, sondern in diesen Ast sich einsenkt. So wird dann

Siebenunddreissigste Vorlesung.

Ueber die Beziehungen der Vena omphalo-mesenterica zur Leber
und zur Vena umbilicalis und ihren Leberästen hat der vortreffliche
Rathke eine Schilderung gegeben, von der ich leider wie Bischoff
(Entw. St. 268) bekennen muss, dass sie mir nicht verständlich ist,
und die auf keinen Fall für den Menschen passt. Aus diesem letzte-
ren Grunde sehe ich mich auch nicht veranlasst, auf Rathke’s Dar-
stellungen der Verhältnisse bei den Thieren einzugehen und schildere
ich Ihnen nur die Zustände des Menschen. Hier entwickeln sich die
Umbilicalvenen sicherlich vor der Bildung der Leber, wie
Ihnen der Embryo der Fig. 66 beweist und erscheint daher im Zu-
sammenhange mit dem raschen Wachsthume dieser Venen der ur-
sprüngliche Stamm der beiden Venae omphalo-mesentericae, sobald die
Leber auftritt, nicht mehr als die Fortsetzung der noch erhaltenen
linken Vena omphalo-mesenterica, sondern als die der Nabelvenen,
mit anderen Worten, es hat sich, wie Ihnen die Fig. 207, 2 lehrt,
das Verhältniss der beiden grossen Venen zu einander in der Art
geändert, dass während früher die Vena omphalo-mesenterica Haupt-
gefäss war und der Umbilicalvenenstamm in sie einmündete, nun
umgekehrt die Vena omphalo-mesenterica zu einem Aste der Nabel-
vene geworden ist. In der That fand ich auch bei einem vier Wochen
alten Embryo, ähnlich wie diess Coste in seiner Tab. III, a von einer
gleich alten Frucht zeichnet, bei einer noch sehr kleinen Leber eine
starke Nabelvene, die eine viel kleinere Vena omphalo-mesenterica
als Ast aufnahm, und ebenso verhalten sich die Sachen nach Coste’s
Abbildungen auch beim Schaafe (l. c. Tab. IV), bei dem die kaum
zu einer Masse verwachsene Leberanlage eine mächtige Umbilicalvene
enthält, gegen die die Dottersackvenen ganz zurücktreten. Gestützt
auf diese Thatsachen glaube ich auch nicht zu irren, wenn ich an-
nehme, dass das grosse Gefäss, das Bischoff bei einem Hundeem-
bryo von fündundzwanzig Tagen (s. Fig. 51 in diesem Werke) in der
noch kleinen. Leber als Vena omphalo-mesenterica bezeichnet, schon
die Nabelvene ist. Bei so bewandten Umständen kann man beim
Menschen nicht von Leberästen der Omphalo-mesenterica, sondern
nur von solchen der Vena umbilicalis reden. Diese entwickeln sich
nun allerdings zum Theil und vor allem von dem Puncte aus, wo
die Vena omphalo-mesenterica einmündet (Fig. 207, 2) und bildet
insonderheit der rechte Ast der Vena hepatica advehens der Umbili-
calis
so sich aus, dass bald die Omphalo-mesenterica nicht mehr in
den Stamm, sondern in diesen Ast sich einsenkt. So wird dann

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[418/0434] Siebenunddreissigste Vorlesung. Ueber die Beziehungen der Vena omphalo-mesenterica zur Leber und zur Vena umbilicalis und ihren Leberästen hat der vortreffliche Rathke eine Schilderung gegeben, von der ich leider wie Bischoff (Entw. St. 268) bekennen muss, dass sie mir nicht verständlich ist, und die auf keinen Fall für den Menschen passt. Aus diesem letzte- ren Grunde sehe ich mich auch nicht veranlasst, auf Rathke’s Dar- stellungen der Verhältnisse bei den Thieren einzugehen und schildere ich Ihnen nur die Zustände des Menschen. Hier entwickeln sich die Umbilicalvenen sicherlich vor der Bildung der Leber, wie Ihnen der Embryo der Fig. 66 beweist und erscheint daher im Zu- sammenhange mit dem raschen Wachsthume dieser Venen der ur- sprüngliche Stamm der beiden Venae omphalo-mesentericae, sobald die Leber auftritt, nicht mehr als die Fortsetzung der noch erhaltenen linken Vena omphalo-mesenterica, sondern als die der Nabelvenen, mit anderen Worten, es hat sich, wie Ihnen die Fig. 207, 2 lehrt, das Verhältniss der beiden grossen Venen zu einander in der Art geändert, dass während früher die Vena omphalo-mesenterica Haupt- gefäss war und der Umbilicalvenenstamm in sie einmündete, nun umgekehrt die Vena omphalo-mesenterica zu einem Aste der Nabel- vene geworden ist. In der That fand ich auch bei einem vier Wochen alten Embryo, ähnlich wie diess Coste in seiner Tab. III, a von einer gleich alten Frucht zeichnet, bei einer noch sehr kleinen Leber eine starke Nabelvene, die eine viel kleinere Vena omphalo-mesenterica als Ast aufnahm, und ebenso verhalten sich die Sachen nach Coste’s Abbildungen auch beim Schaafe (l. c. Tab. IV), bei dem die kaum zu einer Masse verwachsene Leberanlage eine mächtige Umbilicalvene enthält, gegen die die Dottersackvenen ganz zurücktreten. Gestützt auf diese Thatsachen glaube ich auch nicht zu irren, wenn ich an- nehme, dass das grosse Gefäss, das Bischoff bei einem Hundeem- bryo von fündundzwanzig Tagen (s. Fig. 51 in diesem Werke) in der noch kleinen. Leber als Vena omphalo-mesenterica bezeichnet, schon die Nabelvene ist. Bei so bewandten Umständen kann man beim Menschen nicht von Leberästen der Omphalo-mesenterica, sondern nur von solchen der Vena umbilicalis reden. Diese entwickeln sich nun allerdings zum Theil und vor allem von dem Puncte aus, wo die Vena omphalo-mesenterica einmündet (Fig. 207, 2) und bildet insonderheit der rechte Ast der Vena hepatica advehens der Umbili- calis so sich aus, dass bald die Omphalo-mesenterica nicht mehr in den Stamm, sondern in diesen Ast sich einsenkt. So wird dann

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/434>, abgerufen am 22.11.2024.