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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Gefässsystems.
culation, in einer besonderen Richtung der Blutströme gesucht wer-
den, vielmehr liegt derselbe einzig und allein in besonderen Wachs-
thumsphänomenen der Arterienwand. -- Was nun die Einzelnheiten
beim Menschen anlangt, so habe ich in der vierten Woche den Truncus
arteriosus
noch vollkommen einfach und mit rundem Lumen gefunden.
Querschnitte desselben mikroskopisch untersucht zeigten schon deut-
lich drei Häute, eine dünne derbere Adventitia, eine mächtige helle
Media und eine innere Zellenlage als Intima. In der fünften Woche
war die Arterie ebenfalls noch einfach, doch war das Lumen jetzt
schon in die Quere gezogen und spaltenförmig. In der siebenten und
achten Woche fand ich das Gefäss schon vollkommen doppelt und
gelang es mir hier nicht, Zwischenstadien aufzufinden und die all-
mälige Ausbildung der Theilung zu verfolgen. Glücklicher war ich
bei Rindsembryonen von 7--8''' Länge und fand ich hier erstens
Aorten mit 8 förmigem Lumen, oder mit anderen Worten, mit zwei
schwachen Leisten im Innern, welche von Wucherungen der Tunica
media
herrührten und zweitens solche, die innerhalb einer gemein-
samen Adventitia zwei Lumina enthielten, die zwar jedes seine be-
sondere Intima, aber zusammenhängende Tunicae mediae besassen.
Diesem zufolge kann nicht wohl bezweifelt werden, dass die Theilung
des Truncus arteriosus wesentlich durch eine Wucherung seiner mitt-
leren Haut zu Stande kommt, welcher erst später auch die Adventitia
folgt, was jedoch beim Menschen sehr früh geschieht, indem schon
in der achten Woche beide grossen Arterien alle ihre Häute für sich
besitzen.

Gleichzeitig mit der Theilung bilden sich auch die Semilu-Semilunar-
klappen.

narklappen, die ich an beiden Arterien schon beim sieben Wo-
chen alten Embryo sah. Dieselben sind jedoch anfänglich nichts als
horizontal vortretende halbmondförmige Wülste der Media und der
epithelialen Intima, durch welche das Lumen an dieser Stelle die
Gestalt eines einfachen dreizackigen Sternes erhält. Zu welcher
Zeit dieselben zuerst als Taschen sichtbar werden, habe ich nicht
untersucht.

Später als die Kammern und der Tr. arteriosus die beschrie-Bildung des
Septum
atriorum
.

benen Trennungsvorgänge zeigen, erleidet auch der Venentheil des
Herzens ähnliche Veränderungen. Nach meinen Erfahrungen nämlich
beginnt die Bildung des Septum atriorum erst nach der Vollendung
des Septum ventriculorum in der achten Woche in Gestalt einer nie-
drigen halbmondförmigen Falte, die von der Mitte der vorderen

Entwicklung des Gefässsystems.
culation, in einer besonderen Richtung der Blutströme gesucht wer-
den, vielmehr liegt derselbe einzig und allein in besonderen Wachs-
thumsphänomenen der Arterienwand. — Was nun die Einzelnheiten
beim Menschen anlangt, so habe ich in der vierten Woche den Truncus
arteriosus
noch vollkommen einfach und mit rundem Lumen gefunden.
Querschnitte desselben mikroskopisch untersucht zeigten schon deut-
lich drei Häute, eine dünne derbere Adventitia, eine mächtige helle
Media und eine innere Zellenlage als Intima. In der fünften Woche
war die Arterie ebenfalls noch einfach, doch war das Lumen jetzt
schon in die Quere gezogen und spaltenförmig. In der siebenten und
achten Woche fand ich das Gefäss schon vollkommen doppelt und
gelang es mir hier nicht, Zwischenstadien aufzufinden und die all-
mälige Ausbildung der Theilung zu verfolgen. Glücklicher war ich
bei Rindsembryonen von 7—8‴ Länge und fand ich hier erstens
Aorten mit 8 förmigem Lumen, oder mit anderen Worten, mit zwei
schwachen Leisten im Innern, welche von Wucherungen der Tunica
media
herrührten und zweitens solche, die innerhalb einer gemein-
samen Adventitia zwei Lumina enthielten, die zwar jedes seine be-
sondere Intima, aber zusammenhängende Tunicae mediae besassen.
Diesem zufolge kann nicht wohl bezweifelt werden, dass die Theilung
des Truncus arteriosus wesentlich durch eine Wucherung seiner mitt-
leren Haut zu Stande kommt, welcher erst später auch die Adventitia
folgt, was jedoch beim Menschen sehr früh geschieht, indem schon
in der achten Woche beide grossen Arterien alle ihre Häute für sich
besitzen.

Gleichzeitig mit der Theilung bilden sich auch die Semilu-Semilunar-
klappen.

narklappen, die ich an beiden Arterien schon beim sieben Wo-
chen alten Embryo sah. Dieselben sind jedoch anfänglich nichts als
horizontal vortretende halbmondförmige Wülste der Media und der
epithelialen Intima, durch welche das Lumen an dieser Stelle die
Gestalt eines einfachen dreizackigen Sternes erhält. Zu welcher
Zeit dieselben zuerst als Taschen sichtbar werden, habe ich nicht
untersucht.

Später als die Kammern und der Tr. arteriosus die beschrie-Bildung des
Septum
atriorum
.

benen Trennungsvorgänge zeigen, erleidet auch der Venentheil des
Herzens ähnliche Veränderungen. Nach meinen Erfahrungen nämlich
beginnt die Bildung des Septum atriorum erst nach der Vollendung
des Septum ventriculorum in der achten Woche in Gestalt einer nie-
drigen halbmondförmigen Falte, die von der Mitte der vorderen

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[405/0421] Entwicklung des Gefässsystems. culation, in einer besonderen Richtung der Blutströme gesucht wer- den, vielmehr liegt derselbe einzig und allein in besonderen Wachs- thumsphänomenen der Arterienwand. — Was nun die Einzelnheiten beim Menschen anlangt, so habe ich in der vierten Woche den Truncus arteriosus noch vollkommen einfach und mit rundem Lumen gefunden. Querschnitte desselben mikroskopisch untersucht zeigten schon deut- lich drei Häute, eine dünne derbere Adventitia, eine mächtige helle Media und eine innere Zellenlage als Intima. In der fünften Woche war die Arterie ebenfalls noch einfach, doch war das Lumen jetzt schon in die Quere gezogen und spaltenförmig. In der siebenten und achten Woche fand ich das Gefäss schon vollkommen doppelt und gelang es mir hier nicht, Zwischenstadien aufzufinden und die all- mälige Ausbildung der Theilung zu verfolgen. Glücklicher war ich bei Rindsembryonen von 7—8‴ Länge und fand ich hier erstens Aorten mit 8 förmigem Lumen, oder mit anderen Worten, mit zwei schwachen Leisten im Innern, welche von Wucherungen der Tunica media herrührten und zweitens solche, die innerhalb einer gemein- samen Adventitia zwei Lumina enthielten, die zwar jedes seine be- sondere Intima, aber zusammenhängende Tunicae mediae besassen. Diesem zufolge kann nicht wohl bezweifelt werden, dass die Theilung des Truncus arteriosus wesentlich durch eine Wucherung seiner mitt- leren Haut zu Stande kommt, welcher erst später auch die Adventitia folgt, was jedoch beim Menschen sehr früh geschieht, indem schon in der achten Woche beide grossen Arterien alle ihre Häute für sich besitzen. Gleichzeitig mit der Theilung bilden sich auch die Semilu- narklappen, die ich an beiden Arterien schon beim sieben Wo- chen alten Embryo sah. Dieselben sind jedoch anfänglich nichts als horizontal vortretende halbmondförmige Wülste der Media und der epithelialen Intima, durch welche das Lumen an dieser Stelle die Gestalt eines einfachen dreizackigen Sternes erhält. Zu welcher Zeit dieselben zuerst als Taschen sichtbar werden, habe ich nicht untersucht. Semilunar- klappen. Später als die Kammern und der Tr. arteriosus die beschrie- benen Trennungsvorgänge zeigen, erleidet auch der Venentheil des Herzens ähnliche Veränderungen. Nach meinen Erfahrungen nämlich beginnt die Bildung des Septum atriorum erst nach der Vollendung des Septum ventriculorum in der achten Woche in Gestalt einer nie- drigen halbmondförmigen Falte, die von der Mitte der vorderen Bildung des Septum atriorum.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/421>, abgerufen am 22.11.2024.