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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Fünfunddreissigste Vorlesung.
deutungen einer Hülle von embryonalem Bindegewebe zeigt und im
Innern anfangs nichts als eine körnige Masse enthält, neben der
aber bald auch eine gewisse Zahl von Kernen auftreten. Diese Er-
fahrungen von Simon kann ich für 1--11/2" lange Rindsembryonen
vollkommen bestätigen mit einziger Ausnahme dessen, was sich auf
den Inhalt des Schlauches bezieht, den ich aus kernhaltigen Zellen
zusammengesetzt fand, und glaube ich diesem zufolge annehmen zu
dürfen, dass die allererste Anlage des Organes ein Zellenstrang ist,
der dann durch Ausscheidung von diesen aus eine structurlose zarte
Hülle erlangt, in ähnlicher Weise, wie diess bei der Chorda dorsalis
sich nachweisen lässt.

Weitere
Entwicklung der
Thymus.
Die weitere Entwicklung der Thymus des jungen Embryo, die
bis jetzt einzig von Simon (l. c.) und mir (Mikr. Anat. II, 2. St. 343)
verfolgt worden ist, lässt sich in wenige Worte zusammenfassen.
Von dem primitiven Thymusschlauche aus bilden sich seitliche Wu-
cherungen, welche, anfangs einfach, bald zu ganzen Gruppen von
Knospen sich umbilden, die den Kanal in seiner ganzen Länge be-
setzen und die ersten Andeutungen der grossen Thymusläppchen
darstellen. Alle diese Knospen besitzen dieselbe structurlose Hülle,
wie der primitive Schlauch und im Innern Zellen und ist klar, dass
eine reichliche Vermehrung dieser Zellen, zusammengenommen mit
einem Wachsthume der Hülle, das Organ aus seiner ersten einfachen
Gestalt in die spätere gelappte Form überführt. Hat die Lappenbil-
dung das Stadium erreicht, in dem der ursprüngliche Strang mit ein-
fachen rundlichen Knospen besetzt ist, was in verschiedenen Gegen-
den der Thymus in verschiedenen Zeiten auftritt, so zeigen sich Blut-
gefässe in der bindegewebigen Hülle des Organes und tritt zugleich
auch ein Unterschied im Innern auf, indem die Centralsubstanz des
ganzen Organes heller wird und wie eine besondere Marksubstanz
erscheint. Mit der weiteren Entwicklung bilden sich dann nur in
der Rindensubstanz Blutgefässe und zarte Bindegewebszüge aus und
erscheint dann mit der Consolidirung dieser Substanz das Innere
allmälig als ein mit den ursprünglichen Elementen gefüllter Kanal,
der aber, wie Sie leicht einsehen, mit einem Drüsenkanale keine
Vergleichung zulässt.

Ueber die Einzelnverhältnisse der Entwicklung des Organes
hebe ich von Thieren, in Betreff welcher ich Sie sonst an J. Simon
verweise, nur das hervor, dass noch bei 21/2--3''' langen Rinds-
embryonen alle Stadien der Entwicklung an der grossen leicht dar-

Fünfunddreissigste Vorlesung.
deutungen einer Hülle von embryonalem Bindegewebe zeigt und im
Innern anfangs nichts als eine körnige Masse enthält, neben der
aber bald auch eine gewisse Zahl von Kernen auftreten. Diese Er-
fahrungen von Simon kann ich für 1—1½″ lange Rindsembryonen
vollkommen bestätigen mit einziger Ausnahme dessen, was sich auf
den Inhalt des Schlauches bezieht, den ich aus kernhaltigen Zellen
zusammengesetzt fand, und glaube ich diesem zufolge annehmen zu
dürfen, dass die allererste Anlage des Organes ein Zellenstrang ist,
der dann durch Ausscheidung von diesen aus eine structurlose zarte
Hülle erlangt, in ähnlicher Weise, wie diess bei der Chorda dorsalis
sich nachweisen lässt.

Weitere
Entwicklung der
Thymus.
Die weitere Entwicklung der Thymus des jungen Embryo, die
bis jetzt einzig von Simon (l. c.) und mir (Mikr. Anat. II, 2. St. 343)
verfolgt worden ist, lässt sich in wenige Worte zusammenfassen.
Von dem primitiven Thymusschlauche aus bilden sich seitliche Wu-
cherungen, welche, anfangs einfach, bald zu ganzen Gruppen von
Knospen sich umbilden, die den Kanal in seiner ganzen Länge be-
setzen und die ersten Andeutungen der grossen Thymusläppchen
darstellen. Alle diese Knospen besitzen dieselbe structurlose Hülle,
wie der primitive Schlauch und im Innern Zellen und ist klar, dass
eine reichliche Vermehrung dieser Zellen, zusammengenommen mit
einem Wachsthume der Hülle, das Organ aus seiner ersten einfachen
Gestalt in die spätere gelappte Form überführt. Hat die Lappenbil-
dung das Stadium erreicht, in dem der ursprüngliche Strang mit ein-
fachen rundlichen Knospen besetzt ist, was in verschiedenen Gegen-
den der Thymus in verschiedenen Zeiten auftritt, so zeigen sich Blut-
gefässe in der bindegewebigen Hülle des Organes und tritt zugleich
auch ein Unterschied im Innern auf, indem die Centralsubstanz des
ganzen Organes heller wird und wie eine besondere Marksubstanz
erscheint. Mit der weiteren Entwicklung bilden sich dann nur in
der Rindensubstanz Blutgefässe und zarte Bindegewebszüge aus und
erscheint dann mit der Consolidirung dieser Substanz das Innere
allmälig als ein mit den ursprünglichen Elementen gefüllter Kanal,
der aber, wie Sie leicht einsehen, mit einem Drüsenkanale keine
Vergleichung zulässt.

Ueber die Einzelnverhältnisse der Entwicklung des Organes
hebe ich von Thieren, in Betreff welcher ich Sie sonst an J. Simon
verweise, nur das hervor, dass noch bei 2½—3‴ langen Rinds-
embryonen alle Stadien der Entwicklung an der grossen leicht dar-

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[392/0408] Fünfunddreissigste Vorlesung. deutungen einer Hülle von embryonalem Bindegewebe zeigt und im Innern anfangs nichts als eine körnige Masse enthält, neben der aber bald auch eine gewisse Zahl von Kernen auftreten. Diese Er- fahrungen von Simon kann ich für 1—1½″ lange Rindsembryonen vollkommen bestätigen mit einziger Ausnahme dessen, was sich auf den Inhalt des Schlauches bezieht, den ich aus kernhaltigen Zellen zusammengesetzt fand, und glaube ich diesem zufolge annehmen zu dürfen, dass die allererste Anlage des Organes ein Zellenstrang ist, der dann durch Ausscheidung von diesen aus eine structurlose zarte Hülle erlangt, in ähnlicher Weise, wie diess bei der Chorda dorsalis sich nachweisen lässt. Die weitere Entwicklung der Thymus des jungen Embryo, die bis jetzt einzig von Simon (l. c.) und mir (Mikr. Anat. II, 2. St. 343) verfolgt worden ist, lässt sich in wenige Worte zusammenfassen. Von dem primitiven Thymusschlauche aus bilden sich seitliche Wu- cherungen, welche, anfangs einfach, bald zu ganzen Gruppen von Knospen sich umbilden, die den Kanal in seiner ganzen Länge be- setzen und die ersten Andeutungen der grossen Thymusläppchen darstellen. Alle diese Knospen besitzen dieselbe structurlose Hülle, wie der primitive Schlauch und im Innern Zellen und ist klar, dass eine reichliche Vermehrung dieser Zellen, zusammengenommen mit einem Wachsthume der Hülle, das Organ aus seiner ersten einfachen Gestalt in die spätere gelappte Form überführt. Hat die Lappenbil- dung das Stadium erreicht, in dem der ursprüngliche Strang mit ein- fachen rundlichen Knospen besetzt ist, was in verschiedenen Gegen- den der Thymus in verschiedenen Zeiten auftritt, so zeigen sich Blut- gefässe in der bindegewebigen Hülle des Organes und tritt zugleich auch ein Unterschied im Innern auf, indem die Centralsubstanz des ganzen Organes heller wird und wie eine besondere Marksubstanz erscheint. Mit der weiteren Entwicklung bilden sich dann nur in der Rindensubstanz Blutgefässe und zarte Bindegewebszüge aus und erscheint dann mit der Consolidirung dieser Substanz das Innere allmälig als ein mit den ursprünglichen Elementen gefüllter Kanal, der aber, wie Sie leicht einsehen, mit einem Drüsenkanale keine Vergleichung zulässt. Weitere Entwicklung der Thymus. Ueber die Einzelnverhältnisse der Entwicklung des Organes hebe ich von Thieren, in Betreff welcher ich Sie sonst an J. Simon verweise, nur das hervor, dass noch bei 2½—3‴ langen Rinds- embryonen alle Stadien der Entwicklung an der grossen leicht dar-

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/408>, abgerufen am 22.11.2024.