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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Geruchsorganes.
Highmorshöhle erst mit der Vollendung des Wachsthumes eintritt.
Von den Sinus sphenoidales gibt Virchow an, dass sie schon beim
jungen Fötus angedeutet seien, ich muss jedoch gestehen, dass ich
bisher weder beim Fötus noch beim Neugebornen eine Andeutung
von ihnen gesehen habe. Ueberhaupt scheinen diese Höhlen in ihrer
Entwicklung sehr vielen Wechseln ausgesetzt zu sein, denn wäh-
rend die einen Beobachter dieselben im zweiten Jahre schon finden,
habe ich sie im fünften noch vermisst. Die Sinus frontales bilden sich
ebenfalls erst nach der Geburt und zwar ebenfalls in einer nicht
genau zu bestimmenden Zeit. Auf jeden Fall erreichen die beiden
letztgenannten Höhlen erst zur Pubertätszeit eine grössere Ausdeh-
nung und ihre endliche Ausbildung in einer noch viel späteren Zeit.

Die äussere Nase entsteht am Ende des zweiten MonatesAeussere Nase.
durch das Hervorwachsen des vordersten Endes des Nasentheiles
des Primordialschädels. Anfangs kurz und breit, nimmt dieselbe
nach und nach ihre typische Form an, was ich Ihnen wohl nicht im
Einzelnen zu schildern brauche. Im dritten Monate findet man die
Nasenlöcher durch einen gallertigen Pfropf geschlossen, der nach
dem fünften Monate wieder vergeht und aus Schleim und abgelösten
Epithelzellen besteht.

Die Betheiligung des Nervensystems an der Bildung des Ge-Geruchsnerven.
ruchsorganes betreffend, so wissen Sie bereits aus Früherem, dass
der Tractus und Bulbus olfactorius als Ausstülpungen aus der ersten
Hirnblase sich bilden. Von dem Bulbus aus entwickeln sich dann
wahrscheinlich die Nervi olfactorii in das Labyrinth hinein, doch
ist über das Einzelne ihrer Bildung noch durchaus nichts bekannt.

Vergleichen Sie zum Schlusse noch das Geruchsorgan mit denVergleichung des
Geruchsorganes
mit dem Auge
und Ohre.

anderen höheren Sinnesorganen, so finden Sie, dass bei demselben
wie beim Auge und Ohr eine Einstülpung des Hornblattes eine Haupt-
rolle spielt. In der mächtigen Entfaltung dieser Einstülpung über-
trifft das Geruchsorgan selbst noch das Ohr, dagegen schnürt sich
dieselbe nie ganz ab, sondern bleibt immer in Verbindung mit dem
äusseren Hornblatte und der Epidermis. Ob die Cutis bei der Bil-
dung der Riechsäckchen sich mit einstülpt, wie ich Ihnen diess als
wahrscheinlich bei der Linsenbildung geschehend dargestellt habe,
oder ob, wie beim Labyrinthe des Ohres das Hornblatt allein es ist,
welches von aussen geliefert wird, ist noch nicht ausgemacht, doch
scheint eher das Letztere der Fall zu sein. Im nervösen Apparate
stimmt das Geruchsorgan bis zu einem gewissen Grade mit dem

Entwicklung des Geruchsorganes.
Highmorshöhle erst mit der Vollendung des Wachsthumes eintritt.
Von den Sinus sphenoidales gibt Virchow an, dass sie schon beim
jungen Fötus angedeutet seien, ich muss jedoch gestehen, dass ich
bisher weder beim Fötus noch beim Neugebornen eine Andeutung
von ihnen gesehen habe. Ueberhaupt scheinen diese Höhlen in ihrer
Entwicklung sehr vielen Wechseln ausgesetzt zu sein, denn wäh-
rend die einen Beobachter dieselben im zweiten Jahre schon finden,
habe ich sie im fünften noch vermisst. Die Sinus frontales bilden sich
ebenfalls erst nach der Geburt und zwar ebenfalls in einer nicht
genau zu bestimmenden Zeit. Auf jeden Fall erreichen die beiden
letztgenannten Höhlen erst zur Pubertätszeit eine grössere Ausdeh-
nung und ihre endliche Ausbildung in einer noch viel späteren Zeit.

Die äussere Nase entsteht am Ende des zweiten MonatesAeussere Nase.
durch das Hervorwachsen des vordersten Endes des Nasentheiles
des Primordialschädels. Anfangs kurz und breit, nimmt dieselbe
nach und nach ihre typische Form an, was ich Ihnen wohl nicht im
Einzelnen zu schildern brauche. Im dritten Monate findet man die
Nasenlöcher durch einen gallertigen Pfropf geschlossen, der nach
dem fünften Monate wieder vergeht und aus Schleim und abgelösten
Epithelzellen besteht.

Die Betheiligung des Nervensystems an der Bildung des Ge-Geruchsnerven.
ruchsorganes betreffend, so wissen Sie bereits aus Früherem, dass
der Tractus und Bulbus olfactorius als Ausstülpungen aus der ersten
Hirnblase sich bilden. Von dem Bulbus aus entwickeln sich dann
wahrscheinlich die Nervi olfactorii in das Labyrinth hinein, doch
ist über das Einzelne ihrer Bildung noch durchaus nichts bekannt.

Vergleichen Sie zum Schlusse noch das Geruchsorgan mit denVergleichung des
Geruchsorganes
mit dem Auge
und Ohre.

anderen höheren Sinnesorganen, so finden Sie, dass bei demselben
wie beim Auge und Ohr eine Einstülpung des Hornblattes eine Haupt-
rolle spielt. In der mächtigen Entfaltung dieser Einstülpung über-
trifft das Geruchsorgan selbst noch das Ohr, dagegen schnürt sich
dieselbe nie ganz ab, sondern bleibt immer in Verbindung mit dem
äusseren Hornblatte und der Epidermis. Ob die Cutis bei der Bil-
dung der Riechsäckchen sich mit einstülpt, wie ich Ihnen diess als
wahrscheinlich bei der Linsenbildung geschehend dargestellt habe,
oder ob, wie beim Labyrinthe des Ohres das Hornblatt allein es ist,
welches von aussen geliefert wird, ist noch nicht ausgemacht, doch
scheint eher das Letztere der Fall zu sein. Im nervösen Apparate
stimmt das Geruchsorgan bis zu einem gewissen Grade mit dem

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[335/0351] Entwicklung des Geruchsorganes. Highmorshöhle erst mit der Vollendung des Wachsthumes eintritt. Von den Sinus sphenoidales gibt Virchow an, dass sie schon beim jungen Fötus angedeutet seien, ich muss jedoch gestehen, dass ich bisher weder beim Fötus noch beim Neugebornen eine Andeutung von ihnen gesehen habe. Ueberhaupt scheinen diese Höhlen in ihrer Entwicklung sehr vielen Wechseln ausgesetzt zu sein, denn wäh- rend die einen Beobachter dieselben im zweiten Jahre schon finden, habe ich sie im fünften noch vermisst. Die Sinus frontales bilden sich ebenfalls erst nach der Geburt und zwar ebenfalls in einer nicht genau zu bestimmenden Zeit. Auf jeden Fall erreichen die beiden letztgenannten Höhlen erst zur Pubertätszeit eine grössere Ausdeh- nung und ihre endliche Ausbildung in einer noch viel späteren Zeit. Die äussere Nase entsteht am Ende des zweiten Monates durch das Hervorwachsen des vordersten Endes des Nasentheiles des Primordialschädels. Anfangs kurz und breit, nimmt dieselbe nach und nach ihre typische Form an, was ich Ihnen wohl nicht im Einzelnen zu schildern brauche. Im dritten Monate findet man die Nasenlöcher durch einen gallertigen Pfropf geschlossen, der nach dem fünften Monate wieder vergeht und aus Schleim und abgelösten Epithelzellen besteht. Aeussere Nase. Die Betheiligung des Nervensystems an der Bildung des Ge- ruchsorganes betreffend, so wissen Sie bereits aus Früherem, dass der Tractus und Bulbus olfactorius als Ausstülpungen aus der ersten Hirnblase sich bilden. Von dem Bulbus aus entwickeln sich dann wahrscheinlich die Nervi olfactorii in das Labyrinth hinein, doch ist über das Einzelne ihrer Bildung noch durchaus nichts bekannt. Geruchsnerven. Vergleichen Sie zum Schlusse noch das Geruchsorgan mit den anderen höheren Sinnesorganen, so finden Sie, dass bei demselben wie beim Auge und Ohr eine Einstülpung des Hornblattes eine Haupt- rolle spielt. In der mächtigen Entfaltung dieser Einstülpung über- trifft das Geruchsorgan selbst noch das Ohr, dagegen schnürt sich dieselbe nie ganz ab, sondern bleibt immer in Verbindung mit dem äusseren Hornblatte und der Epidermis. Ob die Cutis bei der Bil- dung der Riechsäckchen sich mit einstülpt, wie ich Ihnen diess als wahrscheinlich bei der Linsenbildung geschehend dargestellt habe, oder ob, wie beim Labyrinthe des Ohres das Hornblatt allein es ist, welches von aussen geliefert wird, ist noch nicht ausgemacht, doch scheint eher das Letztere der Fall zu sein. Im nervösen Apparate stimmt das Geruchsorgan bis zu einem gewissen Grade mit dem Vergleichung des Geruchsorganes mit dem Auge und Ohre.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/351>, abgerufen am 22.11.2024.