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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Auges.
embryo und bestand in ihrer 0,02''' dicken Wand aus einfachen
0,003 -- 0,004''' breiten länglichen Zellen, die, wie mir schien, in
[Abbildung] Fig. 138.
höchstens drei Schichten angeord-
net waren. Diese Linse ist somit
offenbar als eine noch sehr junge
anzusehen, doch war eine äussere
Ausmündung der Linsenhöhle be-
stimmt nicht mehr da.

Allem dem Bemerkten zufolge
steht auf jeden Fall so viel fest,
dass die Linse eine Production des
Hornblattes, mit anderen Worten
eine Epidermisbildung ist, die von
aussen her an das Auge herangelangt, und ist nur noch die Frage
aufzuwerfen, wie die structurlose Linsenkapsel und eine besondere
gefässreiche Kapsel der embryonalen Linse sich bilden, welche letz-
tere später noch besonders besprochen werden soll. Die structur-
lose Kapsel, die sehr früh sichtbar wird -- Remak sah dieselbe schon
an der eben abgeschnürten Linse des Hühnchens -- scheint mir ein-
fach eine Ausscheidung der Linsenzellen oder eine Art Cuticula an
der angewachsenen Seite eines Epithels zu sein, und was die ge-
fässreiche Kapsel anlangt, so halte ich dieselbe für eine mit der Linse
abgeschnürte Cutisschicht, indem ich besonders darauf mich stütze,
dass, wie die Glaskörperbildung uns lehrt, sicherlich mit der Epi-
dermis auch die Cutislage in das primitive Auge sich einstülpt.

Mit Bezug auf den Glaskörper nämlich ist, obschon dessenEntwicklung des
Glaskörpers.

Bildung noch sehr im Dunkeln liegt, doch so viel sicher, dass der-
selbe ebenfalls, wie die Linse, nicht in der primitiven Anlage des
Auges gegeben ist, sondern von aussen her sich bildet und die pri-

[Abbildung]

Fig. 138. Vordere Hälfte eines senkrecht durchschnittenen Auges eines
vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen,
100mal vergr. l Linse mit einer centralen Höhle, g Glaskörper durch einen
Stiel g', der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des
Auges verbunden, v Gefässschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des
Glaskörpers eindringt und hinter der Linse liegt, i innere Lamelle der secun-
dären Augenblase oder Retina, a äussere Lamelle derselben, die bei a' schon
Pigment in ihren Zellen enthält und zur Pigmentlage der Chorioidea sich ge-
staltet, h Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der
primitiven Augenblase.

Entwicklung des Auges.
embryo und bestand in ihrer 0,02‴ dicken Wand aus einfachen
0,003 — 0,004‴ breiten länglichen Zellen, die, wie mir schien, in
[Abbildung] Fig. 138.
höchstens drei Schichten angeord-
net waren. Diese Linse ist somit
offenbar als eine noch sehr junge
anzusehen, doch war eine äussere
Ausmündung der Linsenhöhle be-
stimmt nicht mehr da.

Allem dem Bemerkten zufolge
steht auf jeden Fall so viel fest,
dass die Linse eine Production des
Hornblattes, mit anderen Worten
eine Epidermisbildung ist, die von
aussen her an das Auge herangelangt, und ist nur noch die Frage
aufzuwerfen, wie die structurlose Linsenkapsel und eine besondere
gefässreiche Kapsel der embryonalen Linse sich bilden, welche letz-
tere später noch besonders besprochen werden soll. Die structur-
lose Kapsel, die sehr früh sichtbar wird — Remak sah dieselbe schon
an der eben abgeschnürten Linse des Hühnchens — scheint mir ein-
fach eine Ausscheidung der Linsenzellen oder eine Art Cuticula an
der angewachsenen Seite eines Epithels zu sein, und was die ge-
fässreiche Kapsel anlangt, so halte ich dieselbe für eine mit der Linse
abgeschnürte Cutisschicht, indem ich besonders darauf mich stütze,
dass, wie die Glaskörperbildung uns lehrt, sicherlich mit der Epi-
dermis auch die Cutislage in das primitive Auge sich einstülpt.

Mit Bezug auf den Glaskörper nämlich ist, obschon dessenEntwicklung des
Glaskörpers.

Bildung noch sehr im Dunkeln liegt, doch so viel sicher, dass der-
selbe ebenfalls, wie die Linse, nicht in der primitiven Anlage des
Auges gegeben ist, sondern von aussen her sich bildet und die pri-

[Abbildung]

Fig. 138. Vordere Hälfte eines senkrecht durchschnittenen Auges eines
vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen,
100mal vergr. l Linse mit einer centralen Höhle, g Glaskörper durch einen
Stiel g′, der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des
Auges verbunden, v Gefässschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des
Glaskörpers eindringt und hinter der Linse liegt, i innere Lamelle der secun-
dären Augenblase oder Retina, a äussere Lamelle derselben, die bei a′ schon
Pigment in ihren Zellen enthält und zur Pigmentlage der Chorioidea sich ge-
staltet, h Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der
primitiven Augenblase.

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[279/0295] Entwicklung des Auges. embryo und bestand in ihrer 0,02‴ dicken Wand aus einfachen 0,003 — 0,004‴ breiten länglichen Zellen, die, wie mir schien, in [Abbildung Fig. 138.] höchstens drei Schichten angeord- net waren. Diese Linse ist somit offenbar als eine noch sehr junge anzusehen, doch war eine äussere Ausmündung der Linsenhöhle be- stimmt nicht mehr da. Allem dem Bemerkten zufolge steht auf jeden Fall so viel fest, dass die Linse eine Production des Hornblattes, mit anderen Worten eine Epidermisbildung ist, die von aussen her an das Auge herangelangt, und ist nur noch die Frage aufzuwerfen, wie die structurlose Linsenkapsel und eine besondere gefässreiche Kapsel der embryonalen Linse sich bilden, welche letz- tere später noch besonders besprochen werden soll. Die structur- lose Kapsel, die sehr früh sichtbar wird — Remak sah dieselbe schon an der eben abgeschnürten Linse des Hühnchens — scheint mir ein- fach eine Ausscheidung der Linsenzellen oder eine Art Cuticula an der angewachsenen Seite eines Epithels zu sein, und was die ge- fässreiche Kapsel anlangt, so halte ich dieselbe für eine mit der Linse abgeschnürte Cutisschicht, indem ich besonders darauf mich stütze, dass, wie die Glaskörperbildung uns lehrt, sicherlich mit der Epi- dermis auch die Cutislage in das primitive Auge sich einstülpt. Mit Bezug auf den Glaskörper nämlich ist, obschon dessen Bildung noch sehr im Dunkeln liegt, doch so viel sicher, dass der- selbe ebenfalls, wie die Linse, nicht in der primitiven Anlage des Auges gegeben ist, sondern von aussen her sich bildet und die pri- [Abbildung Fig. 138. Vordere Hälfte eines senkrecht durchschnittenen Auges eines vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen, 100mal vergr. l Linse mit einer centralen Höhle, g Glaskörper durch einen Stiel g′, der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des Auges verbunden, v Gefässschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des Glaskörpers eindringt und hinter der Linse liegt, i innere Lamelle der secun- dären Augenblase oder Retina, a äussere Lamelle derselben, die bei a′ schon Pigment in ihren Zellen enthält und zur Pigmentlage der Chorioidea sich ge- staltet, h Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der primitiven Augenblase.] Entwicklung des Glaskörpers.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/295>, abgerufen am 24.11.2024.