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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Historische Einleitung.
nur eine genauere Geschichte der allerersten Entwicklung des Hühn-
chens, als man sie bisher besass, sondern waren vor Allem dadurch
von grösster Tragweite, dass durch dieselben zum ersten Male die
ursprünglichen, von Wolff geahnten Primitivorgane, die der Ent-
wicklung der Organe und Systeme zu Grunde liegen, durch die Be-
obachtung nachgewiesen wurden. Pander unterscheidet an der
Keimhaut des Hühnereies schon in der zwölften Stunde der Bebrü-
tung zwei Schichten, eine äussere, das seröse Blatt, und eine
innere, das Schleimblatt, zwischen welchen dann später noch
eine dritte Lage, das Gefässblatt, sich entwickelt. Obschon nun
Pander diese Blätter als den Ausgangspunct aller spätern Organe
betrachtet, so hat er sich doch über ihre Umwandlungen und ihre
Bedeutung im Ganzen genommen nur sehr kurz ausgesprochen
und wären wegen des Aphoristischen seiner Darstellung seine An-
gaben wohl nicht so bald zu einer grösseren Bedeutung gelangt,
wenn dieselben nicht in v. Baer einen Förderer und theilweise auch
einen Vertreter gefunden hätten, der es verstand, der Blättertheorie
in den weitesten Kreisen Eingang zu verschaffen.

Carl Ernst von Baer, ein Jugendfreund Pander's, hatte mitC. E. v. Baer.
diesem in Würzburg den Vorträgen Döllinger's beigewohnt und
war noch theilweise Zeuge der eben geschilderten Untersuchungen
über das bebrütete Hühnchen gewesen. Nachdem er später in Kö-
nigsberg Pander's Arbeiten erhalten, begann er im Jahre 1819
seine eigenen Forschungen über das Hühnerei, die er bis zum Jahre
1823 fortsetzte, dann in den Jahren 1826 und 27 vollendete, und
deren Resultate er theils im Auszuge in Burdach's Physiologie,
theils in einer besonderen Schrift: Ueber Entwicklungsgeschichte
der Thiere. Beobachtung und Reflexion. Erster Theil. Königsberg
1828, mittheilte. Weitere Untersuchungen über das Hühnchen und
die übrigen Wirbelthiere gedachte v. Baer in einem zweiten Bande zu
veröffentlichen, dessen Druck schon im Jahre 1829 begann und dann
nach langer Unterbrechung im Jahre 1834 bis zum 38. Bogen geför-
dert wurde, doch kam er nicht dazu, dieselben zu vollenden, so
dass man es vor Allem dem Verleger zu verdanken hat, dass das,
was von dieser Arbeit fertig war, im Jahre 1837 als 2. Theil der
Entwicklungsgeschichte wirklich ausgegeben wurde.

Durch diese beiden Werke ist v. Baer in der glänzendsten Weise in
die Fussstapfen Wolff's und Pander's getreten, und dürfen dieselben
sowohl wegen des Reichthums und der Vortrefflichkeit der Thatsachen,

Historische Einleitung.
nur eine genauere Geschichte der allerersten Entwicklung des Hühn-
chens, als man sie bisher besass, sondern waren vor Allem dadurch
von grösster Tragweite, dass durch dieselben zum ersten Male die
ursprünglichen, von Wolff geahnten Primitivorgane, die der Ent-
wicklung der Organe und Systeme zu Grunde liegen, durch die Be-
obachtung nachgewiesen wurden. Pander unterscheidet an der
Keimhaut des Hühnereies schon in der zwölften Stunde der Bebrü-
tung zwei Schichten, eine äussere, das seröse Blatt, und eine
innere, das Schleimblatt, zwischen welchen dann später noch
eine dritte Lage, das Gefässblatt, sich entwickelt. Obschon nun
Pander diese Blätter als den Ausgangspunct aller spätern Organe
betrachtet, so hat er sich doch über ihre Umwandlungen und ihre
Bedeutung im Ganzen genommen nur sehr kurz ausgesprochen
und wären wegen des Aphoristischen seiner Darstellung seine An-
gaben wohl nicht so bald zu einer grösseren Bedeutung gelangt,
wenn dieselben nicht in v. Baer einen Förderer und theilweise auch
einen Vertreter gefunden hätten, der es verstand, der Blättertheorie
in den weitesten Kreisen Eingang zu verschaffen.

Carl Ernst von Baer, ein Jugendfreund Pander’s, hatte mitC. E. v. Baer.
diesem in Würzburg den Vorträgen Döllinger’s beigewohnt und
war noch theilweise Zeuge der eben geschilderten Untersuchungen
über das bebrütete Hühnchen gewesen. Nachdem er später in Kö-
nigsberg Pander’s Arbeiten erhalten, begann er im Jahre 1819
seine eigenen Forschungen über das Hühnerei, die er bis zum Jahre
1823 fortsetzte, dann in den Jahren 1826 und 27 vollendete, und
deren Resultate er theils im Auszuge in Burdach’s Physiologie,
theils in einer besonderen Schrift: Ueber Entwicklungsgeschichte
der Thiere. Beobachtung und Reflexion. Erster Theil. Königsberg
1828, mittheilte. Weitere Untersuchungen über das Hühnchen und
die übrigen Wirbelthiere gedachte v. Baer in einem zweiten Bande zu
veröffentlichen, dessen Druck schon im Jahre 1829 begann und dann
nach langer Unterbrechung im Jahre 1834 bis zum 38. Bogen geför-
dert wurde, doch kam er nicht dazu, dieselben zu vollenden, so
dass man es vor Allem dem Verleger zu verdanken hat, dass das,
was von dieser Arbeit fertig war, im Jahre 1837 als 2. Theil der
Entwicklungsgeschichte wirklich ausgegeben wurde.

Durch diese beiden Werke ist v. Baer in der glänzendsten Weise in
die Fussstapfen Wolff’s und Pander’s getreten, und dürfen dieselben
sowohl wegen des Reichthums und der Vortrefflichkeit der Thatsachen,

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[9/0025] Historische Einleitung. nur eine genauere Geschichte der allerersten Entwicklung des Hühn- chens, als man sie bisher besass, sondern waren vor Allem dadurch von grösster Tragweite, dass durch dieselben zum ersten Male die ursprünglichen, von Wolff geahnten Primitivorgane, die der Ent- wicklung der Organe und Systeme zu Grunde liegen, durch die Be- obachtung nachgewiesen wurden. Pander unterscheidet an der Keimhaut des Hühnereies schon in der zwölften Stunde der Bebrü- tung zwei Schichten, eine äussere, das seröse Blatt, und eine innere, das Schleimblatt, zwischen welchen dann später noch eine dritte Lage, das Gefässblatt, sich entwickelt. Obschon nun Pander diese Blätter als den Ausgangspunct aller spätern Organe betrachtet, so hat er sich doch über ihre Umwandlungen und ihre Bedeutung im Ganzen genommen nur sehr kurz ausgesprochen und wären wegen des Aphoristischen seiner Darstellung seine An- gaben wohl nicht so bald zu einer grösseren Bedeutung gelangt, wenn dieselben nicht in v. Baer einen Förderer und theilweise auch einen Vertreter gefunden hätten, der es verstand, der Blättertheorie in den weitesten Kreisen Eingang zu verschaffen. Carl Ernst von Baer, ein Jugendfreund Pander’s, hatte mit diesem in Würzburg den Vorträgen Döllinger’s beigewohnt und war noch theilweise Zeuge der eben geschilderten Untersuchungen über das bebrütete Hühnchen gewesen. Nachdem er später in Kö- nigsberg Pander’s Arbeiten erhalten, begann er im Jahre 1819 seine eigenen Forschungen über das Hühnerei, die er bis zum Jahre 1823 fortsetzte, dann in den Jahren 1826 und 27 vollendete, und deren Resultate er theils im Auszuge in Burdach’s Physiologie, theils in einer besonderen Schrift: Ueber Entwicklungsgeschichte der Thiere. Beobachtung und Reflexion. Erster Theil. Königsberg 1828, mittheilte. Weitere Untersuchungen über das Hühnchen und die übrigen Wirbelthiere gedachte v. Baer in einem zweiten Bande zu veröffentlichen, dessen Druck schon im Jahre 1829 begann und dann nach langer Unterbrechung im Jahre 1834 bis zum 38. Bogen geför- dert wurde, doch kam er nicht dazu, dieselben zu vollenden, so dass man es vor Allem dem Verleger zu verdanken hat, dass das, was von dieser Arbeit fertig war, im Jahre 1837 als 2. Theil der Entwicklungsgeschichte wirklich ausgegeben wurde. C. E. v. Baer. Durch diese beiden Werke ist v. Baer in der glänzendsten Weise in die Fussstapfen Wolff’s und Pander’s getreten, und dürfen dieselben sowohl wegen des Reichthums und der Vortrefflichkeit der Thatsachen,

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/25>, abgerufen am 24.11.2024.