welcher der Kopf nichts zeigt und diese ist die mittlere Krümmung zwischen Hinterhirn und Mittelhirn.
[Abbildung]
Fig. 106.
Es ist nicht leicht zu sagen,Ursachen der Krümmungen. was die Ursache der Krüm- mungen des centralen Nerven- systems ist. Meiner Meinung zu- folge erklärt sich ein Theil der Krümmungen, und zwar die Nackenkrümmung und die Schei- telkrümmung, wie diess Rathke zuerst richtig angegeben hat (Entw. d. Natter St. 25, 34 und 35), aus dem in frühen Zeiten alle andern Theile übertreffen- den Längenwachsthume des cen- tralen Nervensystems und ist es dieses Wachsthum, welches auch die zwei Biegungen des vorderen Leibesendes, die durch den Scheitel- und Nackenhöcker bezeichnet werden, veranlasst. Dass die Biegungen gerade an diesen zwei Stel- len eintreten, erklärt Rathke treffend aus dem Umstande, dass die Axe des Skelettes an der Grenze zwischen Wirbelsäule und Schädel und an der Schädelbasis da, wo die Chorda aufhört und die Schädel- balken beginnen, am nachgiebigsten sei. Wird nun auch in dieser Weise die Krümmung von Kopf und Hirn im Allgemeinen ganz gut erklärt, so genügt das Aufgestellte doch nicht, um die eigenthüm- liche Gestalt der letzteren im Einzelnen begreiflich zu machen. Wir finden nämlich, dass, während die Schädelbasis und der Schädel selbst eigentlich nur Eine Krümmung macht, die aussen durch den Scheitelhöcker und innen durch den Vorsprung der Sattellehne sich kundgibt, eine Biegung, die Reichert als "Gesichtskopfbeuge" be- zeichnet hat, das Gehirn zwei Krümmungen darbietet, von denen die eine, die Brückenkrümmung, am Schädel vollkommen fehlt und die andere, die Scheitelkrümmung, am Gehirn wenigstens viel aus-
[Abbildung]
Fig. 106. Menschlicher Embryo der vierten Woche nach einer nicht edirten Zeichnung von Thomson vergr. dargestellt. a Amnios, das am Rücken in einer ge- wissen Ausdehnung entfernt ist, b Dottersack, b' Dottergang, c Unterkieferfort- satz des ersten Kiemenbogens, d Oberkieferfortsatz desselben, e, e' e" zweiter bis vierter Kiemenbogen, f primitives Ohrbläschen, g Auge, h vordere, i hin- tere Extremität, k Nabelstrang mit kurzer Amniosscheide, l Herz, m Leber.
Entwicklung des Nervensystems.
welcher der Kopf nichts zeigt und diese ist die mittlere Krümmung zwischen Hinterhirn und Mittelhirn.
[Abbildung]
Fig. 106.
Es ist nicht leicht zu sagen,Ursachen der Krümmungen. was die Ursache der Krüm- mungen des centralen Nerven- systems ist. Meiner Meinung zu- folge erklärt sich ein Theil der Krümmungen, und zwar die Nackenkrümmung und die Schei- telkrümmung, wie diess Rathke zuerst richtig angegeben hat (Entw. d. Natter St. 25, 34 und 35), aus dem in frühen Zeiten alle andern Theile übertreffen- den Längenwachsthume des cen- tralen Nervensystems und ist es dieses Wachsthum, welches auch die zwei Biegungen des vorderen Leibesendes, die durch den Scheitel- und Nackenhöcker bezeichnet werden, veranlasst. Dass die Biegungen gerade an diesen zwei Stel- len eintreten, erklärt Rathke treffend aus dem Umstande, dass die Axe des Skelettes an der Grenze zwischen Wirbelsäule und Schädel und an der Schädelbasis da, wo die Chorda aufhört und die Schädel- balken beginnen, am nachgiebigsten sei. Wird nun auch in dieser Weise die Krümmung von Kopf und Hirn im Allgemeinen ganz gut erklärt, so genügt das Aufgestellte doch nicht, um die eigenthüm- liche Gestalt der letzteren im Einzelnen begreiflich zu machen. Wir finden nämlich, dass, während die Schädelbasis und der Schädel selbst eigentlich nur Eine Krümmung macht, die aussen durch den Scheitelhöcker und innen durch den Vorsprung der Sattellehne sich kundgibt, eine Biegung, die Reichert als »Gesichtskopfbeuge« be- zeichnet hat, das Gehirn zwei Krümmungen darbietet, von denen die eine, die Brückenkrümmung, am Schädel vollkommen fehlt und die andere, die Scheitelkrümmung, am Gehirn wenigstens viel aus-
[Abbildung]
Fig. 106. Menschlicher Embryo der vierten Woche nach einer nicht edirten Zeichnung von Thomson vergr. dargestellt. a Amnios, das am Rücken in einer ge- wissen Ausdehnung entfernt ist, b Dottersack, b′ Dottergang, c Unterkieferfort- satz des ersten Kiemenbogens, d Oberkieferfortsatz desselben, e, e′ e″ zweiter bis vierter Kiemenbogen, f primitives Ohrbläschen, g Auge, h vordere, i hin- tere Extremität, k Nabelstrang mit kurzer Amniosscheide, l Herz, m Leber.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0245"n="229"/><fwplace="top"type="header">Entwicklung des Nervensystems.</fw><lb/>
welcher der Kopf nichts zeigt und diese ist die mittlere Krümmung<lb/>
zwischen Hinterhirn und Mittelhirn.</p><lb/><figure><head>Fig. 106.</head></figure><lb/><p>Es ist nicht leicht zu sagen,<noteplace="right">Ursachen der<lb/>
Krümmungen.</note><lb/>
was die Ursache der Krüm-<lb/>
mungen des centralen Nerven-<lb/>
systems ist. Meiner Meinung zu-<lb/>
folge erklärt sich ein Theil der<lb/>
Krümmungen, und zwar die<lb/>
Nackenkrümmung und die Schei-<lb/>
telkrümmung, wie diess <hirendition="#k">Rathke</hi><lb/>
zuerst richtig angegeben hat<lb/>
(Entw. d. Natter St. 25, 34 und<lb/>
35), aus dem in frühen Zeiten<lb/>
alle andern Theile übertreffen-<lb/>
den Längenwachsthume des cen-<lb/>
tralen Nervensystems und ist es<lb/>
dieses Wachsthum, welches auch die zwei Biegungen des vorderen<lb/>
Leibesendes, die durch den Scheitel- und Nackenhöcker bezeichnet<lb/>
werden, veranlasst. Dass die Biegungen gerade an diesen zwei Stel-<lb/>
len eintreten, erklärt <hirendition="#k">Rathke</hi> treffend aus dem Umstande, dass die<lb/>
Axe des Skelettes an der Grenze zwischen Wirbelsäule und Schädel<lb/>
und an der Schädelbasis da, wo die Chorda aufhört und die Schädel-<lb/>
balken beginnen, am nachgiebigsten sei. Wird nun auch in dieser<lb/>
Weise die Krümmung von Kopf und Hirn im Allgemeinen ganz gut<lb/>
erklärt, so genügt das Aufgestellte doch nicht, um die eigenthüm-<lb/>
liche Gestalt der letzteren im Einzelnen begreiflich zu machen. Wir<lb/>
finden nämlich, dass, während die Schädelbasis und der Schädel<lb/>
selbst eigentlich nur Eine Krümmung macht, die aussen durch den<lb/>
Scheitelhöcker und innen durch den Vorsprung der Sattellehne sich<lb/>
kundgibt, eine Biegung, die <hirendition="#k">Reichert</hi> als »Gesichtskopfbeuge« be-<lb/>
zeichnet hat, das Gehirn zwei Krümmungen darbietet, von denen<lb/>
die eine, die Brückenkrümmung, am Schädel vollkommen fehlt und<lb/>
die andere, die Scheitelkrümmung, am Gehirn wenigstens viel aus-<lb/><figure><p>Fig. 106. Menschlicher Embryo der vierten Woche nach einer nicht edirten<lb/>
Zeichnung von <hirendition="#k">Thomson</hi> vergr. dargestellt. <hirendition="#i">a</hi> Amnios, das am Rücken in einer ge-<lb/>
wissen Ausdehnung entfernt ist, <hirendition="#i">b</hi> Dottersack, <hirendition="#i">b′</hi> Dottergang, <hirendition="#i">c</hi> Unterkieferfort-<lb/>
satz des ersten Kiemenbogens, <hirendition="#i">d</hi> Oberkieferfortsatz desselben, <hirendition="#i">e, e′ e″</hi> zweiter<lb/>
bis vierter Kiemenbogen, <hirendition="#i">f</hi> primitives Ohrbläschen, <hirendition="#i">g</hi> Auge, <hirendition="#i">h</hi> vordere, <hirendition="#i">i</hi> hin-<lb/>
tere Extremität, <hirendition="#i">k</hi> Nabelstrang mit kurzer Amniosscheide, <hirendition="#i">l</hi> Herz, <hirendition="#i">m</hi> Leber.</p></figure><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[229/0245]
Entwicklung des Nervensystems.
welcher der Kopf nichts zeigt und diese ist die mittlere Krümmung
zwischen Hinterhirn und Mittelhirn.
[Abbildung Fig. 106. ]
Es ist nicht leicht zu sagen,
was die Ursache der Krüm-
mungen des centralen Nerven-
systems ist. Meiner Meinung zu-
folge erklärt sich ein Theil der
Krümmungen, und zwar die
Nackenkrümmung und die Schei-
telkrümmung, wie diess Rathke
zuerst richtig angegeben hat
(Entw. d. Natter St. 25, 34 und
35), aus dem in frühen Zeiten
alle andern Theile übertreffen-
den Längenwachsthume des cen-
tralen Nervensystems und ist es
dieses Wachsthum, welches auch die zwei Biegungen des vorderen
Leibesendes, die durch den Scheitel- und Nackenhöcker bezeichnet
werden, veranlasst. Dass die Biegungen gerade an diesen zwei Stel-
len eintreten, erklärt Rathke treffend aus dem Umstande, dass die
Axe des Skelettes an der Grenze zwischen Wirbelsäule und Schädel
und an der Schädelbasis da, wo die Chorda aufhört und die Schädel-
balken beginnen, am nachgiebigsten sei. Wird nun auch in dieser
Weise die Krümmung von Kopf und Hirn im Allgemeinen ganz gut
erklärt, so genügt das Aufgestellte doch nicht, um die eigenthüm-
liche Gestalt der letzteren im Einzelnen begreiflich zu machen. Wir
finden nämlich, dass, während die Schädelbasis und der Schädel
selbst eigentlich nur Eine Krümmung macht, die aussen durch den
Scheitelhöcker und innen durch den Vorsprung der Sattellehne sich
kundgibt, eine Biegung, die Reichert als »Gesichtskopfbeuge« be-
zeichnet hat, das Gehirn zwei Krümmungen darbietet, von denen
die eine, die Brückenkrümmung, am Schädel vollkommen fehlt und
die andere, die Scheitelkrümmung, am Gehirn wenigstens viel aus-
[Abbildung Fig. 106. Menschlicher Embryo der vierten Woche nach einer nicht edirten
Zeichnung von Thomson vergr. dargestellt. a Amnios, das am Rücken in einer ge-
wissen Ausdehnung entfernt ist, b Dottersack, b′ Dottergang, c Unterkieferfort-
satz des ersten Kiemenbogens, d Oberkieferfortsatz desselben, e, e′ e″ zweiter
bis vierter Kiemenbogen, f primitives Ohrbläschen, g Auge, h vordere, i hin-
tere Extremität, k Nabelstrang mit kurzer Amniosscheide, l Herz, m Leber.]
Ursachen der
Krümmungen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/245>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.