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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Vierundzwanzigste Vorlesung.
keln den Hautplatten ihren Ursprung verdankt, und in loco sich
bildet, was dagegen die Extremitätengürtel (Scapula, clavicula,
Hüftbein) sammt den betreffenden Muskeln anlangt, so wage ich
nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden, ob dieselben an Ort und
Stelle, mithin aus den Urwirbeln und der Hautplatte der seitlichen
und vorderen Leibeswand, sich anlegen, oder von der Gegend des
Extremitätenstummels aus in die betreffenden Orte hineinwachsen,
immerhin muss ich bemerken, dass bisanhin Niemand von einem
solchen Hereinwachsen irgend etwas beobachtet hat, und dass es
mir daher zusagender erscheint, anzunehmen, dass auch diese Theile
da sich bilden, wo man sie später findet. Bei dieser Auffassung
hätten wir somit z. B. uns vorzustellen, dass die Scapula sammt den
Muskeln derselben (Cucullaris, Latissimus, Rhomboidei etc.) aus dem
äussern Theile der Muskelplatten des Rückens, die, wie Sie wissen,
Theile der Urwirbel sind, sich hervorbilden, sowie dass die Clavi-
cula
sammt den Pectorales und Subclavii in der Hautplatte der Brust
nach aussen von den Rippen und ihren Muskeln entstehen.

Eine weitere Besprechung dieser schwierigen Frage kann beim
Mangel von bestimmten Thatsachen unmöglich von Nutzen sein und
führe ich Sie daher lieber gleich auf das bekannte Gebiet der Ent-
wicklung der Extremitätenknochen von der Zeit an, wo ihre erste
Anlage einmal gegeben ist. Alle Extremitätenknochen, mit einziger
Ausnahme des Schlüsselbeins, zeigen dieselben drei Zustände, die
Sie schon von der Wirbelsäule und dem Schädel kennen gelernt
haben. Schon im ersten Stadium, in welchem die betreffenden
Theile aus weicherem Blasteme mit mehr indifferenten Zellen bestehen,
lässt sich eine bestimmte Begrenzung an denselben erkennen, doch
wird die eigenthümliche Gestalt der einzelnen Stücke allerdings
erst dann recht deutlich, wenn dieselben in den knorpeligen Zu-
stand übergehen, was am Ende des 2. Monates und im Anfange des
3. geschieht. Der letzte oder knöcherne Zustand tritt in dersel-
ben Weise ein, wie bei allen knorpelig vorgebildeten Knochen, zeigt
jedoch mit Bezug auf die Zahl der Ossificationspuncte und die Zeit
ihrer Erscheinung Verschiedenheiten, die wir noch im Einzelnen
kurz durchgehen wollen.

Knochen der
obern Extremität.
Schlüsselbein.
Von den Knochen der obern Extremität zeigt das Schlüs-
selbein
sehr bemerkenswerthe Verhältnisse, indem dasselbe nach
der Entdeckung von C. Bruch nicht knorpelig und auch nicht im
weichen Zustande vorgebildet ist, vielmehr nach Art der Deckkno-

Vierundzwanzigste Vorlesung.
keln den Hautplatten ihren Ursprung verdankt, und in loco sich
bildet, was dagegen die Extremitätengürtel (Scapula, clavicula,
Hüftbein) sammt den betreffenden Muskeln anlangt, so wage ich
nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden, ob dieselben an Ort und
Stelle, mithin aus den Urwirbeln und der Hautplatte der seitlichen
und vorderen Leibeswand, sich anlegen, oder von der Gegend des
Extremitätenstummels aus in die betreffenden Orte hineinwachsen,
immerhin muss ich bemerken, dass bisanhin Niemand von einem
solchen Hereinwachsen irgend etwas beobachtet hat, und dass es
mir daher zusagender erscheint, anzunehmen, dass auch diese Theile
da sich bilden, wo man sie später findet. Bei dieser Auffassung
hätten wir somit z. B. uns vorzustellen, dass die Scapula sammt den
Muskeln derselben (Cucullaris, Latissimus, Rhomboidei etc.) aus dem
äussern Theile der Muskelplatten des Rückens, die, wie Sie wissen,
Theile der Urwirbel sind, sich hervorbilden, sowie dass die Clavi-
cula
sammt den Pectorales und Subclavii in der Hautplatte der Brust
nach aussen von den Rippen und ihren Muskeln entstehen.

Eine weitere Besprechung dieser schwierigen Frage kann beim
Mangel von bestimmten Thatsachen unmöglich von Nutzen sein und
führe ich Sie daher lieber gleich auf das bekannte Gebiet der Ent-
wicklung der Extremitätenknochen von der Zeit an, wo ihre erste
Anlage einmal gegeben ist. Alle Extremitätenknochen, mit einziger
Ausnahme des Schlüsselbeins, zeigen dieselben drei Zustände, die
Sie schon von der Wirbelsäule und dem Schädel kennen gelernt
haben. Schon im ersten Stadium, in welchem die betreffenden
Theile aus weicherem Blasteme mit mehr indifferenten Zellen bestehen,
lässt sich eine bestimmte Begrenzung an denselben erkennen, doch
wird die eigenthümliche Gestalt der einzelnen Stücke allerdings
erst dann recht deutlich, wenn dieselben in den knorpeligen Zu-
stand übergehen, was am Ende des 2. Monates und im Anfange des
3. geschieht. Der letzte oder knöcherne Zustand tritt in dersel-
ben Weise ein, wie bei allen knorpelig vorgebildeten Knochen, zeigt
jedoch mit Bezug auf die Zahl der Ossificationspuncte und die Zeit
ihrer Erscheinung Verschiedenheiten, die wir noch im Einzelnen
kurz durchgehen wollen.

Knochen der
obern Extremität.
Schlüsselbein.
Von den Knochen der obern Extremität zeigt das Schlüs-
selbein
sehr bemerkenswerthe Verhältnisse, indem dasselbe nach
der Entdeckung von C. Bruch nicht knorpelig und auch nicht im
weichen Zustande vorgebildet ist, vielmehr nach Art der Deckkno-

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[222/0238] Vierundzwanzigste Vorlesung. keln den Hautplatten ihren Ursprung verdankt, und in loco sich bildet, was dagegen die Extremitätengürtel (Scapula, clavicula, Hüftbein) sammt den betreffenden Muskeln anlangt, so wage ich nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden, ob dieselben an Ort und Stelle, mithin aus den Urwirbeln und der Hautplatte der seitlichen und vorderen Leibeswand, sich anlegen, oder von der Gegend des Extremitätenstummels aus in die betreffenden Orte hineinwachsen, immerhin muss ich bemerken, dass bisanhin Niemand von einem solchen Hereinwachsen irgend etwas beobachtet hat, und dass es mir daher zusagender erscheint, anzunehmen, dass auch diese Theile da sich bilden, wo man sie später findet. Bei dieser Auffassung hätten wir somit z. B. uns vorzustellen, dass die Scapula sammt den Muskeln derselben (Cucullaris, Latissimus, Rhomboidei etc.) aus dem äussern Theile der Muskelplatten des Rückens, die, wie Sie wissen, Theile der Urwirbel sind, sich hervorbilden, sowie dass die Clavi- cula sammt den Pectorales und Subclavii in der Hautplatte der Brust nach aussen von den Rippen und ihren Muskeln entstehen. Eine weitere Besprechung dieser schwierigen Frage kann beim Mangel von bestimmten Thatsachen unmöglich von Nutzen sein und führe ich Sie daher lieber gleich auf das bekannte Gebiet der Ent- wicklung der Extremitätenknochen von der Zeit an, wo ihre erste Anlage einmal gegeben ist. Alle Extremitätenknochen, mit einziger Ausnahme des Schlüsselbeins, zeigen dieselben drei Zustände, die Sie schon von der Wirbelsäule und dem Schädel kennen gelernt haben. Schon im ersten Stadium, in welchem die betreffenden Theile aus weicherem Blasteme mit mehr indifferenten Zellen bestehen, lässt sich eine bestimmte Begrenzung an denselben erkennen, doch wird die eigenthümliche Gestalt der einzelnen Stücke allerdings erst dann recht deutlich, wenn dieselben in den knorpeligen Zu- stand übergehen, was am Ende des 2. Monates und im Anfange des 3. geschieht. Der letzte oder knöcherne Zustand tritt in dersel- ben Weise ein, wie bei allen knorpelig vorgebildeten Knochen, zeigt jedoch mit Bezug auf die Zahl der Ossificationspuncte und die Zeit ihrer Erscheinung Verschiedenheiten, die wir noch im Einzelnen kurz durchgehen wollen. Von den Knochen der obern Extremität zeigt das Schlüs- selbein sehr bemerkenswerthe Verhältnisse, indem dasselbe nach der Entdeckung von C. Bruch nicht knorpelig und auch nicht im weichen Zustande vorgebildet ist, vielmehr nach Art der Deckkno- Knochen der obern Extremität. Schlüsselbein.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/238>, abgerufen am 24.11.2024.