Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwanzigste Vorlesung.

Entwicklung der
Eihüllen.
Meine Herren! Nachdem Sie das Verhalten der Eihüllen von
der Mitte bis zum Ende der Schwangerschaft kennen gelernt haben,
gehe ich nun zur Besprechung der wichtigen Frage über, wie die-
selben entstehen. Hierbei kann ich jedoch das Amnios und den
Dottersack, deren Entwicklung schon früher geschildert wurde, bei
Seite lassen, so dass eigentlich nur das Chorion, von dem noch nicht
im Zusammenhange die Rede war, und die mütterlichen Eihüllen
übrig bleiben.

Die Bildungsgeschichte der genannten Häute ist einer der dun-
kelsten Theile der gesammten menschlichen Embryologie, ja man
kann unbedingt behaupten, dass es nicht möglich ist, mit Bezug auf
dieselbe zu klaren Anschauungen zu gelangen, wenn man nicht
auch das herbeizieht, was bei Thieren über diese Verhältnisse er-
mittelt worden ist. Sie werden es daher als nicht unpassend er-
achten, wenn ich Ihnen vorerst die Eihäute einiger Haupttypen der
Säugethiere mit Bezug auf ihren Bau und ihre Entstehung schildere,
und dann erst zur Betrachtung auch der menschlichen Verhältnisse
übergehe.

Eihüllen der
Säugethiere.
Carnivoren.
Bei den Carnivoren, von denen wir den Hund, dessen Ei-
hüllen besonders durch die Untersuchungen von v. Baer, Sharpey,
Ernst Heinrich Weber
und Bischoff genauer bekannt sind, als Typus
wählen, entwickelt das Ei schon in einer sehr frühen Zeit Zotten
auf seiner äusseren Oberfläche. Nach v. Baer findet man diese Zot-
ten schon bei Eiern von 1/2''', nach Bischoff bei solchen von 11/2 bis
2''' Durchmesser als kleine structurlose, eckige Warzen, die im gan-
zen Umkreise des Eies auf der Zona pellucida oder der Dotterhaut
aufsitzen, zu einer Zeit, wo im Innern des Eies noch keine Embryo-

Zwanzigste Vorlesung.

Entwicklung der
Eihüllen.
Meine Herren! Nachdem Sie das Verhalten der Eihüllen von
der Mitte bis zum Ende der Schwangerschaft kennen gelernt haben,
gehe ich nun zur Besprechung der wichtigen Frage über, wie die-
selben entstehen. Hierbei kann ich jedoch das Amnios und den
Dottersack, deren Entwicklung schon früher geschildert wurde, bei
Seite lassen, so dass eigentlich nur das Chorion, von dem noch nicht
im Zusammenhange die Rede war, und die mütterlichen Eihüllen
übrig bleiben.

Die Bildungsgeschichte der genannten Häute ist einer der dun-
kelsten Theile der gesammten menschlichen Embryologie, ja man
kann unbedingt behaupten, dass es nicht möglich ist, mit Bezug auf
dieselbe zu klaren Anschauungen zu gelangen, wenn man nicht
auch das herbeizieht, was bei Thieren über diese Verhältnisse er-
mittelt worden ist. Sie werden es daher als nicht unpassend er-
achten, wenn ich Ihnen vorerst die Eihäute einiger Haupttypen der
Säugethiere mit Bezug auf ihren Bau und ihre Entstehung schildere,
und dann erst zur Betrachtung auch der menschlichen Verhältnisse
übergehe.

Eihüllen der
Säugethiere.
Carnivoren.
Bei den Carnivoren, von denen wir den Hund, dessen Ei-
hüllen besonders durch die Untersuchungen von v. Baer, Sharpey,
Ernst Heinrich Weber
und Bischoff genauer bekannt sind, als Typus
wählen, entwickelt das Ei schon in einer sehr frühen Zeit Zotten
auf seiner äusseren Oberfläche. Nach v. Baer findet man diese Zot-
ten schon bei Eiern von ½‴, nach Bischoff bei solchen von 1½ bis
2‴ Durchmesser als kleine structurlose, eckige Warzen, die im gan-
zen Umkreise des Eies auf der Zona pellucida oder der Dotterhaut
aufsitzen, zu einer Zeit, wo im Innern des Eies noch keine Embryo-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0176" n="[160]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Zwanzigste Vorlesung.</hi> </head><lb/>
        <p><note place="left">Entwicklung der<lb/>
Eihüllen.</note>Meine Herren! Nachdem Sie das Verhalten der Eihüllen von<lb/>
der Mitte bis zum Ende der Schwangerschaft kennen gelernt haben,<lb/>
gehe ich nun zur Besprechung der wichtigen Frage über, wie die-<lb/>
selben entstehen. Hierbei kann ich jedoch das Amnios und den<lb/>
Dottersack, deren Entwicklung schon früher geschildert wurde, bei<lb/>
Seite lassen, so dass eigentlich nur das Chorion, von dem noch nicht<lb/>
im Zusammenhange die Rede war, und die mütterlichen Eihüllen<lb/>
übrig bleiben.</p><lb/>
        <p>Die Bildungsgeschichte der genannten Häute ist einer der dun-<lb/>
kelsten Theile der gesammten menschlichen Embryologie, ja man<lb/>
kann unbedingt behaupten, dass es nicht möglich ist, mit Bezug auf<lb/>
dieselbe zu klaren Anschauungen zu gelangen, wenn man nicht<lb/>
auch das herbeizieht, was bei Thieren über diese Verhältnisse er-<lb/>
mittelt worden ist. Sie werden es daher als nicht unpassend er-<lb/>
achten, wenn ich Ihnen vorerst die Eihäute einiger Haupttypen der<lb/>
Säugethiere mit Bezug auf ihren Bau und ihre Entstehung schildere,<lb/>
und dann erst zur Betrachtung auch der menschlichen Verhältnisse<lb/>
übergehe.</p><lb/>
        <p><note place="left">Eihüllen der<lb/>
Säugethiere.<lb/>
Carnivoren.</note>Bei den <hi rendition="#g">Carnivoren</hi>, von denen wir den <hi rendition="#g">Hund</hi>, dessen Ei-<lb/>
hüllen besonders durch die Untersuchungen von v. <hi rendition="#k">Baer, Sharpey,<lb/>
Ernst Heinrich Weber</hi> und <hi rendition="#k">Bischoff</hi> genauer bekannt sind, als Typus<lb/>
wählen, entwickelt das Ei schon in einer sehr frühen Zeit Zotten<lb/>
auf seiner äusseren Oberfläche. Nach v. <hi rendition="#k">Baer</hi> findet man diese Zot-<lb/>
ten schon bei Eiern von ½&#x2034;, nach <hi rendition="#k">Bischoff</hi> bei solchen von 1½ bis<lb/>
2&#x2034; Durchmesser als kleine structurlose, eckige Warzen, die im gan-<lb/>
zen Umkreise des Eies auf der <hi rendition="#i">Zona pellucida</hi> oder der Dotterhaut<lb/>
aufsitzen, zu einer Zeit, wo im Innern des Eies noch keine Embryo-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[160]/0176] Zwanzigste Vorlesung. Meine Herren! Nachdem Sie das Verhalten der Eihüllen von der Mitte bis zum Ende der Schwangerschaft kennen gelernt haben, gehe ich nun zur Besprechung der wichtigen Frage über, wie die- selben entstehen. Hierbei kann ich jedoch das Amnios und den Dottersack, deren Entwicklung schon früher geschildert wurde, bei Seite lassen, so dass eigentlich nur das Chorion, von dem noch nicht im Zusammenhange die Rede war, und die mütterlichen Eihüllen übrig bleiben. Entwicklung der Eihüllen. Die Bildungsgeschichte der genannten Häute ist einer der dun- kelsten Theile der gesammten menschlichen Embryologie, ja man kann unbedingt behaupten, dass es nicht möglich ist, mit Bezug auf dieselbe zu klaren Anschauungen zu gelangen, wenn man nicht auch das herbeizieht, was bei Thieren über diese Verhältnisse er- mittelt worden ist. Sie werden es daher als nicht unpassend er- achten, wenn ich Ihnen vorerst die Eihäute einiger Haupttypen der Säugethiere mit Bezug auf ihren Bau und ihre Entstehung schildere, und dann erst zur Betrachtung auch der menschlichen Verhältnisse übergehe. Bei den Carnivoren, von denen wir den Hund, dessen Ei- hüllen besonders durch die Untersuchungen von v. Baer, Sharpey, Ernst Heinrich Weber und Bischoff genauer bekannt sind, als Typus wählen, entwickelt das Ei schon in einer sehr frühen Zeit Zotten auf seiner äusseren Oberfläche. Nach v. Baer findet man diese Zot- ten schon bei Eiern von ½‴, nach Bischoff bei solchen von 1½ bis 2‴ Durchmesser als kleine structurlose, eckige Warzen, die im gan- zen Umkreise des Eies auf der Zona pellucida oder der Dotterhaut aufsitzen, zu einer Zeit, wo im Innern des Eies noch keine Embryo- Eihüllen der Säugethiere. Carnivoren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/176
Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. [160]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/176>, abgerufen am 22.12.2024.