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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Eihüllen des Menschen.
ein verfolgen, am Ende jedoch hört jede besondere Auskleidung der-
selben auf und verlieren sich die Kanäle schliesslich in buchtige,
von allen Seiten zusammenhängende Räume, welche zwischen den
Chorionzotten sich befinden und bis zu den Stämmen der Chorion-
bäumchen reichen oder, genauer ausgedrückt, die ganze Placenta
foetalis
durchziehen. Was so für die Arterien gilt, passt auch auf
die Venen. In den tieferen Theilen der Placenta gegen den Embryo
zu ist keine Spur von Venen zu sehen; dieselben treten erst in
der Gegend der Arterien auf und erscheinen vorzüglich in folgender
Weise.

Um die Placenta herum, zum Theil noch innerhalb derselben,Venen der
Placenta uterina.

zum Theil schon in der Decidua vera findet sich eine Art weiten
Randgefässes, der sogenannte Venensinus der Placenta oder
der ringförmige Sinus, der an der einen Seite viele Venenwur-
zeln aus der Placenta bezieht, auf der andern Seite durch zalreiche
Abzugskanäle zu den Venen des tieferen Theiles der Decidua vera
und der Muscularis führt. Genauer betrachtet ist dieser ringförmige
Sinus jedoch nicht ein einziges zusammenhängendes Gefäss, viel-
mehr sind es Anastomosen der aus dem Innern der Placenta heraus-
kommenden Venen, die gewöhnlich da und dort unterbrochen sind,
so dass selten ein vollständiger Kreis vorhanden ist. Die Wurzeln,
welche von Seiten der Placenta in den Sinus einmünden, kann man
eine Strecke weit, von den Rändern der Placenta aus, innerhalb des
mütterlichen Gewebes bis ins Innere hinein verfolgen, wobei sich
zeigt, dass dieselben anfänglich ebenfalls mehr zwischen den Coty-
ledonen verlaufen, es entbehren jedoch dieselben, welche meist eine
beträchtliche Weite haben, einer besonderen Auskleidung und wer-
den ebenso wie die Arterien nur von mütterlichem Placentargewebe
getragen, von welchem jedoch nicht behauptet werden soll, dass es
nicht, zum Theil wenigstens, einer Umbildung der ursprünglichen
Gefässwände seinen Ursprung verdanke. Schliesslich laufen nun
auch diese Venen frei in die Maschenräume zwischen den Chorion-
zotten aus, und ganz dasselbe gilt auch von einer gewissen Zahl
von Venen, die wie die Arterien an der convexen Seite der Placenta
aus derselben heraustreten. Von Capillargefässen ist dem Gesagten
zufolge im mütterlichen Theile der menschlichen Placenta keine
Spur zu sehen und hängen Arterien und Venen einzig und allein
durch ein System anastomosirender Lücken zusammen, welche ganz
und gar von den fötalen Chorionzotten getragen werden, ungefähr

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Eihüllen des Menschen.
ein verfolgen, am Ende jedoch hört jede besondere Auskleidung der-
selben auf und verlieren sich die Kanäle schliesslich in buchtige,
von allen Seiten zusammenhängende Räume, welche zwischen den
Chorionzotten sich befinden und bis zu den Stämmen der Chorion-
bäumchen reichen oder, genauer ausgedrückt, die ganze Placenta
foetalis
durchziehen. Was so für die Arterien gilt, passt auch auf
die Venen. In den tieferen Theilen der Placenta gegen den Embryo
zu ist keine Spur von Venen zu sehen; dieselben treten erst in
der Gegend der Arterien auf und erscheinen vorzüglich in folgender
Weise.

Um die Placenta herum, zum Theil noch innerhalb derselben,Venen der
Placenta uterina.

zum Theil schon in der Decidua vera findet sich eine Art weiten
Randgefässes, der sogenannte Venensinus der Placenta oder
der ringförmige Sinus, der an der einen Seite viele Venenwur-
zeln aus der Placenta bezieht, auf der andern Seite durch zalreiche
Abzugskanäle zu den Venen des tieferen Theiles der Decidua vera
und der Muscularis führt. Genauer betrachtet ist dieser ringförmige
Sinus jedoch nicht ein einziges zusammenhängendes Gefäss, viel-
mehr sind es Anastomosen der aus dem Innern der Placenta heraus-
kommenden Venen, die gewöhnlich da und dort unterbrochen sind,
so dass selten ein vollständiger Kreis vorhanden ist. Die Wurzeln,
welche von Seiten der Placenta in den Sinus einmünden, kann man
eine Strecke weit, von den Rändern der Placenta aus, innerhalb des
mütterlichen Gewebes bis ins Innere hinein verfolgen, wobei sich
zeigt, dass dieselben anfänglich ebenfalls mehr zwischen den Coty-
ledonen verlaufen, es entbehren jedoch dieselben, welche meist eine
beträchtliche Weite haben, einer besonderen Auskleidung und wer-
den ebenso wie die Arterien nur von mütterlichem Placentargewebe
getragen, von welchem jedoch nicht behauptet werden soll, dass es
nicht, zum Theil wenigstens, einer Umbildung der ursprünglichen
Gefässwände seinen Ursprung verdanke. Schliesslich laufen nun
auch diese Venen frei in die Maschenräume zwischen den Chorion-
zotten aus, und ganz dasselbe gilt auch von einer gewissen Zahl
von Venen, die wie die Arterien an der convexen Seite der Placenta
aus derselben heraustreten. Von Capillargefässen ist dem Gesagten
zufolge im mütterlichen Theile der menschlichen Placenta keine
Spur zu sehen und hängen Arterien und Venen einzig und allein
durch ein System anastomosirender Lücken zusammen, welche ganz
und gar von den fötalen Chorionzotten getragen werden, ungefähr

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[147/0163] Eihüllen des Menschen. ein verfolgen, am Ende jedoch hört jede besondere Auskleidung der- selben auf und verlieren sich die Kanäle schliesslich in buchtige, von allen Seiten zusammenhängende Räume, welche zwischen den Chorionzotten sich befinden und bis zu den Stämmen der Chorion- bäumchen reichen oder, genauer ausgedrückt, die ganze Placenta foetalis durchziehen. Was so für die Arterien gilt, passt auch auf die Venen. In den tieferen Theilen der Placenta gegen den Embryo zu ist keine Spur von Venen zu sehen; dieselben treten erst in der Gegend der Arterien auf und erscheinen vorzüglich in folgender Weise. Um die Placenta herum, zum Theil noch innerhalb derselben, zum Theil schon in der Decidua vera findet sich eine Art weiten Randgefässes, der sogenannte Venensinus der Placenta oder der ringförmige Sinus, der an der einen Seite viele Venenwur- zeln aus der Placenta bezieht, auf der andern Seite durch zalreiche Abzugskanäle zu den Venen des tieferen Theiles der Decidua vera und der Muscularis führt. Genauer betrachtet ist dieser ringförmige Sinus jedoch nicht ein einziges zusammenhängendes Gefäss, viel- mehr sind es Anastomosen der aus dem Innern der Placenta heraus- kommenden Venen, die gewöhnlich da und dort unterbrochen sind, so dass selten ein vollständiger Kreis vorhanden ist. Die Wurzeln, welche von Seiten der Placenta in den Sinus einmünden, kann man eine Strecke weit, von den Rändern der Placenta aus, innerhalb des mütterlichen Gewebes bis ins Innere hinein verfolgen, wobei sich zeigt, dass dieselben anfänglich ebenfalls mehr zwischen den Coty- ledonen verlaufen, es entbehren jedoch dieselben, welche meist eine beträchtliche Weite haben, einer besonderen Auskleidung und wer- den ebenso wie die Arterien nur von mütterlichem Placentargewebe getragen, von welchem jedoch nicht behauptet werden soll, dass es nicht, zum Theil wenigstens, einer Umbildung der ursprünglichen Gefässwände seinen Ursprung verdanke. Schliesslich laufen nun auch diese Venen frei in die Maschenräume zwischen den Chorion- zotten aus, und ganz dasselbe gilt auch von einer gewissen Zahl von Venen, die wie die Arterien an der convexen Seite der Placenta aus derselben heraustreten. Von Capillargefässen ist dem Gesagten zufolge im mütterlichen Theile der menschlichen Placenta keine Spur zu sehen und hängen Arterien und Venen einzig und allein durch ein System anastomosirender Lücken zusammen, welche ganz und gar von den fötalen Chorionzotten getragen werden, ungefähr Venen der Placenta uterina. 10*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/163>, abgerufen am 24.11.2024.