Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.Urnieren. moniak und harnsaurem Natron wahrscheinlich gemacht. Diesemzufolge nun und wegen der vollkommenen Uebereinstimmung der Wolff'schen Körper mit den ächten Nieren in der feineren Structur kann nicht bezweifelt werden, dass dieselben wirklich harnbereitende Organe sind, und entsteht zugleich die fernere Frage, welchen Antheil dieselben an der Bildung der Flüssigkeit nehmen, welche die Allantois erfüllt. Die Allantoisflüssigkeit enthält, wie zuerstAllantoisflüssig- keit. beim Hühnchen sich hat nachweisen lassen, Harnsäure und zu einer gewissen Zeit auch Harnstoff; die der Säugethiere führt ebenfalls Substanzen, die als Harnbestandtheile bezeichnet werden können, und hat man in ihr das sogenannte "Allantoin" und dann auch Harnstoff gefunden. Ausserdem enthält dieselbe auch Zucker (Ber- nard, Majewski) und Eiweiss. Nach Majewski enthält die immer alkalische Allantoisflüssigkeit älterer Kalbsembryonen (von 21--27 Wochen) 96,16 Wasser und 3,84 feste Substanz. Davon sind 2,76 organische Materie und von dieser 0,64 Traubenzucker und 0,85 Harnstoff. Diesem zufolge könnte man auf den Gedanken kom- men, die Allantois sei wirklich eine Art "Harnsack" und es stamme die gesammte Flüssigkeit derselben aus den Wolff'schen Körpern, allein diess hiesse wohl zu weit gehen, denn es ist nicht gedenkbar, dass die grosse Masse von Flüssigkeit, welche bei manchen Ge- schöpfen oft lange Zeit hindurch den Harnsack erfüllt, nichts An- deres sein sollte, als das Secret der kleinen und im Ganzen genom- men nur kurze Zeit bestehenden Wolff'schen Körper. Offenbar hat die Allantoisflüssigkeit noch eine andere Quelle und zwar erscheint es mir als das Wahrscheinlichste, dass sie zum grössten Theile aus den Gefässen der Wandungen der Allantois selbst stammt und nichts als eine Ausscheidung derselben ist. Ausserdem hat man auch an ein Eindringen der Flüssigkeit von Aussen, d. h. vom Uterus her gedacht, welche Vermuthung jedoch kaum begründet sein möchte. Ich wende mich nun, meine Herren, zur Betrachtung der wei-Gestaltung des 8*
Urnieren. moniak und harnsaurem Natron wahrscheinlich gemacht. Diesemzufolge nun und wegen der vollkommenen Uebereinstimmung der Wolff’schen Körper mit den ächten Nieren in der feineren Structur kann nicht bezweifelt werden, dass dieselben wirklich harnbereitende Organe sind, und entsteht zugleich die fernere Frage, welchen Antheil dieselben an der Bildung der Flüssigkeit nehmen, welche die Allantois erfüllt. Die Allantoisflüssigkeit enthält, wie zuerstAllantoisflüssig- keit. beim Hühnchen sich hat nachweisen lassen, Harnsäure und zu einer gewissen Zeit auch Harnstoff; die der Säugethiere führt ebenfalls Substanzen, die als Harnbestandtheile bezeichnet werden können, und hat man in ihr das sogenannte »Allantoin« und dann auch Harnstoff gefunden. Ausserdem enthält dieselbe auch Zucker (Ber- nard, Majewski) und Eiweiss. Nach Majewski enthält die immer alkalische Allantoisflüssigkeit älterer Kalbsembryonen (von 21—27 Wochen) 96,16 Wasser und 3,84 feste Substanz. Davon sind 2,76 organische Materie und von dieser 0,64 Traubenzucker und 0,85 Harnstoff. Diesem zufolge könnte man auf den Gedanken kom- men, die Allantois sei wirklich eine Art »Harnsack« und es stamme die gesammte Flüssigkeit derselben aus den Wolff’schen Körpern, allein diess hiesse wohl zu weit gehen, denn es ist nicht gedenkbar, dass die grosse Masse von Flüssigkeit, welche bei manchen Ge- schöpfen oft lange Zeit hindurch den Harnsack erfüllt, nichts An- deres sein sollte, als das Secret der kleinen und im Ganzen genom- men nur kurze Zeit bestehenden Wolff’schen Körper. Offenbar hat die Allantoisflüssigkeit noch eine andere Quelle und zwar erscheint es mir als das Wahrscheinlichste, dass sie zum grössten Theile aus den Gefässen der Wandungen der Allantois selbst stammt und nichts als eine Ausscheidung derselben ist. Ausserdem hat man auch an ein Eindringen der Flüssigkeit von Aussen, d. h. vom Uterus her gedacht, welche Vermuthung jedoch kaum begründet sein möchte. Ich wende mich nun, meine Herren, zur Betrachtung der wei-Gestaltung des 8*
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Urnieren.
moniak und harnsaurem Natron wahrscheinlich gemacht. Diesem
zufolge nun und wegen der vollkommenen Uebereinstimmung der
Wolff’schen Körper mit den ächten Nieren in der feineren Structur kann
nicht bezweifelt werden, dass dieselben wirklich harnbereitende
Organe sind, und entsteht zugleich die fernere Frage, welchen
Antheil dieselben an der Bildung der Flüssigkeit nehmen, welche die
Allantois erfüllt. Die Allantoisflüssigkeit enthält, wie zuerst
beim Hühnchen sich hat nachweisen lassen, Harnsäure und zu einer
gewissen Zeit auch Harnstoff; die der Säugethiere führt ebenfalls
Substanzen, die als Harnbestandtheile bezeichnet werden können,
und hat man in ihr das sogenannte »Allantoin« und dann auch
Harnstoff gefunden. Ausserdem enthält dieselbe auch Zucker (Ber-
nard, Majewski) und Eiweiss. Nach Majewski enthält die immer
alkalische Allantoisflüssigkeit älterer Kalbsembryonen (von 21—27
Wochen) 96,16 Wasser und 3,84 feste Substanz. Davon sind
2,76 organische Materie und von dieser 0,64 Traubenzucker und
0,85 Harnstoff. Diesem zufolge könnte man auf den Gedanken kom-
men, die Allantois sei wirklich eine Art »Harnsack« und es stamme
die gesammte Flüssigkeit derselben aus den Wolff’schen Körpern,
allein diess hiesse wohl zu weit gehen, denn es ist nicht gedenkbar,
dass die grosse Masse von Flüssigkeit, welche bei manchen Ge-
schöpfen oft lange Zeit hindurch den Harnsack erfüllt, nichts An-
deres sein sollte, als das Secret der kleinen und im Ganzen genom-
men nur kurze Zeit bestehenden Wolff’schen Körper. Offenbar hat
die Allantoisflüssigkeit noch eine andere Quelle und zwar erscheint
es mir als das Wahrscheinlichste, dass sie zum grössten Theile aus
den Gefässen der Wandungen der Allantois selbst stammt und nichts
als eine Ausscheidung derselben ist. Ausserdem hat man auch an
ein Eindringen der Flüssigkeit von Aussen, d. h. vom Uterus her
gedacht, welche Vermuthung jedoch kaum begründet sein möchte.
Allantoisflüssig-
keit.
Ich wende mich nun, meine Herren, zur Betrachtung der wei-
teren Veränderungen, welche der Säugethierembryo erleidet, nach-
dem die Allantois und die Wolff’schen Körper gebildet sind, Ver-
änderungen, die denselben nun bald in seine typische Form über-
führen. — Wie Sie sich erinnern werden, ist der Säugethierembryo
in der Gestalt, die Sie bisher kennen gelernt haben, äusserst ein-
fach und stellt ein schiff- oder kahnförmiges Gebilde dar, an wel-
chem sich vorn eine grössere und am hintern Ende eine kleinere
Höhle findet, während in der Mitte der Leib weit offen und rinnen-
Gestaltung des
Säugethierem-
bryo nach dem
Auftreten der
Allantois.
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