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Koch, Konrad: Die Schulspiele in Braunschweig. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Über Jugend- und Volksspiele. Jahrbuch des Zentralausschusses zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland. 2. Jahrgang. Leipzig, 1893. S. 15-19.

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der Spiele und bei der Leitung derselben. Als später durch die wohl-
wollende Förderung der Behörden und der Direktoren der Spielbetrieb
sich nach und nach immer mehr erweiterte und eine feste Schuleinrichtung
daraus wurde, mußte freilich eine bestimmte Spielordnung eingeführt
werden, doch beschränkte sich diese auf die notwendigsten Bestimmungen
und zog die Schüler selbst wieder mit zur Leitung und Aufsicht heran.
Es ward dabei streng nach dem Grundsatze verfahren, daß wie in der
alten Jahn'schen Turngemeinde, so auf dem Spielplatz den Schülern
möglichste Selbstregierung gewahrt werden sollte. So erfolgt z. B. gleich
die Einteilung der ganzen Schülerschar in die einzelnen Abteilungen beim
Spielen zu Anfang des Sommers ganz durch freie Wahl in den ein-
zelnen Klassen, die sich auch die Kaiser und Anmänner frei wählen dürfen.
Vom Rechte der Genehmigung durch den Aufsicht führenden Lehrer braucht
kaum je Gebrauch gemacht zu werden. Ebenso bleibt die Wahl der zu
übenden Spiele innerhalb der durch die äußeren Umstände gebotenen
Beschränkungen den einzelnen Abteilungen überlassen, die sich auch am
ersten Tage ihren Spielplatz aussuchen dürfen, an den sie aber dann
für den Sommer gebunden sind.

Schon Mancher, der sich sonst von Herzen der Wiederbelebung
kräftiger Spiele der Jugend gefreut hat, ist nicht recht einverstanden damit
gewesen, daß hier die alten deutschen Spiele seiner Jugendzeit vernach-
lässigt werden, und statt deren englische Spiele eingetreten sind. Nach
dem Maße der Freiheit, das die Jugend auf unserem Spielplatze genießt,
wird Niemand auf die Vermutung kommen können, als hätten wir die
fremdländischen Spiele ihr irgend aufgezwungen. Die Sache verhält sich
genau umgekehrt, wenigstens was Cricket angeht. Es waren in früheren
Jahrzehnten an anderen Orten manche Versuche, dieses Spiel auf
deutschem Boden heimisch zu machen, so kläglich gescheitert, daß Jemand,
der davon wußte, gar nicht daran denken konnte, hier einen neuen Versuch
damit zu wagen. Aber siehe da, ein junger Engländer, der damals unser
Gymnasium besuchte, brachte ohne vorherige Erlaubnis eines Tages eine
halbe Stunde vor dem eigentlichen Beginn der Schulspiele seine eigenen
Spielgeräte auf den Platz, und als der die Aufsicht führende Lehrer erschien,
fand er zu seiner nicht geringen Überraschung das Spiel schon im besten
Gange. Freilich waren die Spieler, die jener im Cricket einübte, vorher
durch andere Ballspiele, namentlich durch Kaiserball (Schlagball), im
Schlagen, Werfen und Fangen des Balls sicher geworden. So ging es
mit der Einführung des Crickets. Wer aber Fußball kennt, weiß aus
eigener Erfahrung, daß dazu tüchtige Jungen nicht im geringsten gezwungen

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der Spiele und bei der Leitung derselben. Als später durch die wohl-
wollende Förderung der Behörden und der Direktoren der Spielbetrieb
sich nach und nach immer mehr erweiterte und eine feste Schuleinrichtung
daraus wurde, mußte freilich eine bestimmte Spielordnung eingeführt
werden, doch beschränkte sich diese auf die notwendigsten Bestimmungen
und zog die Schüler selbst wieder mit zur Leitung und Aufsicht heran.
Es ward dabei streng nach dem Grundsatze verfahren, daß wie in der
alten Jahn’schen Turngemeinde, so auf dem Spielplatz den Schülern
möglichste Selbstregierung gewahrt werden sollte. So erfolgt z. B. gleich
die Einteilung der ganzen Schülerschar in die einzelnen Abteilungen beim
Spielen zu Anfang des Sommers ganz durch freie Wahl in den ein-
zelnen Klassen, die sich auch die Kaiser und Anmänner frei wählen dürfen.
Vom Rechte der Genehmigung durch den Aufsicht führenden Lehrer braucht
kaum je Gebrauch gemacht zu werden. Ebenso bleibt die Wahl der zu
übenden Spiele innerhalb der durch die äußeren Umstände gebotenen
Beschränkungen den einzelnen Abteilungen überlassen, die sich auch am
ersten Tage ihren Spielplatz aussuchen dürfen, an den sie aber dann
für den Sommer gebunden sind.

Schon Mancher, der sich sonst von Herzen der Wiederbelebung
kräftiger Spiele der Jugend gefreut hat, ist nicht recht einverstanden damit
gewesen, daß hier die alten deutschen Spiele seiner Jugendzeit vernach-
lässigt werden, und statt deren englische Spiele eingetreten sind. Nach
dem Maße der Freiheit, das die Jugend auf unserem Spielplatze genießt,
wird Niemand auf die Vermutung kommen können, als hätten wir die
fremdländischen Spiele ihr irgend aufgezwungen. Die Sache verhält sich
genau umgekehrt, wenigstens was Cricket angeht. Es waren in früheren
Jahrzehnten an anderen Orten manche Versuche, dieses Spiel auf
deutschem Boden heimisch zu machen, so kläglich gescheitert, daß Jemand,
der davon wußte, gar nicht daran denken konnte, hier einen neuen Versuch
damit zu wagen. Aber siehe da, ein junger Engländer, der damals unser
Gymnasium besuchte, brachte ohne vorherige Erlaubnis eines Tages eine
halbe Stunde vor dem eigentlichen Beginn der Schulspiele seine eigenen
Spielgeräte auf den Platz, und als der die Aufsicht führende Lehrer erschien,
fand er zu seiner nicht geringen Überraschung das Spiel schon im besten
Gange. Freilich waren die Spieler, die jener im Cricket einübte, vorher
durch andere Ballspiele, namentlich durch Kaiserball (Schlagball), im
Schlagen, Werfen und Fangen des Balls sicher geworden. So ging es
mit der Einführung des Crickets. Wer aber Fußball kennt, weiß aus
eigener Erfahrung, daß dazu tüchtige Jungen nicht im geringsten gezwungen

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[17/0004] der Spiele und bei der Leitung derselben. Als später durch die wohl- wollende Förderung der Behörden und der Direktoren der Spielbetrieb sich nach und nach immer mehr erweiterte und eine feste Schuleinrichtung daraus wurde, mußte freilich eine bestimmte Spielordnung eingeführt werden, doch beschränkte sich diese auf die notwendigsten Bestimmungen und zog die Schüler selbst wieder mit zur Leitung und Aufsicht heran. Es ward dabei streng nach dem Grundsatze verfahren, daß wie in der alten Jahn’schen Turngemeinde, so auf dem Spielplatz den Schülern möglichste Selbstregierung gewahrt werden sollte. So erfolgt z. B. gleich die Einteilung der ganzen Schülerschar in die einzelnen Abteilungen beim Spielen zu Anfang des Sommers ganz durch freie Wahl in den ein- zelnen Klassen, die sich auch die Kaiser und Anmänner frei wählen dürfen. Vom Rechte der Genehmigung durch den Aufsicht führenden Lehrer braucht kaum je Gebrauch gemacht zu werden. Ebenso bleibt die Wahl der zu übenden Spiele innerhalb der durch die äußeren Umstände gebotenen Beschränkungen den einzelnen Abteilungen überlassen, die sich auch am ersten Tage ihren Spielplatz aussuchen dürfen, an den sie aber dann für den Sommer gebunden sind. Schon Mancher, der sich sonst von Herzen der Wiederbelebung kräftiger Spiele der Jugend gefreut hat, ist nicht recht einverstanden damit gewesen, daß hier die alten deutschen Spiele seiner Jugendzeit vernach- lässigt werden, und statt deren englische Spiele eingetreten sind. Nach dem Maße der Freiheit, das die Jugend auf unserem Spielplatze genießt, wird Niemand auf die Vermutung kommen können, als hätten wir die fremdländischen Spiele ihr irgend aufgezwungen. Die Sache verhält sich genau umgekehrt, wenigstens was Cricket angeht. Es waren in früheren Jahrzehnten an anderen Orten manche Versuche, dieses Spiel auf deutschem Boden heimisch zu machen, so kläglich gescheitert, daß Jemand, der davon wußte, gar nicht daran denken konnte, hier einen neuen Versuch damit zu wagen. Aber siehe da, ein junger Engländer, der damals unser Gymnasium besuchte, brachte ohne vorherige Erlaubnis eines Tages eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Beginn der Schulspiele seine eigenen Spielgeräte auf den Platz, und als der die Aufsicht führende Lehrer erschien, fand er zu seiner nicht geringen Überraschung das Spiel schon im besten Gange. Freilich waren die Spieler, die jener im Cricket einübte, vorher durch andere Ballspiele, namentlich durch Kaiserball (Schlagball), im Schlagen, Werfen und Fangen des Balls sicher geworden. So ging es mit der Einführung des Crickets. Wer aber Fußball kennt, weiß aus eigener Erfahrung, daß dazu tüchtige Jungen nicht im geringsten gezwungen Jugend- und Volksspiele II. 2

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Zitationshilfe: Koch, Konrad: Die Schulspiele in Braunschweig. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Über Jugend- und Volksspiele. Jahrbuch des Zentralausschusses zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland. 2. Jahrgang. Leipzig, 1893. S. 15-19, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_schulspiele_1893/4>, abgerufen am 23.11.2024.