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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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Augen herabsinken, und ihr werdet die Bulerin
höher schäzzen, die durch verschiedene Wege euch
zu bestrikken, und hundert Arten von Gunstbe-
zeugungen zu verschwenden weis, ehe sie euch die
höchste bewilligt. Gesezt nun, euch fesselt blos
die Schönheit, und die Stillung des thierischen
Jnstinkts an ein Geschöpf, und ihr knüpfet ehe-
liche Bande mit demselben, wie lange wird die
Glut dauern, mit der ihr an ihren Blikken hängt?
sobald ihr eure Triebe bis zur Erschlaffung gesät-
tigt, so werdet ihr sie verachten, und zur an-
dern eilen.

Dies also zugestanden, so folgt der Schlus,
daß blos körperliche Schönheit, ohne Schönheit
der Seele, ohne Bildung des Verstandes eine
Blume ist, die bald von der Hizze versengt, vom
Nord zerknikt wird. Doch ich breche von dieser
Materie ab, von der ich wünschte, daß sie El-
tern beherzigen möchten; und deshalb werde ich
ohne Entschuldigung über diese Episode, zum
Verfolg meiner Geschichte eilen. -- --

Julie befand sich in einem Alter von achtzehn
Jahren, geziert mit allen Reizen einer blühenden
Jugend, -- geziert mit hervorstechenden Eigen-
schaften der Seele; Sie erschien in dem grossen

Augen herabſinken, und ihr werdet die Bulerin
hoͤher ſchaͤzzen, die durch verſchiedene Wege euch
zu beſtrikken, und hundert Arten von Gunſtbe-
zeugungen zu verſchwenden weis, ehe ſie euch die
hoͤchſte bewilligt. Geſezt nun, euch feſſelt blos
die Schoͤnheit, und die Stillung des thieriſchen
Jnſtinkts an ein Geſchoͤpf, und ihr knuͤpfet ehe-
liche Bande mit demſelben, wie lange wird die
Glut dauern, mit der ihr an ihren Blikken haͤngt?
ſobald ihr eure Triebe bis zur Erſchlaffung geſaͤt-
tigt, ſo werdet ihr ſie verachten, und zur an-
dern eilen.

Dies alſo zugeſtanden, ſo folgt der Schlus,
daß blos koͤrperliche Schoͤnheit, ohne Schoͤnheit
der Seele, ohne Bildung des Verſtandes eine
Blume iſt, die bald von der Hizze verſengt, vom
Nord zerknikt wird. Doch ich breche von dieſer
Materie ab, von der ich wuͤnſchte, daß ſie El-
tern beherzigen moͤchten; und deshalb werde ich
ohne Entſchuldigung uͤber dieſe Epiſode, zum
Verfolg meiner Geſchichte eilen. — —

Julie befand ſich in einem Alter von achtzehn
Jahren, geziert mit allen Reizen einer bluͤhenden
Jugend, — geziert mit hervorſtechenden Eigen-
ſchaften der Seele; Sie erſchien in dem groſſen

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[79/0087] Augen herabſinken, und ihr werdet die Bulerin hoͤher ſchaͤzzen, die durch verſchiedene Wege euch zu beſtrikken, und hundert Arten von Gunſtbe- zeugungen zu verſchwenden weis, ehe ſie euch die hoͤchſte bewilligt. Geſezt nun, euch feſſelt blos die Schoͤnheit, und die Stillung des thieriſchen Jnſtinkts an ein Geſchoͤpf, und ihr knuͤpfet ehe- liche Bande mit demſelben, wie lange wird die Glut dauern, mit der ihr an ihren Blikken haͤngt? ſobald ihr eure Triebe bis zur Erſchlaffung geſaͤt- tigt, ſo werdet ihr ſie verachten, und zur an- dern eilen. Dies alſo zugeſtanden, ſo folgt der Schlus, daß blos koͤrperliche Schoͤnheit, ohne Schoͤnheit der Seele, ohne Bildung des Verſtandes eine Blume iſt, die bald von der Hizze verſengt, vom Nord zerknikt wird. Doch ich breche von dieſer Materie ab, von der ich wuͤnſchte, daß ſie El- tern beherzigen moͤchten; und deshalb werde ich ohne Entſchuldigung uͤber dieſe Epiſode, zum Verfolg meiner Geſchichte eilen. — — Julie befand ſich in einem Alter von achtzehn Jahren, geziert mit allen Reizen einer bluͤhenden Jugend, — geziert mit hervorſtechenden Eigen- ſchaften der Seele; Sie erſchien in dem groſſen

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/87>, abgerufen am 23.11.2024.