gen, die ihr umherschleicht schuldlose Herzen zu berükken, und Gottes Meisterstükke zu zerstören, die ihr mit frecher Stimme auf öffentlicher Büh- ne ausruft -- auch die hab' ich betrogen!
Caroline ward das Opfer eines Bösewichts. -- Er führte sie auf einen Ball, nuzte den Rausch am Vergnügen, und wußte durch Girren und Lokken die schüchterne Scham einzuwiegen, und sie im ohnmächtigen Schlummer zu fesseln.
Jhr Blut war in glühender Wallung, es kreißte sich in den erhizten Adern, zukte in jeder Nerve, schlug verdoppelt in jedem Pulse -- der Verräter lauerte wie der Falke und haschte den Raub -- ein unglüklicher Augenblik, und Ca- roline ward die Beute der listigen Ueberredung. Wenn höhere Geister, berufen zu Schuzengeln der Menschheit, Tränen über den Fall guter Menschen vergiessen, so flossen sie gewis über ihren Fall, und der Genius ihrer Unschuld entfloh zur Kanzelei des Himmels, und schrieb mit glühender Schrift den Namen des Verräters nieder. Caroline fiel -- wie viele sind gefallen, die das nicht sind, was sie war! die nicht die Stärke des Geistes, die Grösse der Seele haben -- wie viele sind vom Tanz erhizt, vom Wein
gen, die ihr umherſchleicht ſchuldloſe Herzen zu beruͤkken, und Gottes Meiſterſtuͤkke zu zerſtoͤren, die ihr mit frecher Stimme auf oͤffentlicher Buͤh- ne ausruft — auch die hab’ ich betrogen!
Caroline ward das Opfer eines Boͤſewichts. — Er fuͤhrte ſie auf einen Ball, nuzte den Rauſch am Vergnuͤgen, und wußte durch Girren und Lokken die ſchuͤchterne Scham einzuwiegen, und ſie im ohnmaͤchtigen Schlummer zu feſſeln.
Jhr Blut war in gluͤhender Wallung, es kreißte ſich in den erhizten Adern, zukte in jeder Nerve, ſchlug verdoppelt in jedem Pulſe — der Verraͤter lauerte wie der Falke und haſchte den Raub — ein ungluͤklicher Augenblik, und Ca- roline ward die Beute der liſtigen Ueberredung. Wenn hoͤhere Geiſter, berufen zu Schuzengeln der Menſchheit, Traͤnen uͤber den Fall guter Menſchen vergieſſen, ſo floſſen ſie gewis uͤber ihren Fall, und der Genius ihrer Unſchuld entfloh zur Kanzelei des Himmels, und ſchrieb mit gluͤhender Schrift den Namen des Verraͤters nieder. Caroline fiel — wie viele ſind gefallen, die das nicht ſind, was ſie war! die nicht die Staͤrke des Geiſtes, die Groͤſſe der Seele haben — wie viele ſind vom Tanz erhizt, vom Wein
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gen, die ihr umherſchleicht ſchuldloſe Herzen zu
beruͤkken, und Gottes Meiſterſtuͤkke zu zerſtoͤren,
die ihr mit frecher Stimme auf oͤffentlicher Buͤh-
ne ausruft — auch die hab’ ich betrogen!
Caroline ward das Opfer eines Boͤſewichts.
— Er fuͤhrte ſie auf einen Ball, nuzte den
Rauſch am Vergnuͤgen, und wußte durch Girren
und Lokken die ſchuͤchterne Scham einzuwiegen,
und ſie im ohnmaͤchtigen Schlummer zu feſſeln.
Jhr Blut war in gluͤhender Wallung, es
kreißte ſich in den erhizten Adern, zukte in jeder
Nerve, ſchlug verdoppelt in jedem Pulſe — der
Verraͤter lauerte wie der Falke und haſchte den
Raub — ein ungluͤklicher Augenblik, und Ca-
roline ward die Beute der liſtigen Ueberredung.
Wenn hoͤhere Geiſter, berufen zu Schuzengeln
der Menſchheit, Traͤnen uͤber den Fall guter
Menſchen vergieſſen, ſo floſſen ſie gewis uͤber
ihren Fall, und der Genius ihrer Unſchuld
entfloh zur Kanzelei des Himmels, und ſchrieb
mit gluͤhender Schrift den Namen des Verraͤters
nieder. Caroline fiel — wie viele ſind gefallen,
die das nicht ſind, was ſie war! die nicht die
Staͤrke des Geiſtes, die Groͤſſe der Seele haben
— wie viele ſind vom Tanz erhizt, vom Wein
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/69>, abgerufen am 17.02.2025.
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