Schwer wurde es ihm nicht, eine Person zu finden. Er fand sie, aber kein Fünkchen des Edelmuts seiner ersten Gattin glimmte in ihrem Herzen, nur Stolz nnd Eitelkeit waren die Thorsteher, die den Eingang zu ihrem Herzen verschlossen hiel- ten, wer diesen reichliche Opfer spendete, der ward eingelassen. Sparsamkeit und häusli- che Ordnung entflohn, sobald sie die Schwelle des Hauses betrat, Schwelgerei und Unord- nung traten an deren Stelle. Caroline hatte den neunzehnten Frühling begrüßt -- hatte still und eingezogen ein Leben voll Unschuld und Tu- gend verlebt, fand kein Wolgefallen an den schwelgrischen Festen der Welt, sondern theilte ihre Zeit unter häuslichen Geschäften, und den geistreichen Schriften der Weisen unsers Zeit- alters.
Jhre neue Mutter fand diese Lebensart zu pe- dantisch -- zu romanhaft -- sie verschloß alle Bücher, französische Moden traten an deren Stelle. Nun betrat Caroline die große Welt, nicht mehr das stille, sittsame Mädchen im weissen Gewande der Unschuld -- nicht mehr die Schäferin der Flur, die den Aufgang der Son- ne begrüßte und ihren Niedergang geleitete --
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Schwer wurde es ihm nicht, eine Perſon zu finden. Er fand ſie, aber kein Fuͤnkchen des Edelmuts ſeiner erſten Gattin glimmte in ihrem Herzen, nur Stolz nnd Eitelkeit waren die Thorſteher, die den Eingang zu ihrem Herzen verſchloſſen hiel- ten, wer dieſen reichliche Opfer ſpendete, der ward eingelaſſen. Sparſamkeit und haͤusli- che Ordnung entflohn, ſobald ſie die Schwelle des Hauſes betrat, Schwelgerei und Unord- nung traten an deren Stelle. Caroline hatte den neunzehnten Fruͤhling begruͤßt — hatte ſtill und eingezogen ein Leben voll Unſchuld und Tu- gend verlebt, fand kein Wolgefallen an den ſchwelgriſchen Feſten der Welt, ſondern theilte ihre Zeit unter haͤuslichen Geſchaͤften, und den geiſtreichen Schriften der Weiſen unſers Zeit- alters.
Jhre neue Mutter fand dieſe Lebensart zu pe- dantiſch — zu romanhaft — ſie verſchloß alle Buͤcher, franzoͤſiſche Moden traten an deren Stelle. Nun betrat Caroline die große Welt, nicht mehr das ſtille, ſittſame Maͤdchen im weiſſen Gewande der Unſchuld — nicht mehr die Schaͤferin der Flur, die den Aufgang der Son- ne begruͤßte und ihren Niedergang geleitete —
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Schwer wurde es ihm nicht, eine Perſon zu finden.
Er fand ſie, aber kein Fuͤnkchen des Edelmuts
ſeiner erſten Gattin glimmte in ihrem Herzen,
nur Stolz nnd Eitelkeit waren die Thorſteher,
die den Eingang zu ihrem Herzen verſchloſſen hiel-
ten, wer dieſen reichliche Opfer ſpendete, der
ward eingelaſſen. Sparſamkeit und haͤusli-
che Ordnung entflohn, ſobald ſie die Schwelle
des Hauſes betrat, Schwelgerei und Unord-
nung traten an deren Stelle. Caroline hatte
den neunzehnten Fruͤhling begruͤßt — hatte ſtill
und eingezogen ein Leben voll Unſchuld und Tu-
gend verlebt, fand kein Wolgefallen an den
ſchwelgriſchen Feſten der Welt, ſondern theilte
ihre Zeit unter haͤuslichen Geſchaͤften, und den
geiſtreichen Schriften der Weiſen unſers Zeit-
alters.
Jhre neue Mutter fand dieſe Lebensart zu pe-
dantiſch — zu romanhaft — ſie verſchloß alle
Buͤcher, franzoͤſiſche Moden traten an deren
Stelle. Nun betrat Caroline die große Welt,
nicht mehr das ſtille, ſittſame Maͤdchen im
weiſſen Gewande der Unſchuld — nicht mehr die
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/63>, abgerufen am 05.07.2024.
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