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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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schlang sie die Schriften der Weisen unsers Zeit-
alters, und lernte Klugheit aus ihren Beispielen,
und Weisheit für den Verstand und das Herz. --

So war das Mädchen der Seele nach, so
war sie die Bewunderung unsers Geschlechts --
der Neid ihrer Gespielinnen -- Was soll ich sa-
gen von der Schönheit ihres Körpers? -- wo
soll ich die Farben finden, um dem Gemälde das
reizende Kolorit zu geben, das es erheischt; die
Anmut in jedem Zuge! den Blik voll Sanftmut
und stillen Adels hinzu zeichnen, daß der Kenner
es sehe, staune, und bekenne: nie fand ich so
viel Schönheit!
-- Selbst einem Paracelsus
würde der meisterhafte Pinsel entsinken -- Er
braucht nicht erst nach Florenz zur medicei-
schen Venus
zu wallfarten, um ein Jdeal der
Schönheit zu entwerfen. -- Es war hier -- Ca-
roline
war's -- sie wandelte unter dem Flor
der Tausendschön und Rosen, und man achtete
der Kinder Florens nicht, denn sie war die schön-
ste Blume in Gottes Garten. Jhr Körper war
das höchste Jdeal griechischer Schönheit -- der
feinste Wettstreit zwischen Natur und Kunst!!
Die schaffende Natur mußte alles Grosse und
Schöne hervorgesucht haben, um es in ein

ſchlang ſie die Schriften der Weiſen unſers Zeit-
alters, und lernte Klugheit aus ihren Beiſpielen,
und Weisheit fuͤr den Verſtand und das Herz. —

So war das Maͤdchen der Seele nach, ſo
war ſie die Bewunderung unſers Geſchlechts —
der Neid ihrer Geſpielinnen — Was ſoll ich ſa-
gen von der Schoͤnheit ihres Koͤrpers? — wo
ſoll ich die Farben finden, um dem Gemaͤlde das
reizende Kolorit zu geben, das es erheiſcht; die
Anmut in jedem Zuge! den Blik voll Sanftmut
und ſtillen Adels hinzu zeichnen, daß der Kenner
es ſehe, ſtaune, und bekenne: nie fand ich ſo
viel Schoͤnheit!
— Selbſt einem Paracelſus
wuͤrde der meiſterhafte Pinſel entſinken — Er
braucht nicht erſt nach Florenz zur medicei-
ſchen Venus
zu wallfarten, um ein Jdeal der
Schoͤnheit zu entwerfen. — Es war hier — Ca-
roline
war’s — ſie wandelte unter dem Flor
der Tauſendſchoͤn und Roſen, und man achtete
der Kinder Florens nicht, denn ſie war die ſchoͤn-
ſte Blume in Gottes Garten. Jhr Koͤrper war
das hoͤchſte Jdeal griechiſcher Schoͤnheit — der
feinſte Wettſtreit zwiſchen Natur und Kunſt!!
Die ſchaffende Natur mußte alles Groſſe und
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[52/0060] ſchlang ſie die Schriften der Weiſen unſers Zeit- alters, und lernte Klugheit aus ihren Beiſpielen, und Weisheit fuͤr den Verſtand und das Herz. — So war das Maͤdchen der Seele nach, ſo war ſie die Bewunderung unſers Geſchlechts — der Neid ihrer Geſpielinnen — Was ſoll ich ſa- gen von der Schoͤnheit ihres Koͤrpers? — wo ſoll ich die Farben finden, um dem Gemaͤlde das reizende Kolorit zu geben, das es erheiſcht; die Anmut in jedem Zuge! den Blik voll Sanftmut und ſtillen Adels hinzu zeichnen, daß der Kenner es ſehe, ſtaune, und bekenne: nie fand ich ſo viel Schoͤnheit! — Selbſt einem Paracelſus wuͤrde der meiſterhafte Pinſel entſinken — Er braucht nicht erſt nach Florenz zur medicei- ſchen Venus zu wallfarten, um ein Jdeal der Schoͤnheit zu entwerfen. — Es war hier — Ca- roline war’s — ſie wandelte unter dem Flor der Tauſendſchoͤn und Roſen, und man achtete der Kinder Florens nicht, denn ſie war die ſchoͤn- ſte Blume in Gottes Garten. Jhr Koͤrper war das hoͤchſte Jdeal griechiſcher Schoͤnheit — der feinſte Wettſtreit zwiſchen Natur und Kunſt!! Die ſchaffende Natur mußte alles Groſſe und Schoͤne hervorgeſucht haben, um es in ein

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/60>, abgerufen am 23.11.2024.