Lebenssäfte -- was half mir meine Befreiung, davon ich keinen Gebrauch mehr machen konnte? Was ward mir für ein elender Ersaz? nichts, als ein kaltes Bedauren, und der Trost, geht und erbettelt euch Allmosen, und sterbt elend und verachtet! Jch bat um ein kleines Amt, das mir ein notdürftiges Auskommen verschaffte, und die Antwort ward mir, "es sei keines offen, und derer wären viele, die Anwart- schaft darauf hätten". Hiemit, und mit einigen Groschen, die man mir zuwarf, und ein Blatt Papier, das meine Unschuld bekundigte, ließ man mich laufen, so weit mich meine Füsse tra- gen wollten. Schon sieben Jahre bin ich so von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf herum ge- wandert, habe alle Klassen des Elends durchlau- fen, und bin so bekannt mit demselben geworden, daß ich nichts mehr zu fürchten habe. Ost hab ich unter Gottes freien Himmel mein Bette auf- geschlagen, und es war doch immer Wolthat, daß ich meine matten Glieder durch einen sanften Schlaf erquikken konnte; oft sank ich auch er- schöpft auf der Heerstrasse nieder, und glaubte, nun wäre das Ende meiner Leiden da, aber da erwekte der Vater dort oben eine mitleidige
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Lebensſaͤfte — was half mir meine Befreiung, davon ich keinen Gebrauch mehr machen konnte? Was ward mir fuͤr ein elender Erſaz? nichts, als ein kaltes Bedauren, und der Troſt, geht und erbettelt euch Allmoſen, und ſterbt elend und verachtet! Jch bat um ein kleines Amt, das mir ein notduͤrftiges Auskommen verſchaffte, und die Antwort ward mir, „es ſei keines offen, und derer waͤren viele, die Anwart- ſchaft darauf haͤtten‟. Hiemit, und mit einigen Groſchen, die man mir zuwarf, und ein Blatt Papier, das meine Unſchuld bekundigte, ließ man mich laufen, ſo weit mich meine Fuͤſſe tra- gen wollten. Schon ſieben Jahre bin ich ſo von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf herum ge- wandert, habe alle Klaſſen des Elends durchlau- fen, und bin ſo bekannt mit demſelben geworden, daß ich nichts mehr zu fuͤrchten habe. Oſt hab ich unter Gottes freien Himmel mein Bette auf- geſchlagen, und es war doch immer Wolthat, daß ich meine matten Glieder durch einen ſanften Schlaf erquikken konnte; oft ſank ich auch er- ſchoͤpft auf der Heerſtraſſe nieder, und glaubte, nun waͤre das Ende meiner Leiden da, aber da erwekte der Vater dort oben eine mitleidige
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Lebensſaͤfte — was half mir meine Befreiung,
davon ich keinen Gebrauch mehr machen konnte?
Was ward mir fuͤr ein elender Erſaz? nichts,
als ein kaltes Bedauren, und der Troſt, geht
und erbettelt euch Allmoſen, und ſterbt
elend und verachtet! Jch bat um ein kleines
Amt, das mir ein notduͤrftiges Auskommen
verſchaffte, und die Antwort ward mir, „es ſei
keines offen, und derer waͤren viele, die Anwart-
ſchaft darauf haͤtten‟. Hiemit, und mit einigen
Groſchen, die man mir zuwarf, und ein Blatt
Papier, das meine Unſchuld bekundigte, ließ
man mich laufen, ſo weit mich meine Fuͤſſe tra-
gen wollten. Schon ſieben Jahre bin ich ſo von
Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf herum ge-
wandert, habe alle Klaſſen des Elends durchlau-
fen, und bin ſo bekannt mit demſelben geworden,
daß ich nichts mehr zu fuͤrchten habe. Oſt hab
ich unter Gottes freien Himmel mein Bette auf-
geſchlagen, und es war doch immer Wolthat,
daß ich meine matten Glieder durch einen ſanften
Schlaf erquikken konnte; oft ſank ich auch er-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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