Farbe der Gesundheit kehrte wieder zurük. Aber mit dem Tode meines Wolthäters öffnete sich auch wieder eine neue Szene des Elends für mich. Sein Nachfolger war ein harter Mann, der mir nie günstig gewesen, und meiner Reschaffenheit geschont hatte. Erst versuchte er's, mich um mei- nen Dienst zu bringen, und mich einer Nachlässig- keit zu beschuldigen, aber es fehlte ihm an Be- weisen, und ich hatte bei allen das Lob eines redlichen und fleissigen Mannes. Zulezt gebrauchte er ein anderes Mittel, mich unglüklich zu machen, und das gelang ihm. Man vermißte eine ansehn- liche Summe bei der Kasse, und da ich selbige wegen meiner Geschäfte immer zulezt verlassen mußte, so fiel der Verdacht auf mich zurük. Die Verbesserung meiner Umstände machte dis mut- maßlich; mein Vorgesezter nuzte dieses, ich ward sogleich eingezogen, und in ein dumpfes Gewölbe geworfen. Man durchsuchte meine Effekten, und fand einen Beutel mit 200 Stük Dukaten (so man in mein Zimmer durch einen erkauften Mietling geworfen hatte). Mein Feind bekannte sie als ein Drittel von dem, so der Kasse ent- wandt worden, man machte mir also den Pro- zeß. Jch war unschuldig, konnte also nichts ein-
Farbe der Geſundheit kehrte wieder zuruͤk. Aber mit dem Tode meines Wolthaͤters oͤffnete ſich auch wieder eine neue Szene des Elends fuͤr mich. Sein Nachfolger war ein harter Mann, der mir nie guͤnſtig geweſen, und meiner Reſchaffenheit geſchont hatte. Erſt verſuchte er’s, mich um mei- nen Dienſt zu bringen, und mich einer Nachlaͤſſig- keit zu beſchuldigen, aber es fehlte ihm an Be- weiſen, und ich hatte bei allen das Lob eines redlichen und fleiſſigen Mannes. Zulezt gebrauchte er ein anderes Mittel, mich ungluͤklich zu machen, und das gelang ihm. Man vermißte eine anſehn- liche Summe bei der Kaſſe, und da ich ſelbige wegen meiner Geſchaͤfte immer zulezt verlaſſen mußte, ſo fiel der Verdacht auf mich zuruͤk. Die Verbeſſerung meiner Umſtaͤnde machte dis mut- maßlich; mein Vorgeſezter nuzte dieſes, ich ward ſogleich eingezogen, und in ein dumpfes Gewoͤlbe geworfen. Man durchſuchte meine Effekten, und fand einen Beutel mit 200 Stuͤk Dukaten (ſo man in mein Zimmer durch einen erkauften Mietling geworfen hatte). Mein Feind bekannte ſie als ein Drittel von dem, ſo der Kaſſe ent- wandt worden, man machte mir alſo den Pro- zeß. Jch war unſchuldig, konnte alſo nichts ein-
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Farbe der Geſundheit kehrte wieder zuruͤk. Aber
mit dem Tode meines Wolthaͤters oͤffnete ſich
auch wieder eine neue Szene des Elends fuͤr mich.
Sein Nachfolger war ein harter Mann, der mir
nie guͤnſtig geweſen, und meiner Reſchaffenheit
geſchont hatte. Erſt verſuchte er’s, mich um mei-
nen Dienſt zu bringen, und mich einer Nachlaͤſſig-
keit zu beſchuldigen, aber es fehlte ihm an Be-
weiſen, und ich hatte bei allen das Lob eines
redlichen und fleiſſigen Mannes. Zulezt gebrauchte
er ein anderes Mittel, mich ungluͤklich zu machen,
und das gelang ihm. Man vermißte eine anſehn-
liche Summe bei der Kaſſe, und da ich ſelbige
wegen meiner Geſchaͤfte immer zulezt verlaſſen
mußte, ſo fiel der Verdacht auf mich zuruͤk. Die
Verbeſſerung meiner Umſtaͤnde machte dis mut-
maßlich; mein Vorgeſezter nuzte dieſes, ich ward
ſogleich eingezogen, und in ein dumpfes Gewoͤlbe
geworfen. Man durchſuchte meine Effekten, und
fand einen Beutel mit 200 Stuͤk Dukaten (ſo
man in mein Zimmer durch einen erkauften
Mietling geworfen hatte). Mein Feind bekannte
ſie als ein Drittel von dem, ſo der Kaſſe ent-
wandt worden, man machte mir alſo den Pro-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/291>, abgerufen am 25.11.2024.
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