unser Glaubensbekenntnis her, ohne zu wissen, was wir bekannt, was wir gelobt haben, was Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren sol- che Schriften Eingang bei uns finden, wenn wir sie mit heisser Begierde verschlingen, ohne sie genau zu prüfen, und die Trugschlüsse einer dunkeln Metaphysik von den wahren un- terscheiden.
Wie nun auf der einen Seite Unglauben und Spötterei über das heiligste und wichtigste der Religion uns mit despotischer Strenge be- herrschet, so bedrükt uns auf der andern Seite der Aberglauben mit seinen sklavischen Fesseln, und so wie wir auf der einen Seite uns aufge- klärt und weise wähnen, wann wir mit Frivoli- tät über die wichtigsten Warheiten des Glaubens hinweggaukeln, so lassen wir uns auf der andern
Jahrhunderts und der Nachwelt schrieb! -- War ihm etwa das Hussageschrei der Lotterbu- ben theurer, als der Beifall der Edlen seines Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende Stimme zu: Wehe dem Menschen, durch welchen Aergernis kommt, es wäre besser, daß er nie geboren worden!
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unſer Glaubensbekenntnis her, ohne zu wiſſen, was wir bekannt, was wir gelobt haben, was Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren ſol- che Schriften Eingang bei uns finden, wenn wir ſie mit heiſſer Begierde verſchlingen, ohne ſie genau zu pruͤfen, und die Trugſchluͤſſe einer dunkeln Metaphyſik von den wahren un- terſcheiden.
Wie nun auf der einen Seite Unglauben und Spoͤtterei uͤber das heiligſte und wichtigſte der Religion uns mit deſpotiſcher Strenge be- herrſchet, ſo bedruͤkt uns auf der andern Seite der Aberglauben mit ſeinen ſklaviſchen Feſſeln, und ſo wie wir auf der einen Seite uns aufge- klaͤrt und weiſe waͤhnen, wann wir mit Frivoli- taͤt uͤber die wichtigſten Warheiten des Glaubens hinweggaukeln, ſo laſſen wir uns auf der andern
Jahrhunderts und der Nachwelt ſchrieb! — War ihm etwa das Huſſageſchrei der Lotterbu- ben theurer, als der Beifall der Edlen ſeines Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende Stimme zu: Wehe dem Menſchen, durch welchen Aergernis kommt, es waͤre beſſer, daß er nie geboren worden!
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unſer Glaubensbekenntnis her, ohne zu wiſſen,
was wir bekannt, was wir gelobt haben, was
Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren ſol-
che Schriften Eingang bei uns finden, wenn
wir ſie mit heiſſer Begierde verſchlingen, ohne
ſie genau zu pruͤfen, und die Trugſchluͤſſe
einer dunkeln Metaphyſik von den wahren un-
terſcheiden.
Wie nun auf der einen Seite Unglauben
und Spoͤtterei uͤber das heiligſte und wichtigſte
der Religion uns mit deſpotiſcher Strenge be-
herrſchet, ſo bedruͤkt uns auf der andern Seite
der Aberglauben mit ſeinen ſklaviſchen Feſſeln,
und ſo wie wir auf der einen Seite uns aufge-
klaͤrt und weiſe waͤhnen, wann wir mit Frivoli-
taͤt uͤber die wichtigſten Warheiten des Glaubens
hinweggaukeln, ſo laſſen wir uns auf der andern
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*) Jahrhunderts und der Nachwelt ſchrieb! —
War ihm etwa das Huſſageſchrei der Lotterbu-
ben theurer, als der Beifall der Edlen ſeines
Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende
Stimme zu: Wehe dem Menſchen, durch
welchen Aergernis kommt, es waͤre beſſer,
daß er nie geboren worden!
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/27>, abgerufen am 05.07.2024.
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