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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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Jüngling ereilt die männlichen Jahre, und wird
nach und nach stumpf für alles Vergnügen um ihn
her. Auch ich habe meine besten Jahre verträumt --
es war ein süsser Traum, er beschleicht mich noch
manchmal, aber die Bilder der gaukelnden Fantasie
sind nicht mehr Gefilde, wo Rosen duften, und
Veilchen blühen,
sondern schrofe Berge, unwirt-
bare Thäler,
und wüste Sandschellen, wo keine
Blume blüht, kein Vogel schwirrt. Und wenn man
dann noch Mut und Stärke hat, und Frieden im
Herzen,
und Ruhe in allen Säften und Gebeinen,
dann hüpft man über Berge hinweg, und erklimmt
nakte Felsen: aber wenn trübe düstere Wolken über
unsere Scheitel hangen, wenn es stürmt in unsern
Herzen, und wir keine Stätte der Ruhe hienieden
finden können -- wenn die Röte der Wangen erlischt,
der stärkste Körper znm Gerippe verfällt, und selbst
das Bewustsein, es war eine Zeit, wo du glük-
lich warst,
zum Fantom herab sinkt, wo nimmt
man Stärke her, dem hereinbrechenden Uebel Mut
und Entschlossenheit entgegen zu sezzen? wo Stand-
haftigkeit, wenn alles zusammen stürzt unsere Ruhe,
unser Glük zu untergraben? -- Dis ist gewis die
traurigste Epoke des menschlichen Lebens, und ich
nähere mich ihr, und werde ihr nicht entfliehen.
Wenn jezt schon Stunden mich beschleichen, wo ich
die Bürde des Lebens fühle, und sie gern abschütteln

Juͤngling ereilt die maͤnnlichen Jahre, und wird
nach und nach ſtumpf fuͤr alles Vergnuͤgen um ihn
her. Auch ich habe meine beſten Jahre vertraͤumt —
es war ein ſuͤſſer Traum, er beſchleicht mich noch
manchmal, aber die Bilder der gaukelnden Fantaſie
ſind nicht mehr Gefilde, wo Roſen duften, und
Veilchen bluͤhen,
ſondern ſchrofe Berge, unwirt-
bare Thaͤler,
und wuͤſte Sandſchellen, wo keine
Blume bluͤht, kein Vogel ſchwirrt. Und wenn man
dann noch Mut und Staͤrke hat, und Frieden im
Herzen,
und Ruhe in allen Saͤften und Gebeinen,
dann huͤpft man uͤber Berge hinweg, und erklimmt
nakte Felſen: aber wenn truͤbe duͤſtere Wolken uͤber
unſere Scheitel hangen, wenn es ſtuͤrmt in unſern
Herzen, und wir keine Staͤtte der Ruhe hienieden
finden koͤnnen — wenn die Roͤte der Wangen erliſcht,
der ſtaͤrkſte Koͤrper znm Gerippe verfaͤllt, und ſelbſt
das Bewuſtſein, es war eine Zeit, wo du gluͤk-
lich warſt,
zum Fantom herab ſinkt, wo nimmt
man Staͤrke her, dem hereinbrechenden Uebel Mut
und Entſchloſſenheit entgegen zu ſezzen? wo Stand-
haftigkeit, wenn alles zuſammen ſtuͤrzt unſere Ruhe,
unſer Gluͤk zu untergraben? — Dis iſt gewis die
traurigſte Epoke des menſchlichen Lebens, und ich
naͤhere mich ihr, und werde ihr nicht entfliehen.
Wenn jezt ſchon Stunden mich beſchleichen, wo ich
die Buͤrde des Lebens fuͤhle, und ſie gern abſchuͤtteln

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[248/0256] Juͤngling ereilt die maͤnnlichen Jahre, und wird nach und nach ſtumpf fuͤr alles Vergnuͤgen um ihn her. Auch ich habe meine beſten Jahre vertraͤumt — es war ein ſuͤſſer Traum, er beſchleicht mich noch manchmal, aber die Bilder der gaukelnden Fantaſie ſind nicht mehr Gefilde, wo Roſen duften, und Veilchen bluͤhen, ſondern ſchrofe Berge, unwirt- bare Thaͤler, und wuͤſte Sandſchellen, wo keine Blume bluͤht, kein Vogel ſchwirrt. Und wenn man dann noch Mut und Staͤrke hat, und Frieden im Herzen, und Ruhe in allen Saͤften und Gebeinen, dann huͤpft man uͤber Berge hinweg, und erklimmt nakte Felſen: aber wenn truͤbe duͤſtere Wolken uͤber unſere Scheitel hangen, wenn es ſtuͤrmt in unſern Herzen, und wir keine Staͤtte der Ruhe hienieden finden koͤnnen — wenn die Roͤte der Wangen erliſcht, der ſtaͤrkſte Koͤrper znm Gerippe verfaͤllt, und ſelbſt das Bewuſtſein, es war eine Zeit, wo du gluͤk- lich warſt, zum Fantom herab ſinkt, wo nimmt man Staͤrke her, dem hereinbrechenden Uebel Mut und Entſchloſſenheit entgegen zu ſezzen? wo Stand- haftigkeit, wenn alles zuſammen ſtuͤrzt unſere Ruhe, unſer Gluͤk zu untergraben? — Dis iſt gewis die traurigſte Epoke des menſchlichen Lebens, und ich naͤhere mich ihr, und werde ihr nicht entfliehen. Wenn jezt ſchon Stunden mich beſchleichen, wo ich die Buͤrde des Lebens fuͤhle, und ſie gern abſchuͤtteln

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/256>, abgerufen am 25.11.2024.