Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.alles haucht den Geist der Liebe. Jeder Vogel fiu- O mein Freund! auch ich möchte mit dem seli- Natur! allgütige Mutter! sei mir alles, be- alles haucht den Geiſt der Liebe. Jeder Vogel fiu- O mein Freund! auch ich moͤchte mit dem ſeli- Natur! allguͤtige Mutter! ſei mir alles, be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0245" n="237"/> alles haucht den <hi rendition="#fr">Geiſt der Liebe.</hi> Jeder Vogel fiu-<lb/> det ſeinen Gatten, jedes Thier paart und gattet<lb/> ſich, und lebt eintraͤchtig in der Luft, auf der Erde,<lb/> und im Meer — nur ich bin ganz verlaſſen, allein<lb/> in Gottes ſchoͤner Welt. Selbſt das dunkle Epheu<lb/> ſeh ich den Stamm der mooſigten Eiche liebevoll um-<lb/> ſchlingen, und da ſteh ich, Armer, blikke es an, und<lb/> moͤchte mich eben ſo an ein Geſchoͤpf ſchmiegen.<lb/> Da pocht es dann in meiner Bruſt, als wollt es ſie<lb/> zerſprengen, bis eine Flut von Thraͤnen dem gepreß-<lb/> ten Herzen Luft macht, und das Lied des frohen<lb/> Haͤnflings mich erheitert.</p><lb/> <p>O <hi rendition="#fr">mein Freund!</hi> auch ich moͤchte mit dem <hi rendition="#fr">ſeli-<lb/> gen Hoͤlty</hi> ausrufen, „wuͤrde mein heiſſer Seelen-<lb/> wunſch Erfuͤllung, fuͤhrte ein guͤnſtiges Geſchik mich<lb/> der entgegen, deren Bild des Tages vor mir ſchwebt,<lb/> und des Nachts mir die Seele mit Entzuͤkken fuͤllt —<lb/><hi rendition="#fr">Seliger Augenblik!</hi> mir fuͤr nichts zu theuer, mit<lb/> allem Gold von Peru nicht zu erkaufen! O dann wuͤr-<lb/> de ich den Fruͤling noch ſchoͤner fuͤhlen, beſſer meinen<lb/> Schoͤpfer in jedem Halm, in jeder Knoſpe ſchauen<lb/> und lieben‟. Sollte die Vorſicht dieſes Sehnen mei-<lb/> nes Herzens nicht einſt ſtillen? ja ſie wird’s, aber<lb/> ob fruͤhe oder ſpaͤt, iſt mir ein geheimnisvolles<lb/> Dunkel.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Natur! allguͤtige Mutter!</hi> ſei mir alles, be-<lb/> ruhige, troͤſte mich; wenn meine Sonne erliſcht,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [237/0245]
alles haucht den Geiſt der Liebe. Jeder Vogel fiu-
det ſeinen Gatten, jedes Thier paart und gattet
ſich, und lebt eintraͤchtig in der Luft, auf der Erde,
und im Meer — nur ich bin ganz verlaſſen, allein
in Gottes ſchoͤner Welt. Selbſt das dunkle Epheu
ſeh ich den Stamm der mooſigten Eiche liebevoll um-
ſchlingen, und da ſteh ich, Armer, blikke es an, und
moͤchte mich eben ſo an ein Geſchoͤpf ſchmiegen.
Da pocht es dann in meiner Bruſt, als wollt es ſie
zerſprengen, bis eine Flut von Thraͤnen dem gepreß-
ten Herzen Luft macht, und das Lied des frohen
Haͤnflings mich erheitert.
O mein Freund! auch ich moͤchte mit dem ſeli-
gen Hoͤlty ausrufen, „wuͤrde mein heiſſer Seelen-
wunſch Erfuͤllung, fuͤhrte ein guͤnſtiges Geſchik mich
der entgegen, deren Bild des Tages vor mir ſchwebt,
und des Nachts mir die Seele mit Entzuͤkken fuͤllt —
Seliger Augenblik! mir fuͤr nichts zu theuer, mit
allem Gold von Peru nicht zu erkaufen! O dann wuͤr-
de ich den Fruͤling noch ſchoͤner fuͤhlen, beſſer meinen
Schoͤpfer in jedem Halm, in jeder Knoſpe ſchauen
und lieben‟. Sollte die Vorſicht dieſes Sehnen mei-
nes Herzens nicht einſt ſtillen? ja ſie wird’s, aber
ob fruͤhe oder ſpaͤt, iſt mir ein geheimnisvolles
Dunkel.
Natur! allguͤtige Mutter! ſei mir alles, be-
ruhige, troͤſte mich; wenn meine Sonne erliſcht,
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