sere Fantasie geschäftig wäre, die ersten Ein- drükke nie erlöschen zu lassen.
Sieh, wie heiter er in Gottes schöner Welt umher schweift, der frohe Knabe! wie die im- mer lächelnde Freude ihn begleitet, und seinen Pfad mit Rosen bestreut; o der raschen Jdeen! wie sie alles umflattern, alles mit ihrem Fittig berühren, und noch nirgends einen Ruhepunkt finden, noch nirgends sich durch Verhältnisse und Vorurteile binden und fesseln lassen! o der war- men Teilname! mit der er alles umschlingt, was seine Sinne täuscht, und auf seine Organe wirkt. -- Keine Sorge trübt sein Auge -- kein Kummer verwischt die Röte der vollen Wangen -- kein Morgen wekt ihn zu neuen Leiden, kein Gedanke des Abblühens und Verwesens beschleicht den Gang seiner Empfindungen, die ihm alles im rosigten schimmernden Lichte zeigt. Mit schnellem Fluge wandelt die nimmer rastlose Zeit Stunden zu Minuten, Tage zu Stunden, und Jahre zu Tage um, zehn Frühlinge ver- blühen ihm, und siehe da, eine neue Epoke sei- nes Lebens beginnet.
Der lezte dumpfe Nachhall des scheidenden Jahres läutet all' die holden Szenen zu Grabe --
ſere Fantaſie geſchaͤftig waͤre, die erſten Ein- druͤkke nie erloͤſchen zu laſſen.
Sieh, wie heiter er in Gottes ſchoͤner Welt umher ſchweift, der frohe Knabe! wie die im- mer laͤchelnde Freude ihn begleitet, und ſeinen Pfad mit Roſen beſtreut; o der raſchen Jdeen! wie ſie alles umflattern, alles mit ihrem Fittig beruͤhren, und noch nirgends einen Ruhepunkt finden, noch nirgends ſich durch Verhaͤltniſſe und Vorurteile binden und feſſeln laſſen! o der war- men Teilname! mit der er alles umſchlingt, was ſeine Sinne taͤuſcht, und auf ſeine Organe wirkt. — Keine Sorge truͤbt ſein Auge — kein Kummer verwiſcht die Roͤte der vollen Wangen — kein Morgen wekt ihn zu neuen Leiden, kein Gedanke des Abbluͤhens und Verweſens beſchleicht den Gang ſeiner Empfindungen, die ihm alles im roſigten ſchimmernden Lichte zeigt. Mit ſchnellem Fluge wandelt die nimmer raſtloſe Zeit Stunden zu Minuten, Tage zu Stunden, und Jahre zu Tage um, zehn Fruͤhlinge ver- bluͤhen ihm, und ſiehe da, eine neue Epoke ſei- nes Lebens beginnet.
Der lezte dumpfe Nachhall des ſcheidenden Jahres laͤutet all’ die holden Szenen zu Grabe —
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ſere Fantaſie geſchaͤftig waͤre, die erſten Ein-
druͤkke nie erloͤſchen zu laſſen.
Sieh, wie heiter er in Gottes ſchoͤner Welt
umher ſchweift, der frohe Knabe! wie die im-
mer laͤchelnde Freude ihn begleitet, und ſeinen
Pfad mit Roſen beſtreut; o der raſchen Jdeen!
wie ſie alles umflattern, alles mit ihrem Fittig
beruͤhren, und noch nirgends einen Ruhepunkt
finden, noch nirgends ſich durch Verhaͤltniſſe und
Vorurteile binden und feſſeln laſſen! o der war-
men Teilname! mit der er alles umſchlingt,
was ſeine Sinne taͤuſcht, und auf ſeine Organe
wirkt. — Keine Sorge truͤbt ſein Auge — kein
Kummer verwiſcht die Roͤte der vollen Wangen —
kein Morgen wekt ihn zu neuen Leiden, kein
Gedanke des Abbluͤhens und Verweſens beſchleicht
den Gang ſeiner Empfindungen, die ihm alles
im roſigten ſchimmernden Lichte zeigt. Mit
ſchnellem Fluge wandelt die nimmer raſtloſe
Zeit Stunden zu Minuten, Tage zu Stunden,
und Jahre zu Tage um, zehn Fruͤhlinge ver-
bluͤhen ihm, und ſiehe da, eine neue Epoke ſei-
nes Lebens beginnet.
Der lezte dumpfe Nachhall des ſcheidenden
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/214>, abgerufen am 05.07.2024.
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