Dieses Verfaren zeigte sich auch thätlich. Den 20sten August autorisirte ein Reskript des Kriminalgerichts zu Paris, diese achtungswerte und herzhafte Magistratsperson, sich alles fer- nern Verfarens dabei zu enthalten, und sezte ihm einen andern zur Seite, der an Grund- säzzen, Meinungen und Karakter, gerade das Gegenteil war. Noch an eben dem Tage ward, dem Reskripte zu folge, die Wittwe des Niko- las Püre zum Verhaft gezogen, fast zu gleicher Zeit angeklagt, inquirirt, und zum Staupenschlag, und Brandmark ver- urteilt. Unbegreifliches Erkenntnis! wenn dieses Weib Mitgehülfinn des Mörders ihres Gatten war, ungerecht, wenn sie es nicht war. --
Bis zum 2ten September häuften sich die Uutersuchungen: man untersuchte durch Saz- schriften, neue Vorlesungen, und Konfron- tationes, endlich, nach dem die Geduld der Richter, des Publikums, und der Angeklagten, er- müdet ward, erschien am 25sten Oktober ein Urteil, welches, ohne den Joseph Püre zu entbinden, noch ihn zu verurteilen, in Rüksicht seines schwarzen Anklägers, die erste Sentenz be- stätigte. Man hatte also keinen andern Schul-
Dieſes Verfaren zeigte ſich auch thaͤtlich. Den 20ſten Auguſt autoriſirte ein Reſkript des Kriminalgerichts zu Paris, dieſe achtungswerte und herzhafte Magiſtratsperſon, ſich alles fer- nern Verfarens dabei zu enthalten, und ſezte ihm einen andern zur Seite, der an Grund- ſaͤzzen, Meinungen und Karakter, gerade das Gegenteil war. Noch an eben dem Tage ward, dem Reſkripte zu folge, die Wittwe des Niko- las Puͤre zum Verhaft gezogen, faſt zu gleicher Zeit angeklagt, inquirirt, und zum Staupenſchlag, und Brandmark ver- urteilt. Unbegreifliches Erkenntnis! wenn dieſes Weib Mitgehuͤlfinn des Moͤrders ihres Gatten war, ungerecht, wenn ſie es nicht war. —
Bis zum 2ten September haͤuften ſich die Uuterſuchungen: man unterſuchte durch Saz- ſchriften, neue Vorleſungen, und Konfron- tationes, endlich, nach dem die Geduld der Richter, des Publikums, und der Angeklagten, er- muͤdet ward, erſchien am 25ſten Oktober ein Urteil, welches, ohne den Joſeph Puͤre zu entbinden, noch ihn zu verurteilen, in Ruͤkſicht ſeines ſchwarzen Anklaͤgers, die erſte Sentenz be- ſtaͤtigte. Man hatte alſo keinen andern Schul-
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Dieſes Verfaren zeigte ſich auch thaͤtlich.
Den 20ſten Auguſt autoriſirte ein Reſkript des
Kriminalgerichts zu Paris, dieſe achtungswerte
und herzhafte Magiſtratsperſon, ſich alles fer-
nern Verfarens dabei zu enthalten, und
ſezte ihm einen andern zur Seite, der an Grund-
ſaͤzzen, Meinungen und Karakter, gerade das
Gegenteil war. Noch an eben dem Tage ward,
dem Reſkripte zu folge, die Wittwe des Niko-
las Puͤre zum Verhaft gezogen, faſt zu
gleicher Zeit angeklagt, inquirirt, und
zum Staupenſchlag, und Brandmark ver-
urteilt. Unbegreifliches Erkenntnis! wenn
dieſes Weib Mitgehuͤlfinn des Moͤrders ihres
Gatten war, ungerecht, wenn ſie es nicht war. —
Bis zum 2ten September haͤuften ſich die
Uuterſuchungen: man unterſuchte durch Saz-
ſchriften, neue Vorleſungen, und Konfron-
tationes, endlich, nach dem die Geduld der
Richter, des Publikums, und der Angeklagten, er-
muͤdet ward, erſchien am 25ſten Oktober ein
Urteil, welches, ohne den Joſeph Puͤre zu
entbinden, noch ihn zu verurteilen, in Ruͤkſicht
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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