Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

vorgelesen, und beide konfrontirt wurden; allein
das Resultat von all' dem war eben nicht mehr,
als Aussagen, ohne Beweis des Schuldigen, aus
diesen Verleumdungen hergeholte Vermutungen,
und keine weitern Hülfsanzeigen, die zur Auf-
klärung der Warheit fähig gewesen wären. Noch
nicht genug, dieses abscheuliche Verfaren schien
dem Kriminalgericht zu Paris noch nicht hin-
länglich. Auf eine Vorstellung des General-
fiskals Joly de Fleury
autorisirte es durch
ein Reskript vom 6ten August das Gericht zu
Laon, wieder alle diejenigen, bei denen man nur
einige Wissenschaft von der Ermordung des Lud-
wig Püre
vermuten könnte, eine Untersuchung
zu verfügen. Was am meisten zu verwundern
ist, schien diese Anhäufung von ausserordent-
lichen Förmlichkeiten weniger wider den Püre, als
den Kriminalrichter zu Laon gerichtet zu sein.

Man warf ihm zwar im Grunde nur seine
Geistes Gegenwart vor, und strafte seinen Ein-
sichten Lügen, allein es wurde auch der Bewe-
guugsgrund, ihn dabei vom Gerichte zu entfer-
nen. So führen Richter einen untadelhaften
Mitbürger zum Schaffot, um einen andern
Richter zu kränken, der ihn zu retten suchte. --

vorgeleſen, und beide konfrontirt wurden; allein
das Reſultat von all’ dem war eben nicht mehr,
als Ausſagen, ohne Beweis des Schuldigen, aus
dieſen Verleumdungen hergeholte Vermutungen,
und keine weitern Huͤlfsanzeigen, die zur Auf-
klaͤrung der Warheit faͤhig geweſen waͤren. Noch
nicht genug, dieſes abſcheuliche Verfaren ſchien
dem Kriminalgericht zu Paris noch nicht hin-
laͤnglich. Auf eine Vorſtellung des General-
fiskals Joly de Fleury
autoriſirte es durch
ein Reſkript vom 6ten Auguſt das Gericht zu
Laon, wieder alle diejenigen, bei denen man nur
einige Wiſſenſchaft von der Ermordung des Lud-
wig Puͤre
vermuten koͤnnte, eine Unterſuchung
zu verfuͤgen. Was am meiſten zu verwundern
iſt, ſchien dieſe Anhaͤufung von auſſerordent-
lichen Foͤrmlichkeiten weniger wider den Puͤre, als
den Kriminalrichter zu Laon gerichtet zu ſein.

Man warf ihm zwar im Grunde nur ſeine
Geiſtes Gegenwart vor, und ſtrafte ſeinen Ein-
ſichten Luͤgen, allein es wurde auch der Bewe-
guugsgrund, ihn dabei vom Gerichte zu entfer-
nen. So fuͤhren Richter einen untadelhaften
Mitbuͤrger zum Schaffot, um einen andern
Richter zu kraͤnken, der ihn zu retten ſuchte. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0196" n="188"/>
vorgele&#x017F;en, und beide konfrontirt wurden; allein<lb/>
das Re&#x017F;ultat von all&#x2019; dem war eben nicht mehr,<lb/>
als Aus&#x017F;agen, ohne Beweis des Schuldigen, aus<lb/>
die&#x017F;en Verleumdungen hergeholte Vermutungen,<lb/>
und keine weitern Hu&#x0364;lfsanzeigen, die zur Auf-<lb/>
kla&#x0364;rung der Warheit fa&#x0364;hig gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren. Noch<lb/>
nicht genug, die&#x017F;es ab&#x017F;cheuliche Verfaren &#x017F;chien<lb/>
dem Kriminalgericht zu Paris noch nicht hin-<lb/>
la&#x0364;nglich. Auf eine Vor&#x017F;tellung des <hi rendition="#fr">General-<lb/>
fiskals Joly de Fleury</hi> autori&#x017F;irte es durch<lb/>
ein Re&#x017F;kript vom 6ten Augu&#x017F;t das Gericht zu<lb/>
Laon, wieder alle diejenigen, bei denen man nur<lb/>
einige Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft von der Ermordung des <hi rendition="#fr">Lud-<lb/>
wig Pu&#x0364;re</hi> vermuten ko&#x0364;nnte, eine Unter&#x017F;uchung<lb/>
zu verfu&#x0364;gen. Was am mei&#x017F;ten zu verwundern<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;chien die&#x017F;e Anha&#x0364;ufung von au&#x017F;&#x017F;erordent-<lb/>
lichen Fo&#x0364;rmlichkeiten weniger wider den <hi rendition="#fr">Pu&#x0364;re,</hi> als<lb/>
den <hi rendition="#fr">Kriminalrichter zu Laon</hi> gerichtet zu &#x017F;ein.</p><lb/>
        <p>Man warf ihm zwar im Grunde nur &#x017F;eine<lb/>
Gei&#x017F;tes Gegenwart vor, und &#x017F;trafte &#x017F;einen Ein-<lb/>
&#x017F;ichten Lu&#x0364;gen, allein es wurde auch der Bewe-<lb/>
guugsgrund, ihn dabei vom Gerichte zu entfer-<lb/>
nen. So fu&#x0364;hren Richter einen untadelhaften<lb/>
Mitbu&#x0364;rger zum Schaffot, um einen andern<lb/>
Richter zu kra&#x0364;nken, der ihn zu retten &#x017F;uchte. &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0196] vorgeleſen, und beide konfrontirt wurden; allein das Reſultat von all’ dem war eben nicht mehr, als Ausſagen, ohne Beweis des Schuldigen, aus dieſen Verleumdungen hergeholte Vermutungen, und keine weitern Huͤlfsanzeigen, die zur Auf- klaͤrung der Warheit faͤhig geweſen waͤren. Noch nicht genug, dieſes abſcheuliche Verfaren ſchien dem Kriminalgericht zu Paris noch nicht hin- laͤnglich. Auf eine Vorſtellung des General- fiskals Joly de Fleury autoriſirte es durch ein Reſkript vom 6ten Auguſt das Gericht zu Laon, wieder alle diejenigen, bei denen man nur einige Wiſſenſchaft von der Ermordung des Lud- wig Puͤre vermuten koͤnnte, eine Unterſuchung zu verfuͤgen. Was am meiſten zu verwundern iſt, ſchien dieſe Anhaͤufung von auſſerordent- lichen Foͤrmlichkeiten weniger wider den Puͤre, als den Kriminalrichter zu Laon gerichtet zu ſein. Man warf ihm zwar im Grunde nur ſeine Geiſtes Gegenwart vor, und ſtrafte ſeinen Ein- ſichten Luͤgen, allein es wurde auch der Bewe- guugsgrund, ihn dabei vom Gerichte zu entfer- nen. So fuͤhren Richter einen untadelhaften Mitbuͤrger zum Schaffot, um einen andern Richter zu kraͤnken, der ihn zu retten ſuchte. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/196
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/196>, abgerufen am 24.11.2024.