ge, schwache Geschöpfe, geneigt zu Sünde und Fehl, wenn äussere Umstände auf uns wür- ken, wenn Leidenschaften auf uns zustürmen und das Herz in die Presse nehmen, wenn Unglük und Elend das weiche Herz verhärtet, und es endlich alles wagt, sich aus diesem Labirint des Elends herauszuwinden.
Wenn der aus seinem väterlichen Erbe durch die Tirannei seines Herrn verstossene Mensch, Mann eines schuldlosen Weibes, Vater unmündiger Kinder, Armut und Elend mit starken Riesenschritten auf sich zueilen sieht; wenn er keinen Ort auf dieser weiten Erde hat, zu dem er sagen könnte, er ist mein, und hier will ich mein müdes Haupt hinsenken -- wenn er sein treues Weib in langsamen Jammer da- hin schmachten sieht, wenn seine Kinder zer- lumpt und nakt seine Knie umschlingen, und rufen; Vater, gieb uns Brod! -- Wenn aller Weg zur Rettung für ihn versperret ist, und er nun in stummer Verzweifelung sich zur Rotte der Räuber und Diebe gesellet, um seine Familie vom schmälichen Hungertode zu retten -- wenn er in der Kunst zu rauben zu feig, bald er- tappt, und in ein finsteres Loch geworfen wird. --
ge, ſchwache Geſchoͤpfe, geneigt zu Suͤnde und Fehl, wenn aͤuſſere Umſtaͤnde auf uns wuͤr- ken, wenn Leidenſchaften auf uns zuſtuͤrmen und das Herz in die Preſſe nehmen, wenn Ungluͤk und Elend das weiche Herz verhaͤrtet, und es endlich alles wagt, ſich aus dieſem Labirint des Elends herauszuwinden.
Wenn der aus ſeinem vaͤterlichen Erbe durch die Tirannei ſeines Herrn verſtoſſene Menſch, Mann eines ſchuldloſen Weibes, Vater unmuͤndiger Kinder, Armut und Elend mit ſtarken Rieſenſchritten auf ſich zueilen ſieht; wenn er keinen Ort auf dieſer weiten Erde hat, zu dem er ſagen koͤnnte, er iſt mein, und hier will ich mein muͤdes Haupt hinſenken — wenn er ſein treues Weib in langſamen Jammer da- hin ſchmachten ſieht, wenn ſeine Kinder zer- lumpt und nakt ſeine Knie umſchlingen, und rufen; Vater, gieb uns Brod! — Wenn aller Weg zur Rettung fuͤr ihn verſperret iſt, und er nun in ſtummer Verzweifelung ſich zur Rotte der Raͤuber und Diebe geſellet, um ſeine Familie vom ſchmaͤlichen Hungertode zu retten — wenn er in der Kunſt zu rauben zu feig, bald er- tappt, und in ein finſteres Loch geworfen wird. —
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ge, ſchwache Geſchoͤpfe, geneigt zu Suͤnde
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ken, wenn Leidenſchaften auf uns zuſtuͤrmen und
das Herz in die Preſſe nehmen, wenn Ungluͤk
und Elend das weiche Herz verhaͤrtet, und es
endlich alles wagt, ſich aus dieſem Labirint des
Elends herauszuwinden.
Wenn der aus ſeinem vaͤterlichen Erbe durch
die Tirannei ſeines Herrn verſtoſſene Menſch,
Mann eines ſchuldloſen Weibes, Vater
unmuͤndiger Kinder, Armut und Elend mit
ſtarken Rieſenſchritten auf ſich zueilen ſieht; wenn
er keinen Ort auf dieſer weiten Erde hat, zu dem
er ſagen koͤnnte, er iſt mein, und hier will
ich mein muͤdes Haupt hinſenken — wenn
er ſein treues Weib in langſamen Jammer da-
hin ſchmachten ſieht, wenn ſeine Kinder zer-
lumpt und nakt ſeine Knie umſchlingen, und
rufen; Vater, gieb uns Brod! — Wenn
aller Weg zur Rettung fuͤr ihn verſperret iſt,
und er nun in ſtummer Verzweifelung ſich zur
Rotte der Raͤuber und Diebe geſellet, um ſeine
Familie vom ſchmaͤlichen Hungertode zu retten —
wenn er in der Kunſt zu rauben zu feig, bald er-
tappt, und in ein finſteres Loch geworfen wird. —
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/138>, abgerufen am 16.02.2025.
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