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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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Milforts zu umfassen, um Gnade und Erbar-
men zu flehen. Man denke sich einen im Dienst
des Mars grau gewordenen Krieger, der vierzig
Jahr mit allen Gefahren bekannt, der von Ju-
gend auf nur an Morden und Blutvergiessen ge-
wöhnt, gegen alles Gefühl der Menschheit schon
abgehärtet ist; und nun auf einmal eine zitternde
Zähre in seinem Auge, das harte Felsenherz er-
weicht, der sonst so mutige, so unerschrokne
Mann, dem der Donner des Geschüzzes lieblich
tönte, das Zischeln der Kugeln, das Blinken der
Schwerder Freude war, und jezt ganz Mitleid,
ganz Teilnehmung, wendt alles an, eine Per-
son zu erhalten, die zu kränken er die unschuldige
Ursach war. Er läßt Aerzte herbei holen, aber
umsonst, Emilie kommt nicht ins Leben zurük,
ein schwacher Seufzer! und sie ist nicht mehr --
Der alte Krieger drükt die kalte Hand, tröstet
den bekümmerten Vater, die trostlose Mutter,
eilt zu seinem Chef, ihm Bericht von einer solchen
Szene abzustatten, die sein ganzes Wesen um-
geschaffen. Das Gerücht von diesem Auftritt ver-
breitet sich bald in der ganzen Stadt, ja dringt mit
schnellen Schwingen zu den Ohren des jungen
Woldau, der bald den Ort seiner Bestimmung

Milforts zu umfaſſen, um Gnade und Erbar-
men zu flehen. Man denke ſich einen im Dienſt
des Mars grau gewordenen Krieger, der vierzig
Jahr mit allen Gefahren bekannt, der von Ju-
gend auf nur an Morden und Blutvergieſſen ge-
woͤhnt, gegen alles Gefuͤhl der Menſchheit ſchon
abgehaͤrtet iſt; und nun auf einmal eine zitternde
Zaͤhre in ſeinem Auge, das harte Felſenherz er-
weicht, der ſonſt ſo mutige, ſo unerſchrokne
Mann, dem der Donner des Geſchuͤzzes lieblich
toͤnte, das Ziſcheln der Kugeln, das Blinken der
Schwerder Freude war, und jezt ganz Mitleid,
ganz Teilnehmung, wendt alles an, eine Per-
ſon zu erhalten, die zu kraͤnken er die unſchuldige
Urſach war. Er laͤßt Aerzte herbei holen, aber
umſonſt, Emilie kommt nicht ins Leben zuruͤk,
ein ſchwacher Seufzer! und ſie iſt nicht mehr —
Der alte Krieger druͤkt die kalte Hand, troͤſtet
den bekuͤmmerten Vater, die troſtloſe Mutter,
eilt zu ſeinem Chef, ihm Bericht von einer ſolchen
Szene abzuſtatten, die ſein ganzes Weſen um-
geſchaffen. Das Geruͤcht von dieſem Auftritt ver-
breitet ſich bald in der ganzen Stadt, ja dringt mit
ſchnellen Schwingen zu den Ohren des jungen
Woldau, der bald den Ort ſeiner Beſtimmung

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[122/0130] Milforts zu umfaſſen, um Gnade und Erbar- men zu flehen. Man denke ſich einen im Dienſt des Mars grau gewordenen Krieger, der vierzig Jahr mit allen Gefahren bekannt, der von Ju- gend auf nur an Morden und Blutvergieſſen ge- woͤhnt, gegen alles Gefuͤhl der Menſchheit ſchon abgehaͤrtet iſt; und nun auf einmal eine zitternde Zaͤhre in ſeinem Auge, das harte Felſenherz er- weicht, der ſonſt ſo mutige, ſo unerſchrokne Mann, dem der Donner des Geſchuͤzzes lieblich toͤnte, das Ziſcheln der Kugeln, das Blinken der Schwerder Freude war, und jezt ganz Mitleid, ganz Teilnehmung, wendt alles an, eine Per- ſon zu erhalten, die zu kraͤnken er die unſchuldige Urſach war. Er laͤßt Aerzte herbei holen, aber umſonſt, Emilie kommt nicht ins Leben zuruͤk, ein ſchwacher Seufzer! und ſie iſt nicht mehr — Der alte Krieger druͤkt die kalte Hand, troͤſtet den bekuͤmmerten Vater, die troſtloſe Mutter, eilt zu ſeinem Chef, ihm Bericht von einer ſolchen Szene abzuſtatten, die ſein ganzes Weſen um- geſchaffen. Das Geruͤcht von dieſem Auftritt ver- breitet ſich bald in der ganzen Stadt, ja dringt mit ſchnellen Schwingen zu den Ohren des jungen Woldau, der bald den Ort ſeiner Beſtimmung

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/130>, abgerufen am 24.11.2024.