kel der Gesellschaft, ihr düstres Leben verseufzen -- schaurig und öde ist dieser Aufenthalt, nicht immer dem Laster, auch oft der gekränk- ten Tugend geweiht. Kein Stral des Lichts dämmert hier, hier wekt kein Morgen zu neuen Freuden, trübe und drükkend ist die Luft, die du einathmest; hier gattet sich das Elend mit der Verzweiflung, Hunger und Blösse sind getreue Gefährten des Jammers, der hier hauset. Ein dumpfes Geklirre von Ketten hallt dir fürchter- lich entgegen, und ein Geächze und Gewinsel verräht dir das Dasein eines Wesens, das mit dir, als Mensch betrachtet, gleiche Bestimmung hat. Bei dem düstern Schein einer Lampe er- blikst du ein bleiches abgehärmtes Gesicht, hole Augen, einen kalten, matten Blik, in dem die Freude längst erstorben ist. Modernde Lnmpen sind sein Gewand, und faules Stroh sein Lager; das Fleisch ist vom Gram verzehrt, und das klap- pernde Knochengebäude hängt an dünnen Fasern. Schon schwelgen die Würmer an seinem Leibe, und in ihm lebt keine Kraft mehr, sich vor ihnen zu schüzzen, bei jedem Laut fährt er erschrokken auf, krümmt sich am Boden, ächzt und winselt: vernichtet mich! -- -- O! ich bitt' euch,
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kel der Geſellſchaft, ihr duͤſtres Leben verſeufzen — ſchaurig und oͤde iſt dieſer Aufenthalt, nicht immer dem Laſter, auch oft der gekraͤnk- ten Tugend geweiht. Kein Stral des Lichts daͤmmert hier, hier wekt kein Morgen zu neuen Freuden, truͤbe und druͤkkend iſt die Luft, die du einathmeſt; hier gattet ſich das Elend mit der Verzweiflung, Hunger und Bloͤſſe ſind getreue Gefaͤhrten des Jammers, der hier hauſet. Ein dumpfes Geklirre von Ketten hallt dir fuͤrchter- lich entgegen, und ein Geaͤchze und Gewinſel verraͤht dir das Daſein eines Weſens, das mit dir, als Menſch betrachtet, gleiche Beſtimmung hat. Bei dem duͤſtern Schein einer Lampe er- blikſt du ein bleiches abgehaͤrmtes Geſicht, hole Augen, einen kalten, matten Blik, in dem die Freude laͤngſt erſtorben iſt. Modernde Lnmpen ſind ſein Gewand, und faules Stroh ſein Lager; das Fleiſch iſt vom Gram verzehrt, und das klap- pernde Knochengebaͤude haͤngt an duͤnnen Faſern. Schon ſchwelgen die Wuͤrmer an ſeinem Leibe, und in ihm lebt keine Kraft mehr, ſich vor ihnen zu ſchuͤzzen, bei jedem Laut faͤhrt er erſchrokken auf, kruͤmmt ſich am Boden, aͤchzt und winſelt: vernichtet mich! — — O! ich bitt’ euch,
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kel der Geſellſchaft, ihr duͤſtres Leben verſeufzen
— ſchaurig und oͤde iſt dieſer Aufenthalt, nicht
immer dem Laſter, auch oft der gekraͤnk-
ten Tugend geweiht. Kein Stral des Lichts
daͤmmert hier, hier wekt kein Morgen zu neuen
Freuden, truͤbe und druͤkkend iſt die Luft, die du
einathmeſt; hier gattet ſich das Elend mit der
Verzweiflung, Hunger und Bloͤſſe ſind getreue
Gefaͤhrten des Jammers, der hier hauſet. Ein
dumpfes Geklirre von Ketten hallt dir fuͤrchter-
lich entgegen, und ein Geaͤchze und Gewinſel
verraͤht dir das Daſein eines Weſens, das mit
dir, als Menſch betrachtet, gleiche Beſtimmung
hat. Bei dem duͤſtern Schein einer Lampe er-
blikſt du ein bleiches abgehaͤrmtes Geſicht, hole
Augen, einen kalten, matten Blik, in dem die
Freude laͤngſt erſtorben iſt. Modernde Lnmpen
ſind ſein Gewand, und faules Stroh ſein Lager;
das Fleiſch iſt vom Gram verzehrt, und das klap-
pernde Knochengebaͤude haͤngt an duͤnnen Faſern.
Schon ſchwelgen die Wuͤrmer an ſeinem Leibe,
und in ihm lebt keine Kraft mehr, ſich vor ihnen
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/13>, abgerufen am 23.11.2024.
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