sie zu wachen; und trösten! konnten wir's, da wir selbst des Trosts bedurften?
Der alte N ... raubte uns durch Ränke, und unzäliche Arten Bedrükkungen alles, was Fleiß und Mühe uns erworben hatten. Sein Wille war's, uns in Armut zu stürzen, Freiheit und Ruhe zu rauben. Unsere Leiden, unsere stille Tränen waren Dolchstösse für meine arme Schwester; düster und schwermütig schlich sie umher; seit einigen Tagen entwölkte sich ihr Gesicht, so wie die Sonne zwischen dunkel erzeugten Wolken einen matten Schein wirft, aber oft plözlich schwärzere Wolken die Erde in Nacht hüllen. Ach, der Entschluß uns zu verlassen, ihr freu- denleeres Leben zu enden, reifte schon lange in ihrer Seele! Sie hat ihn in der Morgenstunde vollendet, und wir ahndeten es nicht, daß sie uns gestern zum leztenmal umarmen, das lezte Le- bewol stammeln würde. Es war eine fürchter- liche Nacht, Regenstürme durchschauerten die Luft, der Morgen war dunkel und stürmisch; ich erwachte vom ängstlichen Traum erschüttert, suchte meine Schwester im Hause, Garten, in der ganzen Flur, und sie war nirgends. Wie ich nun so aufs Feld hinschlendere, und mein Blik
ſie zu wachen; und troͤſten! konnten wir’s, da wir ſelbſt des Troſts bedurften?
Der alte N … raubte uns durch Raͤnke, und unzaͤliche Arten Bedruͤkkungen alles, was Fleiß und Muͤhe uns erworben hatten. Sein Wille war’s, uns in Armut zu ſtuͤrzen, Freiheit und Ruhe zu rauben. Unſere Leiden, unſere ſtille Traͤnen waren Dolchſtoͤſſe fuͤr meine arme Schweſter; duͤſter und ſchwermuͤtig ſchlich ſie umher; ſeit einigen Tagen entwoͤlkte ſich ihr Geſicht, ſo wie die Sonne zwiſchen dunkel erzeugten Wolken einen matten Schein wirft, aber oft ploͤzlich ſchwaͤrzere Wolken die Erde in Nacht huͤllen. Ach, der Entſchluß uns zu verlaſſen, ihr freu- denleeres Leben zu enden, reifte ſchon lange in ihrer Seele! Sie hat ihn in der Morgenſtunde vollendet, und wir ahndeten es nicht, daß ſie uns geſtern zum leztenmal umarmen, das lezte Le- bewol ſtammeln wuͤrde. Es war eine fuͤrchter- liche Nacht, Regenſtuͤrme durchſchauerten die Luft, der Morgen war dunkel und ſtuͤrmiſch; ich erwachte vom aͤngſtlichen Traum erſchuͤttert, ſuchte meine Schweſter im Hauſe, Garten, in der ganzen Flur, und ſie war nirgends. Wie ich nun ſo aufs Feld hinſchlendere, und mein Blik
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ſie zu wachen; und troͤſten! konnten wir’s, da
wir ſelbſt des Troſts bedurften?
Der alte N … raubte uns durch Raͤnke, und
unzaͤliche Arten Bedruͤkkungen alles, was Fleiß
und Muͤhe uns erworben hatten. Sein Wille
war’s, uns in Armut zu ſtuͤrzen, Freiheit und Ruhe
zu rauben. Unſere Leiden, unſere ſtille Traͤnen
waren Dolchſtoͤſſe fuͤr meine arme Schweſter;
duͤſter und ſchwermuͤtig ſchlich ſie umher; ſeit
einigen Tagen entwoͤlkte ſich ihr Geſicht, ſo wie
die Sonne zwiſchen dunkel erzeugten Wolken
einen matten Schein wirft, aber oft ploͤzlich
ſchwaͤrzere Wolken die Erde in Nacht huͤllen.
Ach, der Entſchluß uns zu verlaſſen, ihr freu-
denleeres Leben zu enden, reifte ſchon lange in
ihrer Seele! Sie hat ihn in der Morgenſtunde
vollendet, und wir ahndeten es nicht, daß ſie
uns geſtern zum leztenmal umarmen, das lezte Le-
bewol ſtammeln wuͤrde. Es war eine fuͤrchter-
liche Nacht, Regenſtuͤrme durchſchauerten die
Luft, der Morgen war dunkel und ſtuͤrmiſch; ich
erwachte vom aͤngſtlichen Traum erſchuͤttert,
ſuchte meine Schweſter im Hauſe, Garten, in
der ganzen Flur, und ſie war nirgends. Wie ich
nun ſo aufs Feld hinſchlendere, und mein Blik
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/119>, abgerufen am 24.11.2024.
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