Knorr, Christian: Poetische Erörterung der Frage / Ob die Liebe durch den Ehstand gemehret oder gemindert werde? in demselben ab- oder zunehme? Breslau, um 1700.Verzeiht / ihr die ihr lest / ich hab' es zwar geschriben / Doch sicher! Hertz und Geist hat nichts daran gemacht; Ich weiß in Wahrheit nicht / was mich vor Wuth getriben /Daß ich so närrisch Ding hir auf die Bahn gebracht. Wie? Sol der Ehstand nicht das Band der Libe heissen?Sol er der Zunder nicht zu stetem Brande seyn? Kan die Vermählungs-Kett' ein blauer Dunst zerreissen?Und fällt der Libs-Palast den Tag der Hochzeit ein? Verflucht / wer dieses glaubt: Der Ehstand bleibt die Qvelle /Wo täglich neue Lust in vollen Röhren springt / Ein von dem Himmel selbst gegebner Schlaff-GeselleIst ein unschätzbar Gutt / so nichts als Freude bringt. Das Brod der keuschen Eh kan keinen Eckel geben /Wenn frembde Schleckerey bald Uberdruß erweckt; Ein himmlisches Confect verzuckert dieses LebenUnd macht / daß Aloe wie süsses Honig schmeckt. Hir muß der Lilgenstrauch im harten Winter blühen /Der Pomerantzen Baum ist nie von Früchten leer / Kein Wasser kan das Oel von dieser Lamp' entzihen;Die Eh hat Palmen-Art / ihr fället nichts zu schwer. Gesetzt die Sonne wird mit Wolcken überzogen /Sie zeigt im Augenblick ein weit vollkommner Rad / Ein süsser Zephir-Wind zertheilt die Wasserwogen /Die der Versuchungs-Sturm zur Prob erreget hat. Wahr ists: Daß man nicht hir mit Seufzen / schertzen / küssen /Wie bey der Buhlerey verzehret Tag und Nacht / Allein wo Geist in Geist und Hertz in Hertz zerfliessen /Wird solches Possenwerck und Kinderspiel verlacht. Und was bemüh ich mich den Ehstand zu erheben?Ein jeder sehe nur die zwey Verlobten an / Die werden aller Welt ein klares Zeugniß geben /Das in der Libe bloß die Eh vergnügen kan. Genung: Ihr die ihr libt / und ewig denckt zu brennen /Itzt kommt mein rechter Rath / den ich zu geben weiß / Sucht euch ein solches Band / so nur der Tod kan trennen /Und glaubt: Der Ehstand ist der Libe Paradeiß! Verzeiht / ihr die ihr lest / ich hab’ es zwar geschriben / Doch sicher! Hertz und Geist hat nichts daran gemacht; Ich weiß in Wahrheit nicht / was mich vor Wuth getriben /Daß ich so närrisch Ding hir auf die Bahn gebracht. Wie? Sol der Ehstand nicht das Band der Libe heissen?Sol er der Zunder nicht zu stetem Brande seyn? Kan die Vermählungs-Kett’ ein blauer Dunst zerreissen?Und fällt der Libs-Palast den Tag der Hochzeit ein? Verflucht / wer dieses glaubt: Der Ehstand bleibt die Qvelle /Wo täglich neue Lust in vollen Röhren springt / Ein von dem Himmel selbst gegebner Schlaff-GeselleIst ein unschätzbar Gutt / so nichts als Freude bringt. Das Brod der keuschen Eh kan keinen Eckel geben /Wenn frembde Schleckerey bald Uberdruß erweckt; Ein himmlisches Confect verzuckert dieses LebenUnd macht / daß Aloe wie süsses Honig schmeckt. Hir muß der Lilgenstrauch im harten Winter blühen /Der Pomerantzen Baum ist nie von Früchten leer / Kein Wasser kan das Oel von dieser Lamp’ entzihen;Die Eh hat Palmen-Art / ihr fället nichts zu schwer. Gesetzt die Sonne wird mit Wolcken überzogen /Sie zeigt im Augenblick ein weit vollkommner Rad / Ein süsser Zephir-Wind zertheilt die Wasserwogen /Die der Versuchungs-Sturm zur Prob erreget hat. Wahr ists: Daß man nicht hir mit Seufzen / schertzen / küssen /Wie bey der Buhlerey verzehret Tag und Nacht / Allein wo Geist in Geist und Hertz in Hertz zerfliessen /Wird solches Possenwerck und Kinderspiel verlacht. Und was bemüh ich mich den Ehstand zu erheben?Ein jeder sehe nur die zwey Verlobten an / Die werden aller Welt ein klares Zeugniß geben /Das in der Libe bloß die Eh vergnügen kan. 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Wie? Sol der Ehstand nicht das Band der Libe heissen?
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Kan die Vermählungs-Kett’ ein blauer Dunst zerreissen?
Und fällt der Libs-Palast den Tag der Hochzeit ein?
Verflucht / wer dieses glaubt: Der Ehstand bleibt die Qvelle /
Wo täglich neue Lust in vollen Röhren springt /
Ein von dem Himmel selbst gegebner Schlaff-Geselle
Ist ein unschätzbar Gutt / so nichts als Freude bringt.
Das Brod der keuschen Eh kan keinen Eckel geben /
Wenn frembde Schleckerey bald Uberdruß erweckt;
Ein himmlisches Confect verzuckert dieses Leben
Und macht / daß Aloe wie süsses Honig schmeckt.
Hir muß der Lilgenstrauch im harten Winter blühen /
Der Pomerantzen Baum ist nie von Früchten leer /
Kein Wasser kan das Oel von dieser Lamp’ entzihen;
Die Eh hat Palmen-Art / ihr fället nichts zu schwer.
Gesetzt die Sonne wird mit Wolcken überzogen /
Sie zeigt im Augenblick ein weit vollkommner Rad /
Ein süsser Zephir-Wind zertheilt die Wasserwogen /
Die der Versuchungs-Sturm zur Prob erreget hat.
Wahr ists: Daß man nicht hir mit Seufzen / schertzen / küssen /
Wie bey der Buhlerey verzehret Tag und Nacht /
Allein wo Geist in Geist und Hertz in Hertz zerfliessen /
Wird solches Possenwerck und Kinderspiel verlacht.
Und was bemüh ich mich den Ehstand zu erheben?
Ein jeder sehe nur die zwey Verlobten an /
Die werden aller Welt ein klares Zeugniß geben /
Das in der Libe bloß die Eh vergnügen kan.
Genung: Ihr die ihr libt / und ewig denckt zu brennen /
Itzt kommt mein rechter Rath / den ich zu geben weiß /
Sucht euch ein solches Band / so nur der Tod kan trennen /
Und glaubt: Der Ehstand ist der Libe Paradeiß!
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