Es giebt aber geringe, unschuldige Gefällig¬ keiten gegen die Großen der Erde, die man ih¬ nen, ohne sich ein Gewissen daraus zu machen, erweisen, und unwichtige Forderungen von ihrer Seite, die man ohne niedrige Schmeicheley er¬ füllen kann. Diese verzogenen Schooßkinder des Glücks sind nemlich von Jugend auf daran gewöhnt worden, daß man sich in Kleinigkeiten nach ihren Phantasien fügt, ihren Geschmack zur Richtschnur annimmt, ihre Liebhabereyen artig findet, und alles vermeidet, was ihnen aus Vorurtheil oder kindischem Eigensinne zuwieder ist. Auch die Besten unter ihnen sind von sol¬ chen Grillen und Einbildungen nicht ganz frey, und wenn man nun auf einen sonst redlichen, edeln Fürsten dadurch zum Guten würken kann, daß man sich hierzu bequemt, oder wenn unser und unsrer Familie zeitliches Glück in seinen Händen ist -- wer wird da nicht nachgebend seyn, und sich ein wenig nach einem Solchen richten? So reden zum Beyspiel manche Fürstenkinder sehr geschwind und undeutlich und sehen es nicht gern, wenn man noch einmal frägt, sondern wollen gleich verstanden seyn. Freylich wäre es
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Es giebt aber geringe, unſchuldige Gefaͤllig¬ keiten gegen die Großen der Erde, die man ih¬ nen, ohne ſich ein Gewiſſen daraus zu machen, erweiſen, und unwichtige Forderungen von ihrer Seite, die man ohne niedrige Schmeicheley er¬ fuͤllen kann. Dieſe verzogenen Schooßkinder des Gluͤcks ſind nemlich von Jugend auf daran gewoͤhnt worden, daß man ſich in Kleinigkeiten nach ihren Phantaſien fuͤgt, ihren Geſchmack zur Richtſchnur annimmt, ihre Liebhabereyen artig findet, und alles vermeidet, was ihnen aus Vorurtheil oder kindiſchem Eigenſinne zuwieder iſt. Auch die Beſten unter ihnen ſind von ſol¬ chen Grillen und Einbildungen nicht ganz frey, und wenn man nun auf einen ſonſt redlichen, edeln Fuͤrſten dadurch zum Guten wuͤrken kann, daß man ſich hierzu bequemt, oder wenn unſer und unſrer Familie zeitliches Gluͤck in ſeinen Haͤnden iſt — wer wird da nicht nachgebend ſeyn, und ſich ein wenig nach einem Solchen richten? So reden zum Beyſpiel manche Fuͤrſtenkinder ſehr geſchwind und undeutlich und ſehen es nicht gern, wenn man noch einmal fraͤgt, ſondern wollen gleich verſtanden ſeyn. Freylich waͤre es
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Es giebt aber geringe, unſchuldige Gefaͤllig¬
keiten gegen die Großen der Erde, die man ih¬
nen, ohne ſich ein Gewiſſen daraus zu machen,
erweiſen, und unwichtige Forderungen von ihrer
Seite, die man ohne niedrige Schmeicheley er¬
fuͤllen kann. Dieſe verzogenen Schooßkinder
des Gluͤcks ſind nemlich von Jugend auf daran
gewoͤhnt worden, daß man ſich in Kleinigkeiten
nach ihren Phantaſien fuͤgt, ihren Geſchmack
zur Richtſchnur annimmt, ihre Liebhabereyen
artig findet, und alles vermeidet, was ihnen aus
Vorurtheil oder kindiſchem Eigenſinne zuwieder
iſt. Auch die Beſten unter ihnen ſind von ſol¬
chen Grillen und Einbildungen nicht ganz frey,
und wenn man nun auf einen ſonſt redlichen,
edeln Fuͤrſten dadurch zum Guten wuͤrken kann,
daß man ſich hierzu bequemt, oder wenn unſer
und unſrer Familie zeitliches Gluͤck in ſeinen
Haͤnden iſt — wer wird da nicht nachgebend ſeyn,
und ſich ein wenig nach einem Solchen richten?
So reden zum Beyſpiel manche Fuͤrſtenkinder
ſehr geſchwind und undeutlich und ſehen es nicht
gern, wenn man noch einmal fraͤgt, ſondern
wollen gleich verſtanden ſeyn. Freylich waͤre es
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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