sich um nichts zu bekümmern, was uns nicht unmittelbar betrifft, höflich gegen jedermann, vertraulich aber nur unter vier Augen gegen die Allergeprüftesten zu seyn.
12.
Rede mit den Großen der Erde ohne Noth nicht von Deinen häuslichen Umständen, von Dingen, die nur persönlich Dich und Deine Familie angehen! Klage ihnen nicht Dein Un¬ gemach! Vertraue ihnen nicht den Kummer Deines Herzens! Sie fühlen ja doch kein war¬ mes Interesse dabey, haben keinen Sinn für freundschafliche Theilnahme; Es macht ihnen Langeweile; Deine Geheimnisse sind ihnen nicht wichtig genug, um sie treu zu bewahren; Im¬ mer meinen sie, man wolle bey ihnen betteln, und sie verachten den Mann, der nicht glücklich, nicht frey ist. Von Jugend auf glauben sie, je¬ dermann mache Plan auf ihren Geldbeutel, auf ihre Wohlthaten. Ueberhaupt sehen uns die Leute von dem Augenblicke, da wir etwas zu suchen, Andrer zu bedürfen scheinen, mit ganz andern Augen an, als vorher. Man lässt uns Gerechtigkeit wiederfahren, ja! man zeigt sich
be¬
ſich um nichts zu bekuͤmmern, was uns nicht unmittelbar betrifft, hoͤflich gegen jedermann, vertraulich aber nur unter vier Augen gegen die Allergepruͤfteſten zu ſeyn.
12.
Rede mit den Großen der Erde ohne Noth nicht von Deinen haͤuslichen Umſtaͤnden, von Dingen, die nur perſoͤnlich Dich und Deine Familie angehen! Klage ihnen nicht Dein Un¬ gemach! Vertraue ihnen nicht den Kummer Deines Herzens! Sie fuͤhlen ja doch kein war¬ mes Intereſſe dabey, haben keinen Sinn fuͤr freundſchafliche Theilnahme; Es macht ihnen Langeweile; Deine Geheimniſſe ſind ihnen nicht wichtig genug, um ſie treu zu bewahren; Im¬ mer meinen ſie, man wolle bey ihnen betteln, und ſie verachten den Mann, der nicht gluͤcklich, nicht frey iſt. Von Jugend auf glauben ſie, je¬ dermann mache Plan auf ihren Geldbeutel, auf ihre Wohlthaten. Ueberhaupt ſehen uns die Leute von dem Augenblicke, da wir etwas zu ſuchen, Andrer zu beduͤrfen ſcheinen, mit ganz andern Augen an, als vorher. Man laͤſſt uns Gerechtigkeit wiederfahren, ja! man zeigt ſich
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ſich um nichts zu bekuͤmmern, was uns nicht
unmittelbar betrifft, hoͤflich gegen jedermann,
vertraulich aber nur unter vier Augen gegen die
Allergepruͤfteſten zu ſeyn.
12.
Rede mit den Großen der Erde ohne Noth
nicht von Deinen haͤuslichen Umſtaͤnden, von
Dingen, die nur perſoͤnlich Dich und Deine
Familie angehen! Klage ihnen nicht Dein Un¬
gemach! Vertraue ihnen nicht den Kummer
Deines Herzens! Sie fuͤhlen ja doch kein war¬
mes Intereſſe dabey, haben keinen Sinn fuͤr
freundſchafliche Theilnahme; Es macht ihnen
Langeweile; Deine Geheimniſſe ſind ihnen nicht
wichtig genug, um ſie treu zu bewahren; Im¬
mer meinen ſie, man wolle bey ihnen betteln,
und ſie verachten den Mann, der nicht gluͤcklich,
nicht frey iſt. Von Jugend auf glauben ſie, je¬
dermann mache Plan auf ihren Geldbeutel, auf
ihre Wohlthaten. Ueberhaupt ſehen uns die
Leute von dem Augenblicke, da wir etwas zu
ſuchen, Andrer zu beduͤrfen ſcheinen, mit ganz
andern Augen an, als vorher. Man laͤſſt uns
Gerechtigkeit wiederfahren, ja! man zeigt ſich
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/42>, abgerufen am 18.12.2024.
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