Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Preis gemacht hatte, und ich beseufzte die ver¬
schwundene Hofnung und die verlohrne Summe,
von welcher ich mit den Meinigen eine Zeitlang
hätte leben können.

Eben so wenig rathe ich, den Großen Geld
zu leyhen, oder von ihnen zu borgen. Im er¬
stern Falle sehen sie nicht nur ihre Gläubiger als
Wucherer und als Solche an, die sich eine Ehre
daraus machen müssen, den gnädigen Herrn mit
ihrem Vermögen aufzuwarten, sondern auch,
wenn sie saumselig in Wiederbezahlung der
Schuld sind, wie man denn das sehr oft erlebt;
(da sie mehrentheils größern Aufwand machen,
und unordentlicher in ihren häuslichen Geschäf¬
ten zu seyn pflegen, als sie sollten) so hat man
unerhörte Weitläuftigkeiten, hat zuweilen Mühe,
Gerechtigkeit gegen sie zu erlangen, und macht
sich wohl noch obendrein eine mächtige Parthey
zu Feinden. Im andern Fall aber, nemlich
wenn man von ihnen borgt, wagt man, tausend¬
fältig ihr Sclav zu werden.

9.

Trage nichts dazu bey, sie und ihre Kinder
noch mehr zu verderben, moralisch zu verschlim¬

mern!

Preis gemacht hatte, und ich beſeufzte die ver¬
ſchwundene Hofnung und die verlohrne Summe,
von welcher ich mit den Meinigen eine Zeitlang
haͤtte leben koͤnnen.

Eben ſo wenig rathe ich, den Großen Geld
zu leyhen, oder von ihnen zu borgen. Im er¬
ſtern Falle ſehen ſie nicht nur ihre Glaͤubiger als
Wucherer und als Solche an, die ſich eine Ehre
daraus machen muͤſſen, den gnaͤdigen Herrn mit
ihrem Vermoͤgen aufzuwarten, ſondern auch,
wenn ſie ſaumſelig in Wiederbezahlung der
Schuld ſind, wie man denn das ſehr oft erlebt;
(da ſie mehrentheils groͤßern Aufwand machen,
und unordentlicher in ihren haͤuslichen Geſchaͤf¬
ten zu ſeyn pflegen, als ſie ſollten) ſo hat man
unerhoͤrte Weitlaͤuftigkeiten, hat zuweilen Muͤhe,
Gerechtigkeit gegen ſie zu erlangen, und macht
ſich wohl noch obendrein eine maͤchtige Parthey
zu Feinden. Im andern Fall aber, nemlich
wenn man von ihnen borgt, wagt man, tauſend¬
faͤltig ihr Sclav zu werden.

9.

Trage nichts dazu bey, ſie und ihre Kinder
noch mehr zu verderben, moraliſch zu verſchlim¬

mern!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0036" n="14"/>
Preis gemacht hatte, und ich be&#x017F;eufzte die ver¬<lb/>
&#x017F;chwundene Hofnung und die verlohrne Summe,<lb/>
von welcher ich mit den Meinigen eine Zeitlang<lb/>
ha&#x0364;tte leben ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <p>Eben &#x017F;o wenig rathe ich, den Großen Geld<lb/>
zu leyhen, oder von ihnen zu borgen. Im er¬<lb/>
&#x017F;tern Falle &#x017F;ehen &#x017F;ie nicht nur ihre Gla&#x0364;ubiger als<lb/>
Wucherer und als Solche an, die &#x017F;ich eine Ehre<lb/>
daraus machen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, den gna&#x0364;digen Herrn mit<lb/>
ihrem Vermo&#x0364;gen aufzuwarten, &#x017F;ondern auch,<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;aum&#x017F;elig in Wiederbezahlung der<lb/>
Schuld &#x017F;ind, wie man denn das &#x017F;ehr oft erlebt;<lb/>
(da &#x017F;ie mehrentheils gro&#x0364;ßern Aufwand machen,<lb/>
und unordentlicher in ihren ha&#x0364;uslichen Ge&#x017F;cha&#x0364;<lb/>
ten zu &#x017F;eyn pflegen, als &#x017F;ie &#x017F;ollten) &#x017F;o hat man<lb/>
unerho&#x0364;rte Weitla&#x0364;uftigkeiten, hat zuweilen Mu&#x0364;he,<lb/>
Gerechtigkeit gegen &#x017F;ie zu erlangen, und macht<lb/>
&#x017F;ich wohl noch obendrein eine ma&#x0364;chtige Parthey<lb/>
zu Feinden. Im andern Fall aber, nemlich<lb/>
wenn man von ihnen borgt, wagt man, tau&#x017F;end¬<lb/>
fa&#x0364;ltig ihr Sclav zu werden.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>9.<lb/></head>
            <p>Trage nichts dazu bey, &#x017F;ie und ihre Kinder<lb/>
noch mehr zu verderben, morali&#x017F;ch zu ver&#x017F;chlim¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mern!<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0036] Preis gemacht hatte, und ich beſeufzte die ver¬ ſchwundene Hofnung und die verlohrne Summe, von welcher ich mit den Meinigen eine Zeitlang haͤtte leben koͤnnen. Eben ſo wenig rathe ich, den Großen Geld zu leyhen, oder von ihnen zu borgen. Im er¬ ſtern Falle ſehen ſie nicht nur ihre Glaͤubiger als Wucherer und als Solche an, die ſich eine Ehre daraus machen muͤſſen, den gnaͤdigen Herrn mit ihrem Vermoͤgen aufzuwarten, ſondern auch, wenn ſie ſaumſelig in Wiederbezahlung der Schuld ſind, wie man denn das ſehr oft erlebt; (da ſie mehrentheils groͤßern Aufwand machen, und unordentlicher in ihren haͤuslichen Geſchaͤf¬ ten zu ſeyn pflegen, als ſie ſollten) ſo hat man unerhoͤrte Weitlaͤuftigkeiten, hat zuweilen Muͤhe, Gerechtigkeit gegen ſie zu erlangen, und macht ſich wohl noch obendrein eine maͤchtige Parthey zu Feinden. Im andern Fall aber, nemlich wenn man von ihnen borgt, wagt man, tauſend¬ faͤltig ihr Sclav zu werden. 9. Trage nichts dazu bey, ſie und ihre Kinder noch mehr zu verderben, moraliſch zu verſchlim¬ mern!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/36
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/36>, abgerufen am 21.11.2024.