Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Man verlasse sich nicht auf die Bauern,
wenn sie uns Fußwege anzeigen, die näher als
die gewöhnlichen seyn sollen! So wie überhaupt
diese Menschen voll Vorurtheile und Anhäng¬
lichkeit an alte Gewohnheiten sind; so gehen sie
auch immer die Wege, die vom Vater auf den
Sohn herab, als die nächsten sind anerkannt wor¬
den, ohne daß sie Augenmaß und Ueberlegung
gebrauchen, um die Irthümer ihrer Voreltern zu
berichtigen.

3.

Ich komme jetzt zu dem Umgange mit be¬
trunkenen Leuten
. Der Wein erfreuet des
Menschen Herz, und wenn man dies Vehiculum
nicht als ein nothwendiges Bedürfniß, ohne
welches man durchaus nicht in frohe Laune zu
setzen ist, sondern als ein Erweckungsmittel
braucht, um in trüben Augenblicken den natür¬
lichen guten Humor, der nie ganz aus dem Ge¬
müthe eines ehrlichen Biedermanns weichen
darf, unter dem Schutte von häuslichen Sor¬
gen hervorzurufen; so habe ich nichts dagegen
einzuwenden, sondern gestehe vielmehr, daß ich
selbst die wohlthätige Würkung dieser herrlichen
Arzeney aus dankbarer Erfahrung kenne. Al¬

lein
T 2

Man verlaſſe ſich nicht auf die Bauern,
wenn ſie uns Fußwege anzeigen, die naͤher als
die gewoͤhnlichen ſeyn ſollen! So wie uͤberhaupt
dieſe Menſchen voll Vorurtheile und Anhaͤng¬
lichkeit an alte Gewohnheiten ſind; ſo gehen ſie
auch immer die Wege, die vom Vater auf den
Sohn herab, als die naͤchſten ſind anerkannt wor¬
den, ohne daß ſie Augenmaß und Ueberlegung
gebrauchen, um die Irthuͤmer ihrer Voreltern zu
berichtigen.

3.

Ich komme jetzt zu dem Umgange mit be¬
trunkenen Leuten
. Der Wein erfreuet des
Menſchen Herz, und wenn man dies Vehiculum
nicht als ein nothwendiges Beduͤrfniß, ohne
welches man durchaus nicht in frohe Laune zu
ſetzen iſt, ſondern als ein Erweckungsmittel
braucht, um in truͤben Augenblicken den natuͤr¬
lichen guten Humor, der nie ganz aus dem Ge¬
muͤthe eines ehrlichen Biedermanns weichen
darf, unter dem Schutte von haͤuslichen Sor¬
gen hervorzurufen; ſo habe ich nichts dagegen
einzuwenden, ſondern geſtehe vielmehr, daß ich
ſelbſt die wohlthaͤtige Wuͤrkung dieſer herrlichen
Arzeney aus dankbarer Erfahrung kenne. Al¬

lein
T 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0313" n="291"/>
            <p>Man verla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich nicht auf die Bauern,<lb/>
wenn &#x017F;ie uns Fußwege anzeigen, die na&#x0364;her als<lb/>
die gewo&#x0364;hnlichen &#x017F;eyn &#x017F;ollen! So wie u&#x0364;berhaupt<lb/>
die&#x017F;e Men&#x017F;chen voll Vorurtheile und Anha&#x0364;ng¬<lb/>
lichkeit an alte Gewohnheiten &#x017F;ind; &#x017F;o gehen &#x017F;ie<lb/>
auch immer die Wege, die vom Vater auf den<lb/>
Sohn herab, als die na&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;ind anerkannt wor¬<lb/>
den, ohne daß &#x017F;ie Augenmaß und Ueberlegung<lb/>
gebrauchen, um die Irthu&#x0364;mer ihrer Voreltern zu<lb/>
berichtigen.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3.<lb/></head>
            <p>Ich komme jetzt zu dem Umgange mit <hi rendition="#fr">be¬<lb/>
trunkenen Leuten</hi>. Der Wein erfreuet des<lb/>
Men&#x017F;chen Herz, und wenn man dies Vehiculum<lb/>
nicht als ein nothwendiges Bedu&#x0364;rfniß, ohne<lb/>
welches man durchaus nicht in frohe Laune zu<lb/>
&#x017F;etzen i&#x017F;t, &#x017F;ondern als ein Erweckungsmittel<lb/>
braucht, um in tru&#x0364;ben Augenblicken den natu&#x0364;<lb/>
lichen guten Humor, der nie ganz aus dem Ge¬<lb/>
mu&#x0364;the eines ehrlichen Biedermanns weichen<lb/>
darf, unter dem Schutte von ha&#x0364;uslichen Sor¬<lb/>
gen hervorzurufen; &#x017F;o habe ich nichts dagegen<lb/>
einzuwenden, &#x017F;ondern ge&#x017F;tehe vielmehr, daß ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die wohltha&#x0364;tige Wu&#x0364;rkung die&#x017F;er herrlichen<lb/>
Arzeney aus dankbarer Erfahrung kenne. Al¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 2<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">lein<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0313] Man verlaſſe ſich nicht auf die Bauern, wenn ſie uns Fußwege anzeigen, die naͤher als die gewoͤhnlichen ſeyn ſollen! So wie uͤberhaupt dieſe Menſchen voll Vorurtheile und Anhaͤng¬ lichkeit an alte Gewohnheiten ſind; ſo gehen ſie auch immer die Wege, die vom Vater auf den Sohn herab, als die naͤchſten ſind anerkannt wor¬ den, ohne daß ſie Augenmaß und Ueberlegung gebrauchen, um die Irthuͤmer ihrer Voreltern zu berichtigen. 3. Ich komme jetzt zu dem Umgange mit be¬ trunkenen Leuten. Der Wein erfreuet des Menſchen Herz, und wenn man dies Vehiculum nicht als ein nothwendiges Beduͤrfniß, ohne welches man durchaus nicht in frohe Laune zu ſetzen iſt, ſondern als ein Erweckungsmittel braucht, um in truͤben Augenblicken den natuͤr¬ lichen guten Humor, der nie ganz aus dem Ge¬ muͤthe eines ehrlichen Biedermanns weichen darf, unter dem Schutte von haͤuslichen Sor¬ gen hervorzurufen; ſo habe ich nichts dagegen einzuwenden, ſondern geſtehe vielmehr, daß ich ſelbſt die wohlthaͤtige Wuͤrkung dieſer herrlichen Arzeney aus dankbarer Erfahrung kenne. Al¬ lein T 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/313
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/313>, abgerufen am 22.11.2024.