Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ohnerwartet von Dieben oder Mördern ange¬
griffen wird. Räuber und Banditen sind fast
immer entweder furchtsam, oder, wenn Ver¬
zweiflung sie berauscht, nicht genug auf ihrer
Hut, auf ernsthaften, förmlichen Wiederstand
nicht vorbereitet. Ein entschlossener, kaltblütiger
Mann ist da stärker, als zehn solcher Elenden,
die ihn angreifen. Hier muß aber wohl über¬
legt werden, ob es Schaden oder Nutzen stiften
könne, sich mit Schieß- oder anderm Gewehre
zu vertheidigen, oder nicht; ob es gerathener
sey, Lerm zu machen, oder sich in sein Schicksal
zu finden, der Uebermacht zu weichen, und mit
Hingebung seines Mammons sein Leben zu er¬
kaufen. Es lassen sich darüber ohnmöglich all¬
gemeine Regeln geben. Um aber auf jeden die¬
ser Fälle sich gefasst zu halten, rathe ich, bey
kaltem Blute sich in dergleichen Lagen hineinzu¬
denken, und sich dann dienliche Maßregeln vor¬
zuschreiben. Ich halte es auch für einen wich¬
tigen Theil der Erziehung, seine Kinder zuwei¬
len nicht nur durch Fragen, wie sie sich bey sol¬
chen Gelegenheiten betragen würden, aufmerk¬
sam auf unerwartete Vorfälle aller Art zu ma¬
chen, sondern sie auch zuweilen in würkliche

klei¬
S 2

ohnerwartet von Dieben oder Moͤrdern ange¬
griffen wird. Raͤuber und Banditen ſind faſt
immer entweder furchtſam, oder, wenn Ver¬
zweiflung ſie berauſcht, nicht genug auf ihrer
Hut, auf ernſthaften, foͤrmlichen Wiederſtand
nicht vorbereitet. Ein entſchloſſener, kaltbluͤtiger
Mann iſt da ſtaͤrker, als zehn ſolcher Elenden,
die ihn angreifen. Hier muß aber wohl uͤber¬
legt werden, ob es Schaden oder Nutzen ſtiften
koͤnne, ſich mit Schieß- oder anderm Gewehre
zu vertheidigen, oder nicht; ob es gerathener
ſey, Lerm zu machen, oder ſich in ſein Schickſal
zu finden, der Uebermacht zu weichen, und mit
Hingebung ſeines Mammons ſein Leben zu er¬
kaufen. Es laſſen ſich daruͤber ohnmoͤglich all¬
gemeine Regeln geben. Um aber auf jeden die¬
ſer Faͤlle ſich gefaſſt zu halten, rathe ich, bey
kaltem Blute ſich in dergleichen Lagen hineinzu¬
denken, und ſich dann dienliche Maßregeln vor¬
zuſchreiben. Ich halte es auch fuͤr einen wich¬
tigen Theil der Erziehung, ſeine Kinder zuwei¬
len nicht nur durch Fragen, wie ſie ſich bey ſol¬
chen Gelegenheiten betragen wuͤrden, aufmerk¬
ſam auf unerwartete Vorfaͤlle aller Art zu ma¬
chen, ſondern ſie auch zuweilen in wuͤrkliche

klei¬
S 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0297" n="275"/>
ohnerwartet von Dieben oder Mo&#x0364;rdern ange¬<lb/>
griffen wird. Ra&#x0364;uber und Banditen &#x017F;ind fa&#x017F;t<lb/>
immer entweder furcht&#x017F;am, oder, wenn Ver¬<lb/>
zweiflung &#x017F;ie berau&#x017F;cht, nicht genug auf ihrer<lb/>
Hut, auf ern&#x017F;thaften, fo&#x0364;rmlichen Wieder&#x017F;tand<lb/>
nicht vorbereitet. Ein ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener, kaltblu&#x0364;tiger<lb/>
Mann i&#x017F;t da &#x017F;ta&#x0364;rker, als zehn &#x017F;olcher Elenden,<lb/>
die ihn angreifen. Hier muß aber wohl u&#x0364;ber¬<lb/>
legt werden, ob es Schaden oder Nutzen &#x017F;tiften<lb/>
ko&#x0364;nne, &#x017F;ich mit Schieß- oder anderm Gewehre<lb/>
zu vertheidigen, oder nicht; ob es gerathener<lb/>
&#x017F;ey, Lerm zu machen, oder &#x017F;ich in &#x017F;ein Schick&#x017F;al<lb/>
zu finden, der Uebermacht zu weichen, und mit<lb/>
Hingebung &#x017F;eines Mammons &#x017F;ein Leben zu er¬<lb/>
kaufen. Es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich daru&#x0364;ber ohnmo&#x0364;glich all¬<lb/>
gemeine Regeln geben. Um aber auf jeden die¬<lb/>
&#x017F;er Fa&#x0364;lle &#x017F;ich gefa&#x017F;&#x017F;t zu halten, rathe ich, bey<lb/>
kaltem Blute &#x017F;ich in dergleichen Lagen hineinzu¬<lb/>
denken, und &#x017F;ich dann dienliche Maßregeln vor¬<lb/>
zu&#x017F;chreiben. Ich halte es auch fu&#x0364;r einen wich¬<lb/>
tigen Theil der Erziehung, &#x017F;eine Kinder zuwei¬<lb/>
len nicht nur durch Fragen, wie &#x017F;ie &#x017F;ich bey &#x017F;ol¬<lb/>
chen Gelegenheiten betragen wu&#x0364;rden, aufmerk¬<lb/>
&#x017F;am auf unerwartete Vorfa&#x0364;lle aller Art zu ma¬<lb/>
chen, &#x017F;ondern &#x017F;ie auch zuweilen in wu&#x0364;rkliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">klei¬<lb/></fw> <fw place="bottom" type="sig">S 2<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0297] ohnerwartet von Dieben oder Moͤrdern ange¬ griffen wird. Raͤuber und Banditen ſind faſt immer entweder furchtſam, oder, wenn Ver¬ zweiflung ſie berauſcht, nicht genug auf ihrer Hut, auf ernſthaften, foͤrmlichen Wiederſtand nicht vorbereitet. Ein entſchloſſener, kaltbluͤtiger Mann iſt da ſtaͤrker, als zehn ſolcher Elenden, die ihn angreifen. Hier muß aber wohl uͤber¬ legt werden, ob es Schaden oder Nutzen ſtiften koͤnne, ſich mit Schieß- oder anderm Gewehre zu vertheidigen, oder nicht; ob es gerathener ſey, Lerm zu machen, oder ſich in ſein Schickſal zu finden, der Uebermacht zu weichen, und mit Hingebung ſeines Mammons ſein Leben zu er¬ kaufen. Es laſſen ſich daruͤber ohnmoͤglich all¬ gemeine Regeln geben. Um aber auf jeden die¬ ſer Faͤlle ſich gefaſſt zu halten, rathe ich, bey kaltem Blute ſich in dergleichen Lagen hineinzu¬ denken, und ſich dann dienliche Maßregeln vor¬ zuſchreiben. Ich halte es auch fuͤr einen wich¬ tigen Theil der Erziehung, ſeine Kinder zuwei¬ len nicht nur durch Fragen, wie ſie ſich bey ſol¬ chen Gelegenheiten betragen wuͤrden, aufmerk¬ ſam auf unerwartete Vorfaͤlle aller Art zu ma¬ chen, ſondern ſie auch zuweilen in wuͤrkliche klei¬ S 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/297
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/297>, abgerufen am 23.11.2024.