Der wichtigste Punct scheint bey solchen Kranken anfangs der zu seyn, daß man die er¬ ste Quelle ihres Uebels aufsuche, daß man be¬ wahrheite, ob und wie dieselbe, durch Zerrüt¬ tung einzelner cörperlicher Werkzeuge, oder durch Gemüthslagen, heftige Leidenschaften, oder Un¬ glücksfälle entstanden. Zu diesem Endzwecke muß man Acht darauf geben, womit sich ihre Phantasie in den Augenblicken der Raserey oder Verwirrung und ausser denselben beschäftigt, worauf ihre Einbildungskraft brütet. Da würde sich's dann zeigen, daß man um diese Unglück¬ lichen nach und nach zu heilen, mehrentheils nur auf einen einzigen Punct zu würken, in ihnen auf vorsichtige Weise nur eine einzige herrschende Grille zu zerstöhren oder zu modifi¬ cieren brauchte. Ferner würde es wichtig seyn, darauf Acht zu geben, welche Art von Wetter- Veränderung, Jahrszeit und Mond-Wandelung Einfluß auf ihre Krankheit hätte, um die glückli¬ chen Augenblicke zur Behandlung zu nützen. Endlich habe ich bemerkt, daß das Einsperren und jede harte Verfahrungsart fast immer das Uebel ärger macht. Ich muß bey dieser Gele¬ genheit mit wahrem, aufrichtigem Lobe der Ein¬
rich¬
Der wichtigſte Punct ſcheint bey ſolchen Kranken anfangs der zu ſeyn, daß man die er¬ ſte Quelle ihres Uebels aufſuche, daß man be¬ wahrheite, ob und wie dieſelbe, durch Zerruͤt¬ tung einzelner coͤrperlicher Werkzeuge, oder durch Gemuͤthslagen, heftige Leidenſchaften, oder Un¬ gluͤcksfaͤlle entſtanden. Zu dieſem Endzwecke muß man Acht darauf geben, womit ſich ihre Phantaſie in den Augenblicken der Raſerey oder Verwirrung und auſſer denſelben beſchaͤftigt, worauf ihre Einbildungskraft bruͤtet. Da wuͤrde ſich's dann zeigen, daß man um dieſe Ungluͤck¬ lichen nach und nach zu heilen, mehrentheils nur auf einen einzigen Punct zu wuͤrken, in ihnen auf vorſichtige Weiſe nur eine einzige herrſchende Grille zu zerſtoͤhren oder zu modifi¬ cieren brauchte. Ferner wuͤrde es wichtig ſeyn, darauf Acht zu geben, welche Art von Wetter- Veraͤnderung, Jahrszeit und Mond-Wandelung Einfluß auf ihre Krankheit haͤtte, um die gluͤckli¬ chen Augenblicke zur Behandlung zu nuͤtzen. Endlich habe ich bemerkt, daß das Einſperren und jede harte Verfahrungsart faſt immer das Uebel aͤrger macht. Ich muß bey dieſer Gele¬ genheit mit wahrem, aufrichtigem Lobe der Ein¬
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Der wichtigſte Punct ſcheint bey ſolchen
Kranken anfangs der zu ſeyn, daß man die er¬
ſte Quelle ihres Uebels aufſuche, daß man be¬
wahrheite, ob und wie dieſelbe, durch Zerruͤt¬
tung einzelner coͤrperlicher Werkzeuge, oder durch
Gemuͤthslagen, heftige Leidenſchaften, oder Un¬
gluͤcksfaͤlle entſtanden. Zu dieſem Endzwecke
muß man Acht darauf geben, womit ſich ihre
Phantaſie in den Augenblicken der Raſerey oder
Verwirrung und auſſer denſelben beſchaͤftigt,
worauf ihre Einbildungskraft bruͤtet. Da wuͤrde
ſich's dann zeigen, daß man um dieſe Ungluͤck¬
lichen nach und nach zu heilen, mehrentheils
nur auf einen einzigen Punct zu wuͤrken, in
ihnen auf vorſichtige Weiſe nur eine einzige
herrſchende Grille zu zerſtoͤhren oder zu modifi¬
cieren brauchte. Ferner wuͤrde es wichtig ſeyn,
darauf Acht zu geben, welche Art von Wetter-
Veraͤnderung, Jahrszeit und Mond-Wandelung
Einfluß auf ihre Krankheit haͤtte, um die gluͤckli¬
chen Augenblicke zur Behandlung zu nuͤtzen.
Endlich habe ich bemerkt, daß das Einſperren
und jede harte Verfahrungsart faſt immer das
Uebel aͤrger macht. Ich muß bey dieſer Gele¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/290>, abgerufen am 27.11.2024.
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