sen und erfüllt seine christlichen Liebes-Pflichten mit Geräusch und Aufsehn, tobt und schäumt über den Gottlosen und Lasterhaften, oder ent¬ schuldigt fremde Fehler auf solche Weise, daß sie dadurch tausendfältig vergrößert erscheinen. Hüte Dich, Diesem auf irgend eine Weise in die Hände zu fallen! Fliehe ihn! Tritt ihm nicht auf den Fuß! Beleidige ihn nicht, wenn Dir Deine Ruhe lieb ist!
Abergläubische Leute, die an Ammen-Mär¬ chen, Gespenster-Histörchen und dergleichen hän¬ gen, sind nicht durch Gründe der Philosophie und vernünftige Zweifels-Erweckung von ihrem Wahne zu befreyen, am wenigsten aber durch De¬ clamationen, Persifflage und Ereiferung. Es ist da kein anders Mittel, als ihnen nicht eher zu wiedersprechen, bis man zugleich eine einzelne Thatsache strenge und kaltblütig untersuchen, und sie mit eigenen Augen von dem Betruge oder Un¬ grunde überzeugen kann, obgleich es wahrlich unbillig ist, daß man Dem, welcher eine über¬ natürliche Erscheinung behauptet, den Beweis erlässt, und ihn Demjenigen auflegt, der die Rechte der Vernunft vertheydigt.
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ſen und erfuͤllt ſeine chriſtlichen Liebes-Pflichten mit Geraͤuſch und Aufſehn, tobt und ſchaͤumt uͤber den Gottloſen und Laſterhaften, oder ent¬ ſchuldigt fremde Fehler auf ſolche Weiſe, daß ſie dadurch tauſendfaͤltig vergroͤßert erſcheinen. Huͤte Dich, Dieſem auf irgend eine Weiſe in die Haͤnde zu fallen! Fliehe ihn! Tritt ihm nicht auf den Fuß! Beleidige ihn nicht, wenn Dir Deine Ruhe lieb iſt!
Aberglaͤubiſche Leute, die an Ammen-Maͤr¬ chen, Geſpenſter-Hiſtoͤrchen und dergleichen haͤn¬ gen, ſind nicht durch Gruͤnde der Philoſophie und vernuͤnftige Zweifels-Erweckung von ihrem Wahne zu befreyen, am wenigſten aber durch De¬ clamationen, Perſifflage und Ereiferung. Es iſt da kein anders Mittel, als ihnen nicht eher zu wiederſprechen, bis man zugleich eine einzelne Thatſache ſtrenge und kaltbluͤtig unterſuchen, und ſie mit eigenen Augen von dem Betruge oder Un¬ grunde uͤberzeugen kann, obgleich es wahrlich unbillig iſt, daß man Dem, welcher eine uͤber¬ natuͤrliche Erſcheinung behauptet, den Beweis erlaͤſſt, und ihn Demjenigen auflegt, der die Rechte der Vernunft vertheydigt.
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ſen und erfuͤllt ſeine chriſtlichen Liebes-Pflichten
mit Geraͤuſch und Aufſehn, tobt und ſchaͤumt
uͤber den Gottloſen und Laſterhaften, oder ent¬
ſchuldigt fremde Fehler auf ſolche Weiſe, daß
ſie dadurch tauſendfaͤltig vergroͤßert erſcheinen.
Huͤte Dich, Dieſem auf irgend eine Weiſe in die
Haͤnde zu fallen! Fliehe ihn! Tritt ihm nicht
auf den Fuß! Beleidige ihn nicht, wenn Dir
Deine Ruhe lieb iſt!
Aberglaͤubiſche Leute, die an Ammen-Maͤr¬
chen, Geſpenſter-Hiſtoͤrchen und dergleichen haͤn¬
gen, ſind nicht durch Gruͤnde der Philoſophie
und vernuͤnftige Zweifels-Erweckung von ihrem
Wahne zu befreyen, am wenigſten aber durch De¬
clamationen, Perſifflage und Ereiferung. Es iſt
da kein anders Mittel, als ihnen nicht eher zu
wiederſprechen, bis man zugleich eine einzelne
Thatſache ſtrenge und kaltbluͤtig unterſuchen, und
ſie mit eigenen Augen von dem Betruge oder Un¬
grunde uͤberzeugen kann, obgleich es wahrlich
unbillig iſt, daß man Dem, welcher eine uͤber¬
natuͤrliche Erſcheinung behauptet, den Beweis
erlaͤſſt, und ihn Demjenigen auflegt, der die
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/287>, abgerufen am 24.11.2024.
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