ten Menschen, Kraft-Genies und excen¬ trischen Leute. Sie leben und weben in einer Ahtmosphäre von Phantasien, wie ein Fisch im nassen Elemente, und sind geschworne Feinde der kalten Ueberlegung. Mode-Lectur, Romane, Schauspiele, geheime Verbindungen, Mangel an gründlichen wissenschaftlichen Kenntnissen und Müssiggang stimmen einen großen Theil unsrer heutigen Jugend auf diesen Ton; man trifft aber auch Schwärmer mit grauen Köpfen an. Sie streben ohne Unterlaß nach dem Ausseror¬ dentlichen und Uebernatürlichen; verachten das nahe liegende Gute, um nach fernen Erscheinun¬ gen zu greifen; versäumen das Nöthige und Nützliche, um Plane für das Entbehrliche zu machen; legen die Hände in den Schooß, wo es Pflicht wäre zu würken, um sich in Händel zu mischen, die sie nichts angehn; reformieren die Welt, und vernachlässigen ihre häuslichen Geschäfte; finden das Wichtigste zu klein, und das Abgeschmackteste erhaben; verstehen das Deutlichste nicht, und predigen das Unbegreif¬ liche. Vergehens stellst Du ihnen die Gründe der gesunden Vernunft vor; Sie werden Dich als einen gemeinen Menschen, ohne Gefühl,
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ten Menſchen, Kraft-Genies und excen¬ triſchen Leute. Sie leben und weben in einer Ahtmosphaͤre von Phantaſien, wie ein Fiſch im naſſen Elemente, und ſind geſchworne Feinde der kalten Ueberlegung. Mode-Lectur, Romane, Schauſpiele, geheime Verbindungen, Mangel an gruͤndlichen wiſſenſchaftlichen Kenntniſſen und Muͤſſiggang ſtimmen einen großen Theil unſrer heutigen Jugend auf dieſen Ton; man trifft aber auch Schwaͤrmer mit grauen Koͤpfen an. Sie ſtreben ohne Unterlaß nach dem Auſſeror¬ dentlichen und Uebernatuͤrlichen; verachten das nahe liegende Gute, um nach fernen Erſcheinun¬ gen zu greifen; verſaͤumen das Noͤthige und Nuͤtzliche, um Plane fuͤr das Entbehrliche zu machen; legen die Haͤnde in den Schooß, wo es Pflicht waͤre zu wuͤrken, um ſich in Haͤndel zu miſchen, die ſie nichts angehn; reformieren die Welt, und vernachlaͤſſigen ihre haͤuslichen Geſchaͤfte; finden das Wichtigſte zu klein, und das Abgeſchmackteſte erhaben; verſtehen das Deutlichſte nicht, und predigen das Unbegreif¬ liche. Vergehens ſtellſt Du ihnen die Gruͤnde der geſunden Vernunft vor; Sie werden Dich als einen gemeinen Menſchen, ohne Gefuͤhl,
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ten Menſchen, Kraft-Genies und excen¬
triſchen Leute. Sie leben und weben in einer
Ahtmosphaͤre von Phantaſien, wie ein Fiſch im
naſſen Elemente, und ſind geſchworne Feinde
der kalten Ueberlegung. Mode-Lectur, Romane,
Schauſpiele, geheime Verbindungen, Mangel
an gruͤndlichen wiſſenſchaftlichen Kenntniſſen und
Muͤſſiggang ſtimmen einen großen Theil unſrer
heutigen Jugend auf dieſen Ton; man trifft
aber auch Schwaͤrmer mit grauen Koͤpfen an.
Sie ſtreben ohne Unterlaß nach dem Auſſeror¬
dentlichen und Uebernatuͤrlichen; verachten das
nahe liegende Gute, um nach fernen Erſcheinun¬
gen zu greifen; verſaͤumen das Noͤthige und
Nuͤtzliche, um Plane fuͤr das Entbehrliche zu
machen; legen die Haͤnde in den Schooß, wo
es Pflicht waͤre zu wuͤrken, um ſich in Haͤndel
zu miſchen, die ſie nichts angehn; reformieren
die Welt, und vernachlaͤſſigen ihre haͤuslichen
Geſchaͤfte; finden das Wichtigſte zu klein, und
das Abgeſchmackteſte erhaben; verſtehen das
Deutlichſte nicht, und predigen das Unbegreif¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/282>, abgerufen am 24.11.2024.
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