wöhnt, deren Regeln nicht Jeder so wie sie im Kopfe hat, und da kann es denn leicht kommen, daß man einen Stuhl in ihrem Zimmer anders hinstellt, als sie es gernsehen; (Wenn dies übri¬ gens aus wahrem Ordnungsgeiste herrührt; so habe ich daran nichts auszusetzen) Oder sie hän¬ gen gewissen Vorurtheilen an, denen man sich un¬ terwerfen muß, wenn man in ihren Augen Werth haben will, zum Beyspiel in Kleidertrachten, in der Art laut oder leise zu reden, groß oder klein zu schreiben und dergleichen. Man sollte wohl sagen, daß ein vernünftiger Mann über solche Kleinigkeiten hinausgehn müsste; unterdessen trifft man doch Männer an, die über andre Ge¬ genstände sehr verständig und billig denken, nur in solchen Puncten nicht; und was wichtiger als das ist, an dieser Männer Gunst kann uns vielleicht sehr viel gelegen seyn. Wenn dies Letztere nun der Fall ist; so rathe ich, in Din¬ gen von so geringem Belange, und die mit eini¬ ger Aufmerksamkeit so leicht zu befolgen sind. sich ihnen gefällig zu bezeigen. Andre aber, mit denen wir weiter in keinem Verhältnisse stehen, lasse man, in so fern sie übrigens brave Männer sind, bey ihrer Weise, und vergesse
nicht,
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woͤhnt, deren Regeln nicht Jeder ſo wie ſie im Kopfe hat, und da kann es denn leicht kommen, daß man einen Stuhl in ihrem Zimmer anders hinſtellt, als ſie es gernſehen; (Wenn dies uͤbri¬ gens aus wahrem Ordnungsgeiſte herruͤhrt; ſo habe ich daran nichts auszuſetzen) Oder ſie haͤn¬ gen gewiſſen Vorurtheilen an, denen man ſich un¬ terwerfen muß, wenn man in ihren Augen Werth haben will, zum Beyſpiel in Kleidertrachten, in der Art laut oder leiſe zu reden, groß oder klein zu ſchreiben und dergleichen. Man ſollte wohl ſagen, daß ein vernuͤnftiger Mann uͤber ſolche Kleinigkeiten hinausgehn muͤſſte; unterdeſſen trifft man doch Maͤnner an, die uͤber andre Ge¬ genſtaͤnde ſehr verſtaͤndig und billig denken, nur in ſolchen Puncten nicht; und was wichtiger als das iſt, an dieſer Maͤnner Gunſt kann uns vielleicht ſehr viel gelegen ſeyn. Wenn dies Letztere nun der Fall iſt; ſo rathe ich, in Din¬ gen von ſo geringem Belange, und die mit eini¬ ger Aufmerkſamkeit ſo leicht zu befolgen ſind. ſich ihnen gefaͤllig zu bezeigen. Andre aber, mit denen wir weiter in keinem Verhaͤltniſſe ſtehen, laſſe man, in ſo fern ſie uͤbrigens brave Maͤnner ſind, bey ihrer Weiſe, und vergeſſe
nicht,
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woͤhnt, deren Regeln nicht Jeder ſo wie ſie im
Kopfe hat, und da kann es denn leicht kommen,
daß man einen Stuhl in ihrem Zimmer anders
hinſtellt, als ſie es gernſehen; (Wenn dies uͤbri¬
gens aus wahrem Ordnungsgeiſte herruͤhrt; ſo
habe ich daran nichts auszuſetzen) Oder ſie haͤn¬
gen gewiſſen Vorurtheilen an, denen man ſich un¬
terwerfen muß, wenn man in ihren Augen Werth
haben will, zum Beyſpiel in Kleidertrachten, in
der Art laut oder leiſe zu reden, groß oder klein
zu ſchreiben und dergleichen. Man ſollte wohl
ſagen, daß ein vernuͤnftiger Mann uͤber ſolche
Kleinigkeiten hinausgehn muͤſſte; unterdeſſen
trifft man doch Maͤnner an, die uͤber andre Ge¬
genſtaͤnde ſehr verſtaͤndig und billig denken, nur
in ſolchen Puncten nicht; und was wichtiger
als das iſt, an dieſer Maͤnner Gunſt kann uns
vielleicht ſehr viel gelegen ſeyn. Wenn dies
Letztere nun der Fall iſt; ſo rathe ich, in Din¬
gen von ſo geringem Belange, und die mit eini¬
ger Aufmerkſamkeit ſo leicht zu befolgen ſind.
ſich ihnen gefaͤllig zu bezeigen. Andre aber,
mit denen wir weiter in keinem Verhaͤltniſſe
ſtehen, laſſe man, in ſo fern ſie uͤbrigens brave
Maͤnner ſind, bey ihrer Weiſe, und vergeſſe
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/269>, abgerufen am 24.11.2024.
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