der ihm immer in die Flanke fällt, gegen den Niedrigsten seiner Unterthanen, der ein reines Herz, einen hellen Kopf, Unerschrockenheit und gesunde Arme zu Bundesgenossen hat?
20.
Zu übertrieben bescheidene und furcht¬ same gute Menschen soll man zu ermuntern, sie mit größerer Zuversicht zu sich selber zu er¬ füllen suchen. So verachtenswerth Unbeschei¬ denheit und Dünkel sind, so unmännlich ist zu weit getriebene Schüchternheit. Der Edle soll seinen Werth fühlen, und eben so wenig unge¬ recht gegen sich, als gegen Andre seyn. Ueber¬ triebenes Lob und zu weit ausgedehnter Vorzug aber beleidigen den Bescheidenen. Er müsse we¬ niger aus Deinen Worten, als aus Deinen un¬ gekünstelten, wahre Zuneigung verrathenden Handlungen Deine Hochachtung zu ihm erkennen!
21.
Unvorsichtigen und plauderhaften Leuten darf man natürlicher Weise keine Ge¬ heimnisse anvertrauen. Besser wäre es, man hätte überhaupt keine Geheimnisse in der Welt,
könn¬
der ihm immer in die Flanke faͤllt, gegen den Niedrigſten ſeiner Unterthanen, der ein reines Herz, einen hellen Kopf, Unerſchrockenheit und geſunde Arme zu Bundesgenoſſen hat?
20.
Zu uͤbertrieben beſcheidene und furcht¬ ſame gute Menſchen ſoll man zu ermuntern, ſie mit groͤßerer Zuverſicht zu ſich ſelber zu er¬ fuͤllen ſuchen. So verachtenswerth Unbeſchei¬ denheit und Duͤnkel ſind, ſo unmaͤnnlich iſt zu weit getriebene Schuͤchternheit. Der Edle ſoll ſeinen Werth fuͤhlen, und eben ſo wenig unge¬ recht gegen ſich, als gegen Andre ſeyn. Ueber¬ triebenes Lob und zu weit ausgedehnter Vorzug aber beleidigen den Beſcheidenen. Er muͤſſe we¬ niger aus Deinen Worten, als aus Deinen un¬ gekuͤnſtelten, wahre Zuneigung verrathenden Handlungen Deine Hochachtung zu ihm erkennen!
21.
Unvorſichtigen und plauderhaften Leuten darf man natuͤrlicher Weiſe keine Ge¬ heimniſſe anvertrauen. Beſſer waͤre es, man haͤtte uͤberhaupt keine Geheimniſſe in der Welt,
koͤnn¬
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der ihm immer in die Flanke faͤllt, gegen den
Niedrigſten ſeiner Unterthanen, der ein reines
Herz, einen hellen Kopf, Unerſchrockenheit und
geſunde Arme zu Bundesgenoſſen hat?
20.
Zu uͤbertrieben beſcheidene und furcht¬
ſame gute Menſchen ſoll man zu ermuntern,
ſie mit groͤßerer Zuverſicht zu ſich ſelber zu er¬
fuͤllen ſuchen. So verachtenswerth Unbeſchei¬
denheit und Duͤnkel ſind, ſo unmaͤnnlich iſt zu
weit getriebene Schuͤchternheit. Der Edle ſoll
ſeinen Werth fuͤhlen, und eben ſo wenig unge¬
recht gegen ſich, als gegen Andre ſeyn. Ueber¬
triebenes Lob und zu weit ausgedehnter Vorzug
aber beleidigen den Beſcheidenen. Er muͤſſe we¬
niger aus Deinen Worten, als aus Deinen un¬
gekuͤnſtelten, wahre Zuneigung verrathenden
Handlungen Deine Hochachtung zu ihm erkennen!
21.
Unvorſichtigen und plauderhaften
Leuten darf man natuͤrlicher Weiſe keine Ge¬
heimniſſe anvertrauen. Beſſer waͤre es, man
haͤtte uͤberhaupt keine Geheimniſſe in der Welt,
koͤnn¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/264>, abgerufen am 24.11.2024.
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