wegen zu begegnen; nie Ränke, um Ränke zu zerstöhren! Mache nie gemeinschaftliche Sache mit Bösewichten, gegen Bösewichte! Handle großmüthig! Unedle Behandlung und zu weit getriebenes Mistrauen können Den, welcher auf halbem Wege ist, ein Schelm zu werden, vollends dazu machen, und Großmuth hingegen kann einen nicht ganz verstockten Unhold viel¬ leicht auf einige Zeit wenigstens bessern, und die Stimme des Gewissens in ihm erwecken. Aber er müsse fühlen, daß Du nur aus Huld, nicht aus Furcht also handelst! Er müsse fühlen, daß, wenn es auf das Aeusserste kömmt, wenn der Grimm eines unerschrocknen redlichen Mannes losbricht, der kühne, rechtschaffene Weise im nie¬ drigsten Stande mächtiger ist, als der Schurke im Purpur; daß ein großes Herz, daß Tugend, Klugheit und Muth, stärker machen, als er¬ kaufte Heere, an deren Spitze ein Schuft steht! Was kann Der fürchten, der nichts mehr zu verliehren hat, als das, was kein Sterblicher ihm rauben kann? und was vermag, in dem Augenblicke der äussersten, verzweifelten Noth¬ wehre, ein feiger Sultan, ein ungerechter De¬ spote, der in sich selbst einen Feind herumträgt,
der
(Zweiter Th.) Q
wegen zu begegnen; nie Raͤnke, um Raͤnke zu zerſtoͤhren! Mache nie gemeinſchaftliche Sache mit Boͤſewichten, gegen Boͤſewichte! Handle großmuͤthig! Unedle Behandlung und zu weit getriebenes Mistrauen koͤnnen Den, welcher auf halbem Wege iſt, ein Schelm zu werden, vollends dazu machen, und Großmuth hingegen kann einen nicht ganz verſtockten Unhold viel¬ leicht auf einige Zeit wenigſtens beſſern, und die Stimme des Gewiſſens in ihm erwecken. Aber er muͤſſe fuͤhlen, daß Du nur aus Huld, nicht aus Furcht alſo handelſt! Er muͤſſe fuͤhlen, daß, wenn es auf das Aeuſſerſte koͤmmt, wenn der Grimm eines unerſchrocknen redlichen Mannes losbricht, der kuͤhne, rechtſchaffene Weiſe im nie¬ drigſten Stande maͤchtiger iſt, als der Schurke im Purpur; daß ein großes Herz, daß Tugend, Klugheit und Muth, ſtaͤrker machen, als er¬ kaufte Heere, an deren Spitze ein Schuft ſteht! Was kann Der fuͤrchten, der nichts mehr zu verliehren hat, als das, was kein Sterblicher ihm rauben kann? und was vermag, in dem Augenblicke der aͤuſſerſten, verzweifelten Noth¬ wehre, ein feiger Sultan, ein ungerechter De¬ ſpote, der in ſich ſelbſt einen Feind herumtraͤgt,
der
(Zweiter Th.) Q
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wegen zu begegnen; nie Raͤnke, um Raͤnke zu
zerſtoͤhren! Mache nie gemeinſchaftliche Sache
mit Boͤſewichten, gegen Boͤſewichte! Handle
großmuͤthig! Unedle Behandlung und zu weit
getriebenes Mistrauen koͤnnen Den, welcher
auf halbem Wege iſt, ein Schelm zu werden,
vollends dazu machen, und Großmuth hingegen
kann einen nicht ganz verſtockten Unhold viel¬
leicht auf einige Zeit wenigſtens beſſern, und die
Stimme des Gewiſſens in ihm erwecken. Aber
er muͤſſe fuͤhlen, daß Du nur aus Huld, nicht
aus Furcht alſo handelſt! Er muͤſſe fuͤhlen, daß,
wenn es auf das Aeuſſerſte koͤmmt, wenn der
Grimm eines unerſchrocknen redlichen Mannes
losbricht, der kuͤhne, rechtſchaffene Weiſe im nie¬
drigſten Stande maͤchtiger iſt, als der Schurke
im Purpur; daß ein großes Herz, daß Tugend,
Klugheit und Muth, ſtaͤrker machen, als er¬
kaufte Heere, an deren Spitze ein Schuft ſteht!
Was kann Der fuͤrchten, der nichts mehr zu
verliehren hat, als das, was kein Sterblicher
ihm rauben kann? und was vermag, in dem
Augenblicke der aͤuſſerſten, verzweifelten Noth¬
wehre, ein feiger Sultan, ein ungerechter De¬
ſpote, der in ſich ſelbſt einen Feind herumtraͤgt,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/263>, abgerufen am 24.11.2024.
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