auf Erfolg, noch auf Dankbarkeit rechnen dürfe. Diesen Grundsatz soll man, wie ich dafür halte, nie aus den Augen verliehren, wenn man nicht karg mit seinen Dienstleistungen, feindselig ge¬ gen seine Mitmenschen werden, noch gegen Vor¬ sehung und Schicksal murren will. Bey dem Allen aber müsste man jeder menschlichen Em¬ pfindung entsagt haben, wenn es uns nicht krän¬ ken sollte, daß Menschen, denen wir treulich, eifrig und uneigennützig gedient, die wir aus der Noth gerettet, denen wir uns ganz ge¬ widmet, uns ihnen vielleicht aufgeopfert haben, daß Diese uns vernachlässigen, sobald sie Unsrer nicht mehr bedürfen, oder gar verrathen, ver¬ folgen, mishandeln, wenn sie dadurch zeitliche Vortheile oder die Gunst unsrer mächtigen Feinde gewinnen können. Doch wird der weise Men¬ schenkenner und warme Freund des Guten sich dadurch nicht abschrecken lassen, großmüthig zu handeln. Mit Bezug auf das, was hierüber schon im eilften Capittel des ersten Theils und im fünften Abschnitte des zweyten Capittels in diesem andern Theile gesagt worden, erinnere ich nur nochmals, daß jede gute Handlung sich selbst belohnt, ja! daß der Edle eine neue Quelle
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auf Erfolg, noch auf Dankbarkeit rechnen duͤrfe. Dieſen Grundſatz ſoll man, wie ich dafuͤr halte, nie aus den Augen verliehren, wenn man nicht karg mit ſeinen Dienſtleiſtungen, feindſelig ge¬ gen ſeine Mitmenſchen werden, noch gegen Vor¬ ſehung und Schickſal murren will. Bey dem Allen aber muͤſſte man jeder menſchlichen Em¬ pfindung entſagt haben, wenn es uns nicht kraͤn¬ ken ſollte, daß Menſchen, denen wir treulich, eifrig und uneigennuͤtzig gedient, die wir aus der Noth gerettet, denen wir uns ganz ge¬ widmet, uns ihnen vielleicht aufgeopfert haben, daß Dieſe uns vernachlaͤſſigen, ſobald ſie Unſrer nicht mehr beduͤrfen, oder gar verrathen, ver¬ folgen, mishandeln, wenn ſie dadurch zeitliche Vortheile oder die Gunſt unſrer maͤchtigen Feinde gewinnen koͤnnen. Doch wird der weiſe Men¬ ſchenkenner und warme Freund des Guten ſich dadurch nicht abſchrecken laſſen, großmuͤthig zu handeln. Mit Bezug auf das, was hieruͤber ſchon im eilften Capittel des erſten Theils und im fuͤnften Abſchnitte des zweyten Capittels in dieſem andern Theile geſagt worden, erinnere ich nur nochmals, daß jede gute Handlung ſich ſelbſt belohnt, ja! daß der Edle eine neue Quelle
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auf Erfolg, noch auf Dankbarkeit rechnen duͤrfe.
Dieſen Grundſatz ſoll man, wie ich dafuͤr halte,
nie aus den Augen verliehren, wenn man nicht
karg mit ſeinen Dienſtleiſtungen, feindſelig ge¬
gen ſeine Mitmenſchen werden, noch gegen Vor¬
ſehung und Schickſal murren will. Bey dem
Allen aber muͤſſte man jeder menſchlichen Em¬
pfindung entſagt haben, wenn es uns nicht kraͤn¬
ken ſollte, daß Menſchen, denen wir treulich,
eifrig und uneigennuͤtzig gedient, die wir aus
der Noth gerettet, denen wir uns ganz ge¬
widmet, uns ihnen vielleicht aufgeopfert haben,
daß Dieſe uns vernachlaͤſſigen, ſobald ſie Unſrer
nicht mehr beduͤrfen, oder gar verrathen, ver¬
folgen, mishandeln, wenn ſie dadurch zeitliche
Vortheile oder die Gunſt unſrer maͤchtigen Feinde
gewinnen koͤnnen. Doch wird der weiſe Men¬
ſchenkenner und warme Freund des Guten ſich
dadurch nicht abſchrecken laſſen, großmuͤthig zu
handeln. Mit Bezug auf das, was hieruͤber
ſchon im eilften Capittel des erſten Theils und
im fuͤnften Abſchnitte des zweyten Capittels in
dieſem andern Theile geſagt worden, erinnere
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/248>, abgerufen am 21.11.2024.
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