Eigensinn gegen Eigensinn aufzuspannen, und schlechterdings nicht nachzugeben. Doch geht alle Würkung dieses Mittels verlohren, wenn man es zu oft und bey unbedeutenden Gelegen¬ heiten, oder gar da anwendet, wo man Unrecht hat. Wer immer zankt, der hat die Vermu¬ thung gegen sich, immer Unrecht zu haben; Es ist also weise gehandelt, den Andern in diesen Fall zu setzen.
8.
Eine besondre Gemüthsart, die mehren¬ theils aus Eigensinn entspringt, doch auch wohl zuweilen blos Bizarrerie, oder ungesellige Laune zur Quelle hat, ist die Zanksucht. Es giebt Menschen, die alles besser wissen wollen, allem wiedersprechen, was man vorbringt, oft gegen eigene Ueberzeugung wiedersprechen, um nur das Vergnügen zu haben, disputiren zu können; Andre setzen eine Ehre darinn, Paradoxen zu sprechen, Dinge zu behaupten, die kein Ver¬ nünftiger irgend ernstlich also meinen kann, blos damit man mit ihnen streiten solle; Endlich noch Andre, die man Querelleurs, Stänker nennt, suchen vorsetzlich Gelegenheit zu persönlichem
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Eigenſinn gegen Eigenſinn aufzuſpannen, und ſchlechterdings nicht nachzugeben. Doch geht alle Wuͤrkung dieſes Mittels verlohren, wenn man es zu oft und bey unbedeutenden Gelegen¬ heiten, oder gar da anwendet, wo man Unrecht hat. Wer immer zankt, der hat die Vermu¬ thung gegen ſich, immer Unrecht zu haben; Es iſt alſo weiſe gehandelt, den Andern in dieſen Fall zu ſetzen.
8.
Eine beſondre Gemuͤthsart, die mehren¬ theils aus Eigenſinn entſpringt, doch auch wohl zuweilen blos Bizarrerie, oder ungeſellige Laune zur Quelle hat, iſt die Zankſucht. Es giebt Menſchen, die alles beſſer wiſſen wollen, allem wiederſprechen, was man vorbringt, oft gegen eigene Ueberzeugung wiederſprechen, um nur das Vergnuͤgen zu haben, disputiren zu koͤnnen; Andre ſetzen eine Ehre darinn, Paradoxen zu ſprechen, Dinge zu behaupten, die kein Ver¬ nuͤnftiger irgend ernſtlich alſo meinen kann, blos damit man mit ihnen ſtreiten ſolle; Endlich noch Andre, die man Querelleurs, Staͤnker nennt, ſuchen vorſetzlich Gelegenheit zu perſoͤnlichem
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Eigenſinn gegen Eigenſinn aufzuſpannen, und
ſchlechterdings nicht nachzugeben. Doch geht
alle Wuͤrkung dieſes Mittels verlohren, wenn
man es zu oft und bey unbedeutenden Gelegen¬
heiten, oder gar da anwendet, wo man Unrecht
hat. Wer immer zankt, der hat die Vermu¬
thung gegen ſich, immer Unrecht zu haben; Es
iſt alſo weiſe gehandelt, den Andern in dieſen
Fall zu ſetzen.
8.
Eine beſondre Gemuͤthsart, die mehren¬
theils aus Eigenſinn entſpringt, doch auch wohl
zuweilen blos Bizarrerie, oder ungeſellige Laune
zur Quelle hat, iſt die Zankſucht. Es giebt
Menſchen, die alles beſſer wiſſen wollen, allem
wiederſprechen, was man vorbringt, oft gegen
eigene Ueberzeugung wiederſprechen, um nur
das Vergnuͤgen zu haben, disputiren zu koͤnnen;
Andre ſetzen eine Ehre darinn, Paradoxen
zu ſprechen, Dinge zu behaupten, die kein Ver¬
nuͤnftiger irgend ernſtlich alſo meinen kann, blos
damit man mit ihnen ſtreiten ſolle; Endlich noch
Andre, die man Querelleurs, Staͤnker nennt,
ſuchen vorſetzlich Gelegenheit zu perſoͤnlichem
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/235>, abgerufen am 21.11.2024.
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