schiedene Quellen haben. Hat man daher nach¬ gespürt, ob der Mann, mit welchem wir leben müssen, und der leicht durch ein kleines unschul¬ diges Wörtgen, oder durch eine zweydeutige Miene, oder durch einen Mangel an Aufmerk¬ samkeit, gekränkt und vor den Kopf gestoßen wird, ob dieser Mann, sage ich, aus Eitelkeit, wie es mehrentheils der Fall ist, oder aus Ehr¬ geiz, oder weil er oft von bösen Menschen hintergangen und geneckt worden, oder endlich deswegen so leicht zu beleidigen ist, weil sein Herz zu zärtlich fühlt, weil er von Andern eben so viel verlangt als er ihnen selbst giebt, so muß man sein Betragen darnach einrichten, und je¬ den Anstoß von der Art zu vermeiden suchen; Doch pflegt das schwer zu seyn. Ist er übri¬ gens der redlich und verständig: so wird seine Verstimmung nicht lange dauern; Er wird durch eine grade, freundliche Erklärung bald zu besänftigen seyn; Er wird nach und nach seinen besten Freunden trauen lernen, und vielleicht zu¬ letzt, wenn man immer edel und offen mit ihm verfährt, von seiner Schwachheit zurück¬ kommen.
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ſchiedene Quellen haben. Hat man daher nach¬ geſpuͤrt, ob der Mann, mit welchem wir leben muͤſſen, und der leicht durch ein kleines unſchul¬ diges Woͤrtgen, oder durch eine zweydeutige Miene, oder durch einen Mangel an Aufmerk¬ ſamkeit, gekraͤnkt und vor den Kopf geſtoßen wird, ob dieſer Mann, ſage ich, aus Eitelkeit, wie es mehrentheils der Fall iſt, oder aus Ehr¬ geiz, oder weil er oft von boͤſen Menſchen hintergangen und geneckt worden, oder endlich deswegen ſo leicht zu beleidigen iſt, weil ſein Herz zu zaͤrtlich fuͤhlt, weil er von Andern eben ſo viel verlangt als er ihnen ſelbſt giebt, ſo muß man ſein Betragen darnach einrichten, und je¬ den Anſtoß von der Art zu vermeiden ſuchen; Doch pflegt das ſchwer zu ſeyn. Iſt er uͤbri¬ gens der redlich und verſtaͤndig: ſo wird ſeine Verſtimmung nicht lange dauern; Er wird durch eine grade, freundliche Erklaͤrung bald zu beſaͤnftigen ſeyn; Er wird nach und nach ſeinen beſten Freunden trauen lernen, und vielleicht zu¬ letzt, wenn man immer edel und offen mit ihm verfaͤhrt, von ſeiner Schwachheit zuruͤck¬ kommen.
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ſchiedene Quellen haben. Hat man daher nach¬
geſpuͤrt, ob der Mann, mit welchem wir leben
muͤſſen, und der leicht durch ein kleines unſchul¬
diges Woͤrtgen, oder durch eine zweydeutige
Miene, oder durch einen Mangel an Aufmerk¬
ſamkeit, gekraͤnkt und vor den Kopf geſtoßen
wird, ob dieſer Mann, ſage ich, aus Eitelkeit,
wie es mehrentheils der Fall iſt, oder aus Ehr¬
geiz, oder weil er oft von boͤſen Menſchen
hintergangen und geneckt worden, oder endlich
deswegen ſo leicht zu beleidigen iſt, weil ſein
Herz zu zaͤrtlich fuͤhlt, weil er von Andern eben
ſo viel verlangt als er ihnen ſelbſt giebt, ſo muß
man ſein Betragen darnach einrichten, und je¬
den Anſtoß von der Art zu vermeiden ſuchen;
Doch pflegt das ſchwer zu ſeyn. Iſt er uͤbri¬
gens der redlich und verſtaͤndig: ſo wird ſeine
Verſtimmung nicht lange dauern; Er wird
durch eine grade, freundliche Erklaͤrung bald zu
beſaͤnftigen ſeyn; Er wird nach und nach ſeinen
beſten Freunden trauen lernen, und vielleicht zu¬
letzt, wenn man immer edel und offen mit
ihm verfaͤhrt, von ſeiner Schwachheit zuruͤck¬
kommen.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/232>, abgerufen am 21.11.2024.
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