das Uebel vermehren und die Besserung hindern, da soll man alle Kräfte aufspannen, seine ganze Lebhaftigkeit in Bewegung setzen, um Heiter¬ keit, Muth, Trost und Hofnung in das Ge¬ müth des Kranken zurückzurufen.
4.
Noch schonender als mit diesen Leidenden soll man mit Leuten umgehn, auf welchen die schwere Hand des Schicksals liegt; mit Un¬ glücklichen, Armen, Bedrängten, Verstoßenen und Zurückgesetzten, mit Verirrten und Gefalle¬ nen. Reden wir von jeder dieser Classen ein Paar Worte besonders!
Nim Dich des Armen an, wenn Dir Gott die Mittel in die Hände gegeben hat, seine Noth zu erleichtern! Weise nicht den Dürftigen von Deiner Thür zurück, so lange Du noch, ohne Ungerechtigkeit gegen die Deinigen, eine kleine Gabe zu geben hast! Sey es wenig oder viel; so gieb es mit gutem Herzen, und -- wie ich bey Gelegenheit gesagt habe, als von der Art Wohlthaten zu erzeigen die Rede war, -- gieb es mit guter Manier! Calculiere nicht so genau,
ob
das Uebel vermehren und die Beſſerung hindern, da ſoll man alle Kraͤfte aufſpannen, ſeine ganze Lebhaftigkeit in Bewegung ſetzen, um Heiter¬ keit, Muth, Troſt und Hofnung in das Ge¬ muͤth des Kranken zuruͤckzurufen.
4.
Noch ſchonender als mit dieſen Leidenden ſoll man mit Leuten umgehn, auf welchen die ſchwere Hand des Schickſals liegt; mit Un¬ gluͤcklichen, Armen, Bedraͤngten, Verſtoßenen und Zuruͤckgeſetzten, mit Verirrten und Gefalle¬ nen. Reden wir von jeder dieſer Claſſen ein Paar Worte beſonders!
Nim Dich des Armen an, wenn Dir Gott die Mittel in die Haͤnde gegeben hat, ſeine Noth zu erleichtern! Weiſe nicht den Duͤrftigen von Deiner Thuͤr zuruͤck, ſo lange Du noch, ohne Ungerechtigkeit gegen die Deinigen, eine kleine Gabe zu geben haſt! Sey es wenig oder viel; ſo gieb es mit gutem Herzen, und — wie ich bey Gelegenheit geſagt habe, als von der Art Wohlthaten zu erzeigen die Rede war, — gieb es mit guter Manier! Calculiere nicht ſo genau,
ob
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0210"n="188"/>
das Uebel vermehren und die Beſſerung hindern,<lb/>
da ſoll man alle Kraͤfte aufſpannen, ſeine ganze<lb/>
Lebhaftigkeit in Bewegung ſetzen, um Heiter¬<lb/>
keit, Muth, Troſt und Hofnung in das Ge¬<lb/>
muͤth des Kranken zuruͤckzurufen.</p><lb/></div><divn="3"><head>4.<lb/></head><p>Noch ſchonender als mit dieſen Leidenden<lb/>ſoll man mit Leuten umgehn, auf welchen die<lb/>ſchwere Hand des Schickſals liegt; mit Un¬<lb/>
gluͤcklichen, Armen, Bedraͤngten, Verſtoßenen<lb/>
und Zuruͤckgeſetzten, mit Verirrten und Gefalle¬<lb/>
nen. Reden wir von jeder dieſer Claſſen ein<lb/>
Paar Worte beſonders!</p><lb/><p>Nim Dich des Armen an, wenn Dir Gott<lb/>
die Mittel in die Haͤnde gegeben hat, ſeine Noth<lb/>
zu erleichtern! Weiſe nicht den Duͤrftigen von<lb/>
Deiner Thuͤr zuruͤck, ſo lange Du noch, ohne<lb/>
Ungerechtigkeit gegen die Deinigen, eine kleine<lb/>
Gabe zu geben haſt! Sey es wenig oder viel;<lb/>ſo gieb es mit gutem Herzen, und — wie ich<lb/>
bey Gelegenheit geſagt habe, als von der Art<lb/>
Wohlthaten zu erzeigen die Rede war, — gieb<lb/>
es mit guter Manier! Calculiere nicht ſo genau,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ob<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[188/0210]
das Uebel vermehren und die Beſſerung hindern,
da ſoll man alle Kraͤfte aufſpannen, ſeine ganze
Lebhaftigkeit in Bewegung ſetzen, um Heiter¬
keit, Muth, Troſt und Hofnung in das Ge¬
muͤth des Kranken zuruͤckzurufen.
4.
Noch ſchonender als mit dieſen Leidenden
ſoll man mit Leuten umgehn, auf welchen die
ſchwere Hand des Schickſals liegt; mit Un¬
gluͤcklichen, Armen, Bedraͤngten, Verſtoßenen
und Zuruͤckgeſetzten, mit Verirrten und Gefalle¬
nen. Reden wir von jeder dieſer Claſſen ein
Paar Worte beſonders!
Nim Dich des Armen an, wenn Dir Gott
die Mittel in die Haͤnde gegeben hat, ſeine Noth
zu erleichtern! Weiſe nicht den Duͤrftigen von
Deiner Thuͤr zuruͤck, ſo lange Du noch, ohne
Ungerechtigkeit gegen die Deinigen, eine kleine
Gabe zu geben haſt! Sey es wenig oder viel;
ſo gieb es mit gutem Herzen, und — wie ich
bey Gelegenheit geſagt habe, als von der Art
Wohlthaten zu erzeigen die Rede war, — gieb
es mit guter Manier! Calculiere nicht ſo genau,
ob
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/210>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.