-- Doch diese Materie ist wohl kaum ei¬ ner so langen Abhandlung werth -- Wenden wir uns zu andern Gegenständen!
4.
Unter den Abentheurern unsrer Zeit spie¬ len die Geisterseher, Goldmacher und andre mystische Betrüger keine unbeträchtliche Rolle. Diese Art von Schwärmerey, nemlich der Glaube an übernatürliche Würkungen und Erscheinun¬ gen, ist sehr ansteckend. Bey dem Gefühle, wie manche Lücke in unsern philosophischen Sy¬ stemen und Theorien übrigbleibt, so lange unser Geist in den Grenzen irdischer Ausdehnung eingeschränkt ist, und bey der Begierde, dennoch über die Grenzen dieser Eingeschränktheit hin¬ aus Blicke zu thun, scheint es dem Menschen ganz natürlich, die unerklärbaren Sachen a po¬ steriori zu erläutern, wenn es mit den Bewei¬ sen a priori nicht recht gehn will; das heisst: aus den gesammleten Thatsachen Resultate zu ziehn, die ihm angenehm sind, Resultate, die theoretisch, durch Schlüsse, nicht vollständig her¬ aus kommen. Da geschieht es dann, daß, um eine Menge solcher Thatsachen zu gewinnen,
man
— Doch dieſe Materie iſt wohl kaum ei¬ ner ſo langen Abhandlung werth — Wenden wir uns zu andern Gegenſtaͤnden!
4.
Unter den Abentheurern unſrer Zeit ſpie¬ len die Geiſterſeher, Goldmacher und andre myſtiſche Betruͤger keine unbetraͤchtliche Rolle. Dieſe Art von Schwaͤrmerey, nemlich der Glaube an uͤbernatuͤrliche Wuͤrkungen und Erſcheinun¬ gen, iſt ſehr anſteckend. Bey dem Gefuͤhle, wie manche Luͤcke in unſern philoſophiſchen Sy¬ ſtemen und Theorien uͤbrigbleibt, ſo lange unſer Geiſt in den Grenzen irdiſcher Ausdehnung eingeſchraͤnkt iſt, und bey der Begierde, dennoch uͤber die Grenzen dieſer Eingeſchraͤnktheit hin¬ aus Blicke zu thun, ſcheint es dem Menſchen ganz natuͤrlich, die unerklaͤrbaren Sachen a po¬ ſteriori zu erlaͤutern, wenn es mit den Bewei¬ ſen a priori nicht recht gehn will; das heiſſt: aus den geſammleten Thatſachen Reſultate zu ziehn, die ihm angenehm ſind, Reſultate, die theoretiſch, durch Schluͤſſe, nicht vollſtaͤndig her¬ aus kommen. Da geſchieht es dann, daß, um eine Menge ſolcher Thatſachen zu gewinnen,
man
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— Doch dieſe Materie iſt wohl kaum ei¬
ner ſo langen Abhandlung werth — Wenden
wir uns zu andern Gegenſtaͤnden!
4.
Unter den Abentheurern unſrer Zeit ſpie¬
len die Geiſterſeher, Goldmacher und andre
myſtiſche Betruͤger keine unbetraͤchtliche Rolle.
Dieſe Art von Schwaͤrmerey, nemlich der Glaube
an uͤbernatuͤrliche Wuͤrkungen und Erſcheinun¬
gen, iſt ſehr anſteckend. Bey dem Gefuͤhle,
wie manche Luͤcke in unſern philoſophiſchen Sy¬
ſtemen und Theorien uͤbrigbleibt, ſo lange unſer
Geiſt in den Grenzen irdiſcher Ausdehnung
eingeſchraͤnkt iſt, und bey der Begierde, dennoch
uͤber die Grenzen dieſer Eingeſchraͤnktheit hin¬
aus Blicke zu thun, ſcheint es dem Menſchen
ganz natuͤrlich, die unerklaͤrbaren Sachen a po¬
ſteriori zu erlaͤutern, wenn es mit den Bewei¬
ſen a priori nicht recht gehn will; das heiſſt:
aus den geſammleten Thatſachen Reſultate zu
ziehn, die ihm angenehm ſind, Reſultate, die
theoretiſch, durch Schluͤſſe, nicht vollſtaͤndig her¬
aus kommen. Da geſchieht es dann, daß, um
eine Menge ſolcher Thatſachen zu gewinnen,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/181>, abgerufen am 22.12.2024.
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