digt unsre ersten und natürlichsten Bedürfnisse; Ohne ihn würden wir für unsre Nahrung und Kleidung und für alle Gemächlichkeiten des Le¬ bens mit eigenen hohen Händen sorgen müssen; Und erhebt sich nun gar der Handwerker oder Künstler (wie es sehr oft der Fall ist) über das Mechanische, durch Erfindungskraft und Ver¬ feinerung seiner Kunst; so verdient er doppelte Achtung. Dazu kömmt, daß man würklich un¬ ter diesen Leuten, die bey ihren Geschäften Zeit genug haben, an andre gute Dinge zu denken, zuweilen die hellsten Köpfe und Männer an¬ trifft, die freyer von Vorurtheilen sind, als Viele, die durch Studieren und Systemgeist ihre gesunde Vernunft verschroben haben.
Man ehre also einen rechtschaffenen und fleissigen Handwerksmann, und betrage sich höf¬ lich gegen ihn! Man gehe nicht ohne Noth, so lange man von seiner Arbeit, von seinem Fleisse und von seinen Preisen zufrieden ist, von ihm ab, um sich an einen andern zu wenden! Man mache nicht den Handwerksneid unter diesen Leuten rege! Man ziehe, bey gleichen Umstän¬ den, den Handwerksmann, der unser Nachbar
ist,
digt unſre erſten und natuͤrlichſten Beduͤrfniſſe; Ohne ihn wuͤrden wir fuͤr unſre Nahrung und Kleidung und fuͤr alle Gemaͤchlichkeiten des Le¬ bens mit eigenen hohen Haͤnden ſorgen muͤſſen; Und erhebt ſich nun gar der Handwerker oder Kuͤnſtler (wie es ſehr oft der Fall iſt) uͤber das Mechaniſche, durch Erfindungskraft und Ver¬ feinerung ſeiner Kunſt; ſo verdient er doppelte Achtung. Dazu koͤmmt, daß man wuͤrklich un¬ ter dieſen Leuten, die bey ihren Geſchaͤften Zeit genug haben, an andre gute Dinge zu denken, zuweilen die hellſten Koͤpfe und Maͤnner an¬ trifft, die freyer von Vorurtheilen ſind, als Viele, die durch Studieren und Syſtemgeiſt ihre geſunde Vernunft verſchroben haben.
Man ehre alſo einen rechtſchaffenen und fleiſſigen Handwerksmann, und betrage ſich hoͤf¬ lich gegen ihn! Man gehe nicht ohne Noth, ſo lange man von ſeiner Arbeit, von ſeinem Fleiſſe und von ſeinen Preiſen zufrieden iſt, von ihm ab, um ſich an einen andern zu wenden! Man mache nicht den Handwerksneid unter dieſen Leuten rege! Man ziehe, bey gleichen Umſtaͤn¬ den, den Handwerksmann, der unſer Nachbar
iſt,
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digt unſre erſten und natuͤrlichſten Beduͤrfniſſe;
Ohne ihn wuͤrden wir fuͤr unſre Nahrung und
Kleidung und fuͤr alle Gemaͤchlichkeiten des Le¬
bens mit eigenen hohen Haͤnden ſorgen muͤſſen;
Und erhebt ſich nun gar der Handwerker oder
Kuͤnſtler (wie es ſehr oft der Fall iſt) uͤber das
Mechaniſche, durch Erfindungskraft und Ver¬
feinerung ſeiner Kunſt; ſo verdient er doppelte
Achtung. Dazu koͤmmt, daß man wuͤrklich un¬
ter dieſen Leuten, die bey ihren Geſchaͤften Zeit
genug haben, an andre gute Dinge zu denken,
zuweilen die hellſten Koͤpfe und Maͤnner an¬
trifft, die freyer von Vorurtheilen ſind, als
Viele, die durch Studieren und Syſtemgeiſt
ihre geſunde Vernunft verſchroben haben.
Man ehre alſo einen rechtſchaffenen und
fleiſſigen Handwerksmann, und betrage ſich hoͤf¬
lich gegen ihn! Man gehe nicht ohne Noth, ſo
lange man von ſeiner Arbeit, von ſeinem Fleiſſe
und von ſeinen Preiſen zufrieden iſt, von ihm
ab, um ſich an einen andern zu wenden! Man
mache nicht den Handwerksneid unter dieſen
Leuten rege! Man ziehe, bey gleichen Umſtaͤn¬
den, den Handwerksmann, der unſer Nachbar
iſt,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/160>, abgerufen am 27.11.2024.
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