Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortschritten fassen, die gemacht werden, indeß
der Meister froh ist, wenn die Stunde glücklich
vorüber gegangen; Menschen, die, um diese
Stunde zu vertreiben, Stadt-Märchen erzäh¬
len, aus einem Hause in das andre tragen, oder
gar das unedle Handwerk von Kupplern und
Liebesbriefträgern verwalten. Ich kann jeden
sorgsamen Vater, und wem sonst junge Leute
anvertrauet sind, nicht genug vor dieser bösen
Gattung von Unterweisern warnen, und rathe,
so viel möglich bey den Lehrstunden solcher Mei¬
ster, die man nicht recht genau kennt, gegenwär¬
tig zu seyn.

7.

Ein redlicher, arbeitsamer und geschickter
Handwerksmann oder Künstler ist eine der nütz¬
lichsten Personen im Staate, und es macht un¬
sern Sitten wenig Ehre, daß wir diesen Stand
so geringschätzen. Was hat ein müßiger Hof¬
schranze, was hat ein reicher Tagedieb, der um
sein baares Geld sich Titel und Rang erkauft
hat, vor dem fleissigen Bürger voraus, der sei¬
nen Unterhalt auf erlaubte Weise durch seiner
Hände Arbeit erwirbt? Dieser Stand befrie¬

digt
J 5

Fortſchritten faſſen, die gemacht werden, indeß
der Meiſter froh iſt, wenn die Stunde gluͤcklich
voruͤber gegangen; Menſchen, die, um dieſe
Stunde zu vertreiben, Stadt-Maͤrchen erzaͤh¬
len, aus einem Hauſe in das andre tragen, oder
gar das unedle Handwerk von Kupplern und
Liebesbrieftraͤgern verwalten. Ich kann jeden
ſorgſamen Vater, und wem ſonſt junge Leute
anvertrauet ſind, nicht genug vor dieſer boͤſen
Gattung von Unterweiſern warnen, und rathe,
ſo viel moͤglich bey den Lehrſtunden ſolcher Mei¬
ſter, die man nicht recht genau kennt, gegenwaͤr¬
tig zu ſeyn.

7.

Ein redlicher, arbeitſamer und geſchickter
Handwerksmann oder Kuͤnſtler iſt eine der nuͤtz¬
lichſten Perſonen im Staate, und es macht un¬
ſern Sitten wenig Ehre, daß wir dieſen Stand
ſo geringſchaͤtzen. Was hat ein muͤßiger Hof¬
ſchranze, was hat ein reicher Tagedieb, der um
ſein baares Geld ſich Titel und Rang erkauft
hat, vor dem fleiſſigen Buͤrger voraus, der ſei¬
nen Unterhalt auf erlaubte Weiſe durch ſeiner
Haͤnde Arbeit erwirbt? Dieſer Stand befrie¬

digt
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0159" n="137"/>
Fort&#x017F;chritten fa&#x017F;&#x017F;en, die gemacht werden, indeß<lb/>
der Mei&#x017F;ter froh i&#x017F;t, wenn die Stunde glu&#x0364;cklich<lb/>
voru&#x0364;ber gegangen; Men&#x017F;chen, die, um die&#x017F;e<lb/>
Stunde zu vertreiben, Stadt-Ma&#x0364;rchen erza&#x0364;<lb/>
len, aus einem Hau&#x017F;e in das andre tragen, oder<lb/>
gar das unedle Handwerk von Kupplern und<lb/>
Liebesbrieftra&#x0364;gern verwalten. Ich kann jeden<lb/>
&#x017F;org&#x017F;amen Vater, und wem &#x017F;on&#x017F;t junge Leute<lb/>
anvertrauet &#x017F;ind, nicht genug vor die&#x017F;er bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
Gattung von Unterwei&#x017F;ern warnen, und rathe,<lb/>
&#x017F;o viel mo&#x0364;glich bey den Lehr&#x017F;tunden &#x017F;olcher Mei¬<lb/>
&#x017F;ter, die man nicht recht genau kennt, gegenwa&#x0364;<lb/>
tig zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>7.<lb/></head>
            <p>Ein redlicher, arbeit&#x017F;amer und ge&#x017F;chickter<lb/>
Handwerksmann oder Ku&#x0364;n&#x017F;tler i&#x017F;t eine der nu&#x0364;tz¬<lb/>
lich&#x017F;ten Per&#x017F;onen im Staate, und es macht un¬<lb/>
&#x017F;ern Sitten wenig Ehre, daß wir die&#x017F;en Stand<lb/>
&#x017F;o gering&#x017F;cha&#x0364;tzen. Was hat ein mu&#x0364;ßiger Hof¬<lb/>
&#x017F;chranze, was hat ein reicher Tagedieb, der um<lb/>
&#x017F;ein baares Geld &#x017F;ich Titel und Rang erkauft<lb/>
hat, vor dem flei&#x017F;&#x017F;igen Bu&#x0364;rger voraus, der &#x017F;ei¬<lb/>
nen Unterhalt auf erlaubte Wei&#x017F;e durch &#x017F;einer<lb/>
Ha&#x0364;nde Arbeit erwirbt? Die&#x017F;er Stand befrie¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">digt<lb/></fw> <fw place="bottom" type="sig">J 5<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0159] Fortſchritten faſſen, die gemacht werden, indeß der Meiſter froh iſt, wenn die Stunde gluͤcklich voruͤber gegangen; Menſchen, die, um dieſe Stunde zu vertreiben, Stadt-Maͤrchen erzaͤh¬ len, aus einem Hauſe in das andre tragen, oder gar das unedle Handwerk von Kupplern und Liebesbrieftraͤgern verwalten. Ich kann jeden ſorgſamen Vater, und wem ſonſt junge Leute anvertrauet ſind, nicht genug vor dieſer boͤſen Gattung von Unterweiſern warnen, und rathe, ſo viel moͤglich bey den Lehrſtunden ſolcher Mei¬ ſter, die man nicht recht genau kennt, gegenwaͤr¬ tig zu ſeyn. 7. Ein redlicher, arbeitſamer und geſchickter Handwerksmann oder Kuͤnſtler iſt eine der nuͤtz¬ lichſten Perſonen im Staate, und es macht un¬ ſern Sitten wenig Ehre, daß wir dieſen Stand ſo geringſchaͤtzen. Was hat ein muͤßiger Hof¬ ſchranze, was hat ein reicher Tagedieb, der um ſein baares Geld ſich Titel und Rang erkauft hat, vor dem fleiſſigen Buͤrger voraus, der ſei¬ nen Unterhalt auf erlaubte Weiſe durch ſeiner Haͤnde Arbeit erwirbt? Dieſer Stand befrie¬ digt J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/159
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/159>, abgerufen am 21.11.2024.