Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Wahl der Schüler, die nemlichen Anfangsgründe
einer Kunst oder Sprache unzählichemal wiederho¬
len zu müssen. Findet man nun unter diesen Mei¬
stern dennoch einen Mann, dem, trotz dieser ab¬
schreckenden Schwierigkeiten, die Fortschritte,
welche seine Schüler machen, mehr als der Ge¬
winst am Herzen liegen, dem es ernstlich darum
zu thun ist, seine Kunst leicht, gründlich, leb¬
haft und deutlich vorzutragen; so ehre man
Diesen, wie jeden Andern, der etwas zu unsrer
Bildung beyträgt! Man folge ihm! Man lasse
es nicht dabey bewenden, die Lehrstunde auszu¬
halten, sondern bereite sich darauf vor und wie¬
derhole das Gelernte, damit er seine schwere
Arbeit nicht mit Seufzen verrichte! Oft aber
trifft man unter diesen Herrn sehr schlechte Sub¬
jecte an; Menschen ohne Erziehung und Sit¬
ten, die von dem, was sie Andern beybringen
wollen, selbst keine klare Begriffe, am wenig¬
sten aber die Gabe haben, in Andern derglei¬
chen zu erwecken; Menschen, die, besonders
wenn sie es mit Kindern zu thun haben, ihre
Schüler etwas auswendig lernen lassen, womit
sie gelegentlich die unwissenden Eltern täuschen
können, welche dann große Begriffe von den

Fort¬

Wahl der Schuͤler, die nemlichen Anfangsgruͤnde
einer Kunſt oder Sprache unzaͤhlichemal wiederho¬
len zu muͤſſen. Findet man nun unter dieſen Mei¬
ſtern dennoch einen Mann, dem, trotz dieſer ab¬
ſchreckenden Schwierigkeiten, die Fortſchritte,
welche ſeine Schuͤler machen, mehr als der Ge¬
winſt am Herzen liegen, dem es ernſtlich darum
zu thun iſt, ſeine Kunſt leicht, gruͤndlich, leb¬
haft und deutlich vorzutragen; ſo ehre man
Dieſen, wie jeden Andern, der etwas zu unſrer
Bildung beytraͤgt! Man folge ihm! Man laſſe
es nicht dabey bewenden, die Lehrſtunde auszu¬
halten, ſondern bereite ſich darauf vor und wie¬
derhole das Gelernte, damit er ſeine ſchwere
Arbeit nicht mit Seufzen verrichte! Oft aber
trifft man unter dieſen Herrn ſehr ſchlechte Sub¬
jecte an; Menſchen ohne Erziehung und Sit¬
ten, die von dem, was ſie Andern beybringen
wollen, ſelbſt keine klare Begriffe, am wenig¬
ſten aber die Gabe haben, in Andern derglei¬
chen zu erwecken; Menſchen, die, beſonders
wenn ſie es mit Kindern zu thun haben, ihre
Schuͤler etwas auswendig lernen laſſen, womit
ſie gelegentlich die unwiſſenden Eltern taͤuſchen
koͤnnen, welche dann große Begriffe von den

Fort¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0158" n="136"/>
Wahl der Schu&#x0364;ler, die nemlichen Anfangsgru&#x0364;nde<lb/>
einer Kun&#x017F;t oder Sprache unza&#x0364;hlichemal wiederho¬<lb/>
len zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Findet man nun unter die&#x017F;en Mei¬<lb/>
&#x017F;tern dennoch einen Mann, dem, trotz die&#x017F;er ab¬<lb/>
&#x017F;chreckenden Schwierigkeiten, die Fort&#x017F;chritte,<lb/>
welche &#x017F;eine Schu&#x0364;ler machen, mehr als der Ge¬<lb/>
win&#x017F;t am Herzen liegen, dem es ern&#x017F;tlich darum<lb/>
zu thun i&#x017F;t, &#x017F;eine Kun&#x017F;t leicht, gru&#x0364;ndlich, leb¬<lb/>
haft und deutlich vorzutragen; &#x017F;o ehre man<lb/>
Die&#x017F;en, wie jeden Andern, der etwas zu un&#x017F;rer<lb/>
Bildung beytra&#x0364;gt! Man folge ihm! Man la&#x017F;&#x017F;e<lb/>
es nicht dabey bewenden, die Lehr&#x017F;tunde auszu¬<lb/>
halten, &#x017F;ondern bereite &#x017F;ich darauf vor und wie¬<lb/>
derhole das Gelernte, damit er &#x017F;eine &#x017F;chwere<lb/>
Arbeit nicht mit Seufzen verrichte! Oft aber<lb/>
trifft man unter die&#x017F;en Herrn &#x017F;ehr &#x017F;chlechte Sub¬<lb/>
jecte an; Men&#x017F;chen ohne Erziehung und Sit¬<lb/>
ten, die von dem, was &#x017F;ie Andern beybringen<lb/>
wollen, &#x017F;elb&#x017F;t keine klare Begriffe, am wenig¬<lb/>
&#x017F;ten aber die Gabe haben, in Andern derglei¬<lb/>
chen zu erwecken; Men&#x017F;chen, die, be&#x017F;onders<lb/>
wenn &#x017F;ie es mit Kindern zu thun haben, ihre<lb/>
Schu&#x0364;ler etwas auswendig lernen la&#x017F;&#x017F;en, womit<lb/>
&#x017F;ie gelegentlich die unwi&#x017F;&#x017F;enden Eltern ta&#x0364;u&#x017F;chen<lb/>
ko&#x0364;nnen, welche dann große Begriffe von den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Fort¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0158] Wahl der Schuͤler, die nemlichen Anfangsgruͤnde einer Kunſt oder Sprache unzaͤhlichemal wiederho¬ len zu muͤſſen. Findet man nun unter dieſen Mei¬ ſtern dennoch einen Mann, dem, trotz dieſer ab¬ ſchreckenden Schwierigkeiten, die Fortſchritte, welche ſeine Schuͤler machen, mehr als der Ge¬ winſt am Herzen liegen, dem es ernſtlich darum zu thun iſt, ſeine Kunſt leicht, gruͤndlich, leb¬ haft und deutlich vorzutragen; ſo ehre man Dieſen, wie jeden Andern, der etwas zu unſrer Bildung beytraͤgt! Man folge ihm! Man laſſe es nicht dabey bewenden, die Lehrſtunde auszu¬ halten, ſondern bereite ſich darauf vor und wie¬ derhole das Gelernte, damit er ſeine ſchwere Arbeit nicht mit Seufzen verrichte! Oft aber trifft man unter dieſen Herrn ſehr ſchlechte Sub¬ jecte an; Menſchen ohne Erziehung und Sit¬ ten, die von dem, was ſie Andern beybringen wollen, ſelbſt keine klare Begriffe, am wenig¬ ſten aber die Gabe haben, in Andern derglei¬ chen zu erwecken; Menſchen, die, beſonders wenn ſie es mit Kindern zu thun haben, ihre Schuͤler etwas auswendig lernen laſſen, womit ſie gelegentlich die unwiſſenden Eltern taͤuſchen koͤnnen, welche dann große Begriffe von den Fort¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/158
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/158>, abgerufen am 27.11.2024.